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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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sie sich dann so lange ihrer Krankheit überlassen, bis der Besuch wieder abgereist war. Es mußte ein Ausschlag sein, bei dem die Körpertemperatur nicht anstieg. Hohes Fieber war nämlich kein besonders guter Einfall, denn da bestand die Gefahr, sich in Fieberträumen zu verraten.
    Am nächsten Tag aber eröffnete sich ihr ein viel einfacherer Weg.
    Frau Berta drängte dazu, sofort nach Prüm aufzubrechen, um auch die Abtei und die Villa auf den Besuch vorzubereiten. »Mein Sohn möchte bestimmt in der Kapelle beten und das Kloster in Augenschein nehmen, bei dessen Gründung er anwesend war«, meinte sie zu Bertrada. »Darum sollte auch alles in bester Ordnung sein. Er wird staunen, wenn er die Versammlungshalle sieht«, setzte sie noch stolz hinzu.
    Das war die Lösung! Bertrada würde einfach in Prüm bleiben, während sich ihre Eltern in Mürlenbach aufhielten. Wenn Frau Berta der Vorwand nicht reichte, daß sie dort alles in Ordnung halten wollte, bis die Gäste eintrafen, konnte sie immer noch einen Schwächeanfall vortäuschen, der ihr den langen Ritt nach Mürlenbach unmöglich machte. Und wenn ihre Eltern und Pippin in Prüm auftauchten, würde sie heimlich nach Mürlenbach zurückreiten. Vor Frau Berta würde sie ihre Abwesenheit später damit entschuldigen, daß sie eine ihr übermittelte Nachricht offensichtlich falsch verstanden habe. Ja, so würde es gehen. Bertrada, die seit der Ankündigung des Besuchs unter großer Spannung gestanden hatte, konnte endlich wieder freier atmen. Zumal sich auch Karlmann verabschiedete, der nicht auf seinen Bruder warten wollte, weil er die Beschlüsse der Synode in seinem Reichsteil zu verkünden und durchzusetzen hatte.
    Die beiden Frauen verbrachten die erste Hälfte des Ritts zum größten Teil schweigend, jede ihren eigenen Gedanken nachhängend. Plötzlich bat Bertrada die Herrin, absteigen zu dürfen. Verwundert sah Frau Berta sie an.
    »Ich möchte ein Gebet sprechen«, sagte Bertrada flüsternd und deutete auf eine kleine Lichtung. Frau Berta verstand und stieg ebenfalls vom Pferd. In der Lichtung wies nichts mehr darauf hin, daß hier einst ein winziges totes Kind unter Zweigen sein letztes Lager gefunden hatte. Bertrada wußte, daß die Stelle leer sein würde, denn sie hatte die Herrin nach der Rückkehr zur Burg angefleht, ihr doch das Kind wiederzugeben, damit es in der Nähe der Burg beigesetzt werden konnte. Frau Berta brachte es nicht fertig, ihr zu sagen, weshalb sie das Kind nicht auf die Burg mitgenommen hatte, und schickte sofort zwei Männer los. Bertrada wußte nicht, daß die Männer den kleinen Körper nicht mehr vorgefunden hatten. Damit hatte Frau Berta gerechnet und ihnen für diesen Fall den Auftrag gegeben, ein enthäutetes Kaninchen zurückzubringen und es in Tücher zu hüllen. Die Herrin hatte all ihrer Kraft bedurft, um Bertrada davon abzuhalten, das, was sie für ihr Kind hielt, noch einmal anzusehen, bevor es in die Erde hinabgelassen wurde.
    »Ich fühle mich meinem Kind hier näher als an seinem Grab«, sagte Bertrada erstaunt, nachdem sie wieder aufgestiegen waren. Frau Berta seufzte. Es wurde Zeit, daß Flora ihre Trauer ablegte und wieder zu leben begann. Vielleicht gab es irgendwo einen Edelmann, mit dem man sie verbinden konnte. Von denen, die sie selbst kannte, kam keiner in Frage, denn auch Flora hatte all diese Männer im Laufe der vergangenen drei Jahre kennengelernt. Zu keinem hatte sie auch nur ein annähernd so gutes Verhältnis wie zu Karlmann entwickelt. Und nicht einmal den hatte sie heiraten wollen. Frau Berta beschloß, sich mit ihrem Sohn zu beraten. Gut möglich, daß er sie sogar kannte. Denn sie hegte schon seit längerem den Verdacht, daß Flora aus Neustrien stammte.
    Während Bertrada im Gutshaus auf dem Hügel das Gesinde zur Arbeit antrieb, lehnte sich Frau Berta über die Brüstung des Anbaus und blickte zufrieden auf die Klosteranlage hinab. Es war eine kluge Idee gewesen, die Versammlungshalle rechts neben dem Klostergebäude errichten zu lassen, lobte sie sich selbst. Es hatte großer Überredungskünste bedurft, denn der Baumeister, dem sie den Auftrag erteilt hatte, hielt den Platz vor dem Kloster für viel geeigneter. Seine Begründung klang vernünftig: Das hohe Gebäude würde der Klosteranlage einen zusätzlichen Schutz verleihen, vor Wind zum Beispiel, und damit im Notfall eben auch vor der Ausbreitung eines möglichen Feuers. Allerdings auch vor den Augen Frau Bertas, der damit die Sicht auf die

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