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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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nachfolgenden Gemahlinnen den gleichen Namen zu geben. Die Männer in Pippins Gefolge hingegen fanden es durchaus sinnvoll, daß der schwerbeschäftigte Hausmeier, der immer wieder auf neue Menschen traf, beim gewohnten Namen seiner ersten Frau blieb.
    Anfang April des nächsten Jahres wurde Bertradas Sohn in Prüm geboren. Die bei der Entbindung Anwesenden versicherten, noch nie einem so großen Kind auf die Welt verholfen zu haben. Noch erstaunlicher war die Tatsache, daß es sofort die Augen öffnete und seine Umgebung anzulächeln schien. Bertrada war fast außer sich vor Glück. In den ersten Tagen verbrachte sie jeden wachen Augenblick damit, ihr Kind anzusehen, und wartete gleichzeitig gespannt auf Nachricht von Pippin, der wegen wichtiger anderer Familienangelegenheiten anderenorts unabkömmlich war.
    Inzwischen hatte sich nämlich Grifo zu einer ernsten Gefahr entwickelt. Pippin war Karlmanns Wunsch gefolgt. Er hatte den Halbbruder aus der Haft von Chèvremont entlassen und ihm eine Reihe von Grafschaften angeboten. Doch Grifo lehnte jede Versöhnung ab. Er wollte sich nicht mit kleinen Ländereien abspeisen lassen. Nach Jahren der Gefangenschaft, in denen er die Kunst des Regierens und Kriegführens studiert hatte, strebte er nach Macht. Also zog er nun mit einer Anzahl junger fränkischer Adliger nach Thüringen und zettelte dort zusammen mit sächsischen Anhängern unerwartet einen Aufstand gegen Pippin an. Diesen schlug Pippin gewaltsam nieder und führte den alten jährlichen Tribut von fünfhundert Kühen zur Strafe wieder ein. Der jüngste Sohn Karl Martells entkam und floh nach Bayern, wo Hiltrud, Pippins Schwester, also Grifos Halbschwester, um ihren jüngst verstorbenen Mann Herzog Odilo trauerte.
    Grifo schob die Witwe, die sich früher so beherzt für ihn eingesetzt hatte, und deren unmündigen Sohn Tassilo beiseite und ernannte sich selbst zum Herzog. Dabei verkündete er, sich nicht mit diesem Amt begnügen zu wollen, sondern Pippin als Hausmeier auch noch mindestens Austrien streitig zu machen. Schließlich sei auch er ein Sohn Karl Martells. Darin fand er nicht nur bei den Bayern Unterstützung, sondern natürlich auch bei den Alemannen und sogar bei einigen fränkischen Fürsten. Dies stellte für Pippin eine ernste Bedrohung dar, und deshalb mußte er sich abermals auf einen bayerischen Feldzug vorbereiten.
    Zuvor aber hatte er noch Karlmanns Sohn Drogo aus dem Feld zu schlagen, der nun unüberhörbar Anspruch auf das Erbe seines Vaters erhob. Pippin forderte den Zwölfjährigen auf, den Feldzug nach Bayern anzuführen, was der Junge erschrocken ablehnte. »Dann bist du auch noch nicht reif für die Macht«, entschied Pippin, stattete ihn mit einer Grafschaft aus und erklärte, er werde mit ihm über das Erbe seines Vaters erst nach Erreichen der Volljährigkeit sprechen. Damit war dieses Hindernis zunächst einmal aus dem Weg geräumt.
    Pippin selbst sowie Pater Fulrad, der immer noch auf seine Ernennung zum Abt von Saint Denis wartete, setzten Bertrada über alle Entwicklungen ins Bild. So sehr sie ihren Mann auch vermißte, so froh war sie doch auch, ihrem kleinen Sohn das dauernde Umherziehen ersparen zu können. Sie dachte an ihre eigene glückliche Kindheit und beschloß, daß der Knabe so lange wie möglich in einer vertrauten Umgebung aufwachsen solle. Jetzt wartete sie auf Pippins Antwort zu ihrem Vorschlag, seinen Sohn auf den Namen Karlmann zu taufen. An einem regnerisch kalten Juniabend überreichte ihr ein Bote das ersehnte Schreiben.
    »Er soll Karl heißen, wie mein Vater«, hatte Pippin entschieden.
    Karl, was ist das denn für ein Name! dachte Bertrada. Eine einzige lächerliche Silbe, ein Kratzen in der Kehle und eines künftigen Herrschers so gar nicht würdig. Sicher, sein Großvater Karl Martell ist ein bedeutender Mann gewesen, aber die Macht ist ihm nicht in die Wiege gelegt worden. Carolus, der auf dem Wagen geborene, Karl, der Kerl, der Grobschlächtige … Schauderhaft. Hat man je von einem König Karl gehört? Könige heißen Chlodwig, Sigibert, Merowich, Chilperich oder Theuderich. Wenn auch bisher nicht Karlmann, so verleiht die hintere Silbe dem Namen doch immerhin einen sehr kraftvollen Klang. Außerdem sind wir es Pippins Bruder schuldig, sein Andenken in Ehren zu halten. Unser Sohn wird schließlich über seinen Reichsteil herrschen!
    »Karl, Karl«, murmelte sie kopfschüttelnd vor sich hin und sah dabei zu ihrem Sohn hinüber, der in einem Weidenkörbchen

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