Die Kolonie
nötigen Papiere
alle unterschreiben.
Auf der Stelle.
»Um ihr Einkommen zu sichern«, sagt Lady Tramp.
Den Geldfluss aus Honoraren und Tantiemen für Patente
und Erfindungen.
Der Schleier aus Kurbehandlungen und Pediküre,
Wohltätigkeitsbällen und
Opernlogen wischt
über Lady Tramps glattes Gesicht.
Sie sagt: »Das gilt auch für meinen Vater. Zu seinem Besten.«
»Er hat sich ... ausgetobt«, sagt sie. »Mit einer jüngeren
Frau. Hat ein Toupet getragen.«
Hat das Einkommen aus seinen Produkten nicht mit uns geteilt.
Seine
Arbeit vernachlässigt.
Und da ist er nun - drei Ärzte später:
Bei all den anderen genialen Erfindern. Hinter verschlossenen
Türen.
Ohne Telefon.
Bis ans Ende seines natürlichen Lebens.
Hinter ihrem Schleier aus Privatinseln ... Reittournieren ...
Immobilienauktionen
sagt Lady Tramp: »Der Apfel fällt nicht weit.«
Sie sagt: »Wir alle sind ... irgendwie Genies.«
»Nur«, sagt sie, »manche von uns auf andere Weise.«
Pennerglück
Eine Erzählung von Lady Tramp
Wenn man auf Fernsehen und Zeitungen verzichtet, ist der Morgen das Schwierigste: die erste Tasse Kaffee. In der Stunde nach dem Aufwachen will man doch wieder Anschluss an den Rest der Welt bekommen. Aber ihre neue Regel ist: Kein Radio. Kein Fernsehen. Keine Zeitung. Radikalentzug.
Zeig ihr ein Heft von Vogue , und Mrs. Keyes schnürt es immer noch die Kehle zu.
Die Zeitung kommt, und sie wirft sie einfach in den Müll. Nimmt nicht einmal das Gummiband ab. Man kann nie wissen, wie die Schlagzeile lautet:
»Killer tötet wieder Bettler«
Oder: »Obdachlose Frau ermordet aufgefunden«
Meist liest Mrs. Keyes beim Frühstück Kataloge. Hat man am Telefon bloß mal einen einzigen Wunderschuhspanner bestellt, bekommt man für den Rest seines Lebens Woche für Woche stapelweise Kataloge zugeschickt. Artikel fürs Haus. Für den Garten. Artikel, die einem helfen, Zeit und Platz zu sparen. Werkzeuge. Neue Erfindungen.
Auf die Anrichte in der Küche, wo früher der Fernseher stand, hat sie ein Aquarium gestellt, darin lebt eine Echse, die passend zum Dekor die Farbe verändert. Man schaltet die Heizlampe an, und das Aquarium erzählt einem nichts von einem Penner, den man mit einer Kugel im Kopf aus dem Fluss gefischt hat, das fünfzehnte Opfer einer Serie von Morden an Obdachlosen, die in den letzten Wochen erstochen, erschossen oder mit Feuerzeugbenzin verbrannt aufgefunden wurden, nichts von der Panik dieser Leute, die sich trotz der neuerlich ausgebrochenen Tuberkulose nachts in den Unterkünften drängen. Güterzüge, die aus der Stadt fahren, sind gerammelt voll. Engagierte Bürger behaupten, die Stadt habe die Bettler zum Abschuss freigegeben. Das alles erfährt man schon, wenn man nur an einem Zeitungskiosk vorbeigeht. Oder wenn man in ein Taxi steigt, und das Radio ist voll aufgedreht.
Man besorgt sich ein Aquarium, stellt es dorthin, wo früher der Fernseher stand, und setzt eine Echse rein - irgend ein dummes Vieh, das glaubt, es sei sonst wohin verschlagen worden, bloß weil die Putzfrau ein Steinchen in seinem Glaskasten verschoben hat.
Man nennt das Cocooning, wenn einem die Wohnung die Welt ersetzt.
Mr. und Mrs. Keyes - Packer und Evelyn - waren nicht immer so. Früher brauchte bloß ein Delfin in einem Thunfischnetz zu verenden, und schon rannten sie los und spendeten was. Veranstalteten Partys. Festessen für Leute, die von Landminen zerfetzt wurden. Tanzabende für Leute mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma. Fibromyalgie. Bulimie. Cocktailpartys und stille Auktionen für Leute mit Reizdarmsyndrom.
Jeder Abend stand unter einem Motto:
»Frieden für alle Völker«
Oder: »Hoffnung für unsere ungeborene Zukunft«
Stell dir vor, du gehst bis an dein Lebensende jeden Abend auf deinen Schulabschlussball. Jeden Abend ein anderes Bühnenbild aus südamerikanischen Schnittblumen und Abertausenden Lichterketten. Eisskulpturen und Sektpyramiden und Bands in weißen Smokings, die was von Cole Porter spielen. Das alles arrangiert für die Auftritte von arabischen Scheichs und Internet-Wunderkindern. Für diese viel zu vielen Leute, die am Risikokapitalmarkt plötzlich reich geworden sind. Diese Leute, die sich nirgendwo länger aufhalten, als es dauert, ihren Privatjet zu warten. Diese phantasielosen Leute, die bloß Schöner Wohnen aufschlagen und sagen:
Will ich haben.
Bei den Wohltätigkeitsveranstaltungen gegen Kindesmissbrauch liefen die Leute auf zwei gesunden Beinen herum und aßen
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