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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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in ihrer Hose herum. Sie tätschelt die Bank heben sich und sagt: »Was für eine nette Überraschung.«
    Der Penner zieht seine Finger raus, sie glänzen feucht im Licht der Laterne. Er sagt: »Packer! Lange nicht gesehen.«
    Und natürlich hat Packer immer Recht.
    Armut, sagt Inky, ist der neue Reichtum. Anonymität ist der neue Ruhm.
    »Gesellschaftliche Absteiger«, sagt Inky, »sind die neuen Aufsteiger.«
    Der Jetset, das sind die eigentlichen Obdachlosen, sagt Inky. Wir können ein Dutzend Häuser haben - in jeder Stadt eins -, aber wir leben immer noch aus dem Koffer.
    Das klingt vernünftig, wenn auch nur, weil Packer und Evelyn nie in der allerersten Liga spielen. Sie haben in dieser Saison Reitturniere, Vernissagen und Auktionen besucht und dabei festgestellt, die Reichen von der alten Garde sind alle entweder auf Entzug oder beim Schönheitschirurgen.
    Inky sagt: »Ob man es mit einem Einkaufswagen macht oder mit einer Gulfstream G550, das Motiv, das dahinter steckt, ist dasselbe. Man will auf Achse sein. Man will ungebunden sein.«
    Im Übrigen, sagt sie, braucht man nichts weiter als Bargeld, und man sitzt im Lenkungsausschuss bei der Oper. Du machst eine dicke Spende, und du kriegst einen Sitz im Stiftungsrat eines Museums.
    Du schreibst einen Scheck aus, und schon bist du berühmt.
    Du wirst in einem erfolgreichen Film erstochen, und schon kennt dich jeder.
    Mit anderen Worten: Du bist gebunden.
    Inky sagt: »Nobodys sind die neue Prominenz.«
    Der Global-Airlines-Penner hat eine Flasche Wein in einer braunen Papiertüte. Der Wein, sagt er, ist zu gleichen Teilen gemischt mit Odol, Hustensirup und Kölnisch Wasser, und nachdem die vier jeder einen Schluck davon genommen haben, schlendern sie durch die Dunkelheit, durch den Park, wo man nachts niemals hingehen würde.
    Am Trinken muss man lieben, dass jeder Schluck eine unwiderrufliche Entscheidung ist. Man ist immer einen Schritt voraus, man hat das Spiel im Griff. Mit Pillen, Beruhigungs- oder Schmerzmitteln, ist es dasselbe: Jeder Schluck ist ein eindeutiger Schritt.
    Inky sagt: »Öffentlichkeit ist das neue Privatleben.« Sie sagt, auch wenn man im allerschicksten Boutique-Hotel absteigt - wo man immer in weißen Bademänteln rumläuft und wo neben dem Bidet im weißen Marmorbad die Orchideen zittern - auch da muss man damit rechnen, dass irgendwo winzige Kameras installiert sind, die einen beobachten. Sie sagt, ungestörten Sex kann man nur noch draußen haben. Auf dem Bürgersteig. In der U-Bahn. Die Leute wollen nur zusehen, wenn sie denken, sie tun etwas Verbotenes.
    Außerdem, sagt sie, ist aus dem ganzen Champagner-und-Kaviar-Lifestyle die Luft raus. Mit dem Lear-Jet von hier nach Rom in sechs Stunden, das macht die Flucht zu einfach. Die Welt kommt einem so klein und ausgelutscht vor. Weltreisen eröffnet einem bloß die Möglichkeit, sich an noch mehr Orten und noch schneller zu langweilen. Ein langweiliges Frühstück in Bali. Ein belangloses Mittagessen in Paris. Ein ödes Abendessen in New York, und bei irgendeinem Blowjob in L.A. bloß noch betrunken einschlafen.
    Zu viele starke Eindrücke in zu dichter Reihenfolge. »Wie das Getty-Museum«, sagt Inky.
    »Nicht immer, aber immer öfter«, sagt der Global-Airlines-Penner.
    In der langweiligen neuen Welt, wo alle in der oberen Mittelschicht sind, genießt man sein Bidet am ehesten, wenn man mal für ein paar Stunden auf der Straße pinkelt, sagt Inky. Wenn man so lange nicht gebadet hat, dass man stinkt, fühlt sich schon eine warme Dusche so gut an wie eine Entziehungskur mit Schlammklistieren in Sonoma.
    »Armut«, sagt Inky, »als Genussmittel.«
    Eine hübsche Prise Elend, die einem hilft, das wahre Leben zu genießen.
    »Macht doch mit«, sagt Inky. Ihr Mund ist mit grünem Hustensirup beschmiert, an dem Strähnen ihrer Plastikperücke kleben. Sie sagt: »Nächsten Freitagabend.«
    Schlecht aussehen, sagt sie, ist das neue Gut-Aussehen.
    Sie sagt, die richtigen Leute machen alle mit. Die alte Garde. Die wahren Spitzenkräfte der Gesellschaft. Um zehn Uhr abends, unter der Brücke auf der Westseite.
    Da können sie nicht, sagt Evelyn. Am Mittwoch müssen Packer und sie am Walzer gegen den Hunger in Mittelamerika teilnehmen. Donnerstag steht das Bankett für bedürftige Aborigines an. Freitag eine stille Auktion für geflohene minderjährige Zwangsprostituierte. Bei diesen Events und den vielen Auszeichnungen, die dabei in Form von Plexiglas-Skulpturen verliehen werden, denkt man mit

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