Die Kolonie
und wir hören Schwester Vigilantes Schrei, immer wieder.
Unser Papagei.
Und im rotgelben Licht des Glaskamins sagt Mr. Whittier: »Es hat also schon angefangen...« »Mr. Whittier?«, sagt Mrs. Clark.
Mr. Whittier, unser Schurke, unser Meister, unser Teufel, den wir lieben und verehren, weil er uns foltert, er seufzt. Er betrachtet die tote Lady Tramp, hebt eine zitternde, bebende, flatternde Hand vor den Mund und gähnt.
Direktorin Dementi betrachtet die Leiche und streichelt die Katze in ihren Armen. Rotgetigertes Katzenhaar rieselt überall hin.
Baronin Frostbeule und Gräfin Weitblick knien über der Toten. Sie weinen nicht, aber ihre Augen sind so weit aufgerissen, dass man rund um die Iris das Weiße sieht, so wie Augen bei einem aussehen, der einen Sechser im Lotto hat.
Sankt Prolaps betrachtet die Leiche und löffelt kalte Spaghetti aus einer silbernen Tüte. Katzenhaare in jedem triefenden roten Happen.
Die nächsten drei Monate wird es heißen: Alle gegen alle.
Mr. Whittier sitzt oben an der Treppe im Rollstuhl und beobachtet das alles. Neben ihm ist Graf Schandmaul mit Block und Bleistift zugange.
Mr. Whittier zeigt mit einem verschwommenen Finger und sagt: »Sie, schreiben Sie mit?«
Ohne von seiner Version der Wahrheit aufzublicken, nickt der Graf. Ja.
»Dann - erzählen Sie uns eine Geschichte«, sagt Mr. Whittier. »Kommen Sie an den Kamin zurück«, sagt er. Er winkt mit seiner zitternden Hand und sagt: »Bitte.«
Und Graf Schandmaul lächelt. Er blättert zur nächsten, unbeschriebenen Seite seines Notizblocks und steckt den Stift ein. Er blickt auf und sagt: »Erinnert sich noch jemand an die alte Fernsehserie Danny von nebenan?« Er senkt seine Stimme zu einem trägen Brummen und sagt: »Einmal...« Er sagt: »Einmal hat mein Hund irgendwelchen Müll gefressen, der in Alufolie gewickelt war...«
Geschäftsgeheimnisse
Ein Gedicht über Graf Schandmaul
»Eine Woche vor der Premiere irgendeines Films«, sagt der Graf,
»stellen diese
Leute sich schon vor dem Kino an ...«
Diese Leute werden dafür bezahlt, dass sie sich da anstellen.
Graf Schandmaul auf der Bühne, in einer Hand ein Blatt Papier,
erhält es hoch, das weiße Papier verdeckt sein Gesicht.
Sonst sieht man von ihm einen blauen Anzug, eine rote Krawatte.
Polierte
braune Schuhe.
Am Handgelenk der erhobenen Hand eine goldene Uhr,
darin eingraviert: »Gratulation«.
Auf der Bühne, statt eines Schweinwerfers, statt eines Gesichts
auf das Papier projiziert die fette Schlagzeile:
Lokalreporter erhält Pulitzerpreis
Hinter der Schlagzeile sagt der Graf: »Diese Leute verbringen ihr Leben
in einer Warteschlange ...«
Einen Sommer lang ein Blockbuster nach dem anderen.
Die Filmstudios karren diese angeblichen Fans mit Bussen von
Stadt zu Stadt.
Von Science-Fiction-Filmen zu Superheld-Phantasien.
Jede Woche eine Stadt, ein neues Motel, ein neuer Film ab 12
oder in Begleitung
von Erziehungsberechtigten,
für den sie angeblich schwärmen.
Diese Kostüme aus Pappe und Alufolie, so offenkundig
selbstgemacht,
werden von Kostümbildnern angefertigt und zur Verfügung
gestellt.
Das alles, um die örtlichen Medien zu blenden, damit sie einen Artikel
Darüber bringen: Gratisreklame.
Um glaubwürdig rüberzubringen, wie sehr die Leute diesen Film
lieben werden.
So viel Zeit und Geld für das, was man »das Publikum impfen«
nennt.
In seiner Hemdtasche blinkt das rote Lämpchen eines Diktiergeräts,
das jedes seiner Worte aufnimmt.
Als der Graf fragt: »Wer ist der größere Narr?«
Der Reporter, der sich weigert, dem Leben einen Sinn zu geben?
Oder der Leser, der ihn sucht?
Und bereit ist, den Sinn zu akzeptieren, den diese Worte eines
Fremden kundtun?
Seine Stimme hinter dem Papier. Graf Schandmaul sagt:
»Ein Journalist hat das Recht...
... und die Pflicht, die goldenen Kälber zu zerstören,
die er errichten hilft.«
Schwanengesang
Eine Erzählung über Graf Schandmaul
Einmal hat mein Hund irgendwelchen Müll gefressen, der in Alufolie gewickelt war. Er muss für tausend Dollar geröntgt werden. Der Hof hinter dem Haus, in dem ich wohne, ist mit Müll und Glasscherben übersät. Autos parken dort, und überall lauern Frostschutzmittelpfützen, an denen sich Hunde und Katzen vergiften.
Auch mit Glatze sieht der Tierarzt aus wie ein guter alter Freund. Wie ein Junge, mit dem ich aufgewachsen bin. Ein Lächeln, das ich als Kind täglich gesehen habe. Das Grübchen in seinem Kinn und jede
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