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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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geduldig. Die Madonna und die Hure. Ihre langen, vom Yoga trainierten Beine spreizen sich vor diesem nackten Runzelzwerg.
    Sie, der Altar und das Opfer.
    Noch nie so schön wie jetzt unter dieser fleckigen, alten, von Adern überzogenen Haut. Noch nie so mächtig wie jetzt, als er sabbernd und bebend auf ihr liegt.
    Und Donnerwetter - für eine Jungfrau lässt er sich ganz schön viel Zeit. Er beginnt mit der Missionarsstellung, dann nimmt er ein Bein von ihr, streckt es in der Luft, spaltet den Bambus. Dann ihre beiden Füße, hält sie an den Knöcheln, die sein keuchendes Gesicht umrahmen.
    Gott sei Dank kann sie Yoga.
    Von Viagra beflügelt, reitet er sie von hinten, auf allen vieren, zieht ihn sogar einmal raus und versucht, in ihren Arsch einzudringen, bis sie sagt, er soll das lassen. Sie ist wund und stoned, und als er ihre Beine packt und ihr die Füße hinter den Kopf biegen will, ist es wieder da, ihr künstliches Engelslächeln.
    Dann kam er endlich. Es spritzte ihr in die Augen. In die Haare. Er bat sie um eine Zigarette, sie hatte aber keine. Er nahm den Bong, der neben dem Bett auf dem Boden stand, zündete noch eine Ladung an und ließ sie kein einziges Mal ziehen.
    Der Engel zog sich an und verstaute den Bong ihrer Kinder unterm Mantel. Sie knotete ein Kopftuch um ihr verklebtes Haar und wollte gehen.
    Sie öffnete die Tür zum Flur, als Mr. Whittier sagte: »Weißt du, einen Blowjob hab ich auch noch nie gehabt...«
    Als sie aus dem Zimmer trat, lachte er. Er lachte.
    Dann saß sie am Steuer, und ihr Handy klingelte. Es war Whittier, mit weiteren Wünschen: Fesselspiele, bessere Drogen, Blowjobs. Und als der Engel schließlich sagte: »Ich kann nicht...«
    »Brandon«, erinnerte er sie. »Ich heiße Brandon.« Brandon, sagte sie. Sie könne sich nicht mehr mit ihm treffen, ausgeschlossen.
    Und da sagte er es ihr - er habe gelogen. Mit seinem Alter.
    Und sie fragte ins Telefon: »Du hast gar keine Progerie?«
    Und Brandon Whittier sagte: »Ich bin nicht achtzehn.«
    Er sei nicht achtzehn, und er könne das mit seiner Geburtsurkunde beweisen. Er sei dreizehn. Sie habe Unzucht mit einem Minderjährigen getrieben.
    Aber gegen einen angemessenen Betrag werde er sie nicht bei den Bullen verpfeifen. Zehntausend, und sie könne sich eine sehr hässliche Gerichtsverhandlung ersparen. Schlagzeilen. Alles kaputt, was sie in ihrem Leben an guten Werken getan habe. Und das bloß für einen schnellen Fick mit einem kleinen Jungen. Schlimmer als kaputt - eine Pädophile, eine Sexualverbrecherin, die sich bis an ihr Lebensende regelmäßig bei der Polizei melden müsste. Im Fall einer Scheidung würde sie ihre Kinder verlieren. Auf Sex mit Minderjährigen stünden mindestens fünf Jahre Gefängnis.
    Andererseits werde er in einem Jahr an Altersschwäche sterben. Zehntausend seien kein sehr hoher Preis für ein friedliches, langes Leben.
    Zehntausend, und vielleicht noch ein kleiner Blowjob, in Erinnerung an die guten alten Zeiten...
    Und natürlich zahlte sie. Alle zahlten sie. Die Freiwilligen. Die Engel.
    Keine von ihnen kehrte jemals in das Altenheim zurück, und so begegneten sie einander auch nie. Jede glaubte, sie sei die Einzige. In Wirklichkeit war es ein Dutzend oder mehr.
    Und das Geld? Ich habe es einfach gesammelt. Bis Mr. Whittier zu alt und zu müde und zu gelangweilt war, um bloß herumzuficken.
    »Seht euch die Flecken auf dem Teppich im Foyer an«, sagte er. »Seht ihr, dass die Flecken Arme und Beine haben?«
    Genau wie die freiwilligen Damen waren wir einem Jungen im Körper eines alten Mannes in die Falle gegangen. Einem Dreizehnjährigen, der an Altersschwäche starb. Dass seine Familie ihn im Stich gelassen hatte, war das Einzige, was an seiner Geschichte stimmte. Aber einsam war Brandon Whittier nicht mehr, er würde nicht unbeachtet sterben.
    Und so wie er einen Engel nach dem anderen zur Strecke gebracht hatte, war auch dies hier nicht sein erstes Experiment. Wir waren nicht seine ersten Versuchskaninchen. Und solange nicht einer dieser Flecken aufstehen und ihn heimsuchen würde, würden wir auch nicht seine letzten sein, sagte er.

7
    Der Morgen beginnt mit dem Schrei einer Frau. Die Frau, die da kreischt, ist Schwester Vigilante. Zwischen den einzelnen Schreien hört man eine Faust auf Holz schlagen. Man hört eine Tür zuknallen und im Rahmen scheppern. Dann wieder das Kreischen.
    Schwester Vigilante schreit: »Hey, Whittier!« Schwester Vigilante brüllt: »Du bist zu spät mit deinem

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