Die Kolonie Der Catteni
untätig sein, denke ich.«
»Ich war noch nie am Meer«, entgegnete Zainal ebenso beiläufig.
»Dabei sehen Sie beinahe aus wie ein Leuchtturm«, meinte Kris kichernd, »wie Sie so dastehen.« »Ein Leuchtturm?« Er runzelte die Stirn, unterbrach seine sorgfältige Wache jedoch nicht.
»Hey, ich glaube, auf diesem Planeten gibt es Muscheln!« rief Sarah. Sie kniete sich hin und begann mit dem Beil im Sand zu graben. Die nächste kleine Welle überspülte ihre Beine.
»Ich wußte gar nicht, daß in Australien Muscheln vorkommen«, sagte Kris, während sie zu Sarah schlenderte. »Sogar die größten Muschelbänke, und zwar liegen sie vor Sydney. Und Austern gibt es.« Während eines Urlaubs an der See hatte Kris am Strand von Cape Cod nach Venusmuscheln gesucht, daher erkannte sie sofort die kleinen Löcher im Sand, wo Weichtiere sich einen Atemkanal angelegt hatten. Sie begann ebenfalls zu graben.
»Was tun Sie?« fragte Astrid, als sie zu ihnen kam.
»Wir graben … oh …« Sarah schloß die Finger um einen Fund und zog ihn aus dem nassen Sand. »Was in drei Teufels Namen ist denn das?« Sie spülte den Sand von dem muschelähnlichen Lebewesen ab und zeigte es ihren Gefährtinnen. Es war länglich, mit einer umhüllenden Schale, und dabei rauh wie eine Auster, nicht so glatt wie eine Miesmuschel.
»Nun, es ist sowohl eine Muschel als auch eine Auster«, sagte Kris. »Und da es keine Scheren hat, ist es keine Krabbe. Austern sind etwas Gutes, und Muscheln ebenfalls. Vielleicht enthalten sie sogar die Spurenelemente, die die Deski so dringend brauchen. Alles, was aus dem Meer kommt, ist voller Mineralien und anderen wichtigen Bestandteilen.«
»Ja, ich weiß«, sagte Sarah und verdrehte die Augen. »Ich habe als Kind mehr als genug Lebertran getrunken. Hey, Joe, komm doch mal eben her, ja?«
Joe, der sich trotz seiner Nacktheit völlig unbefangen bewegte, kam zu ihnen herüber und nahm die ›Muschel‹, die Sarah ihm reichte.
»Wir werden wohl ganz empirisch vorgehen müssen, glaube ich«, sagte er ohne echte Begeisterung. »Wenigstens frißt es uns nicht zuerst.«
Er ergriff Sarahs Beil, ließ sich von Kris ihres geben, benutzte es als Unterlage und öffnete die Schale mit dem einen Beil.
»Autsch, da habe ich wohl zu fest zugeschlagen«, sagte er und starrte auf die zerquetschte Masse, die von der Beilklinge herabrann. »Sucht noch eine.«
Nachdem sie drei weitere Weichtiere gefangen und zerlegt hatten, entschied Joe, daß das »Fleisch« höchstwahrscheinlich genießbar war. Er zog sich an und sie machten sich auf die Suche nach Brennmaterial.
Niemand hatte den Mut, die Weichtiere in rohem Zustand zu kosten, obgleich sie alle der Überzeugung waren, daß sie rochen, wie man es von Meeresfrüchten erwarten konnte. Joe war mutig genug, um als Versuchskaninchen zu dienen, als die erste Muschel sich allmählich braun färbte. Die Spitze seiner Messerklinge drang leicht in das Muschelfleisch ein.
»Ein bißchen zäh, aber recht wohlschmeckend. Sehr wohlschmeckend sogar.«
Nachdem er ebenfalls ein Stück gekostet hatte, pflichtete Oskar ihm bei und begann sofort, weitere Muscheln zu suchen. Zainal lächelte milde. Obgleich er ein Stück in den Mund steckte, schluckte er es nicht herunter, sondern schüttelte den Kopf.
»Gibt es so etwas nicht auf Catten?« fragte Kris belustigt. Er schüttelte erneut den Kopf. »Wir verzehren nur Landtiere.«
»Im Fisch ist besseres Eiweiß und viel weniger Fett«, sagte Kris und weidete sich an seiner Reaktion. Zainal begab sich wieder auf seinen Beobachtungsposten.
Nachdem sie außer Sicht des Gebäudes und vor dem nunmehr aufkommenden kalten Wind geschützt in den Dünen ein Lager aufgeschlagen hatten, nahmen sie eine Mahlzeit ein, die aus in eigener Schale gekochten Muscheln und kaltem Felsläuferfleisch bestand. Joe machte den Vorschlag, sie sollten erst einmal abwarten, ob einer von ihnen eine negative Reaktion auf die Weichtiere zeigte, ehe sie sich damit die Mägen vollschlügen. Seltsamerweise hatten sie alle Appetit auf mehr.
»Wahrscheinlich sind in dem Fleisch irgendwelche Elemente enthalten, die in unserer bisherigen Kost fehlen«, meinte Joe. »Manchmal weiß der Körper viel besser als der Kopf, was er braucht. Aber warten wir lieber die Nacht ab. Wenn am Morgen niemand Durchfall hat oder sich übergeben muß oder unter Unwohlsein leidet oder gar stirbt, dürfte es ziemlich ungefährlich sein, die Muscheln zu verzehren.«
»Und zwar ganz frisch«,
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