Die Kolonie Der Catteni
freizugeben. Während sie zurücktrat, schaute sie an ihrer Vorderseite hinab, die mit der gleichen Substanz beschmiert war wie Kris’ Kleidung. »Oh, mein Gott, was ist denn das?«
»Wahrscheinlich Blut«, sagte Kris, denn aus dem Fleisch, das sie nach Hause geschleppt hatte, war noch eine Menge Blut geflossen, und das hatte Insekten angelockt.
»Oh, mein Gott!« Patti Sue wich vor Kris zurück, als hätte sie plötzlich Lepra.
»Ich glaube, ich brauche jetzt ein Bad«, sagte Kris fröhlich, holte sich ihre Portion Brot und verzehrte es auf dem Weg hinunter zum unterirdischen See, um sich dort wieder »landfein« zu machen. Sie war nicht die einzige, die das Bedürfnis nach einer Reinigung hatte. Noch einige andere weiße Leiber plantschten im Wasser. Jemand hatte weitere Halteseile angebracht. Nachdem sie nur kurz angehalten hatte, um ihre Schlupfstiefel, das Verpflegungspaket und die Decke in der Reihe ähnlicher Habseligkeiten abzulegen, die auf die Rückkehr ihrer Eigentümer warteten, ergriff sie einen freien Strick und stürzte sich ins Wasser. Sie wickelte sich das Seil um ein Handgelenk, schlängelte sich aus ihrer Kleidung und spülte sie gründlich aus. Das Wasser war belebend kühl und stellte wenigstens einen Teil ihrer Energie wieder her. Sie stieg aus dem Wasser, trocknete sich mit ihrer Decke ab und wickelte sich dann hinein. Sie wrang ihren Overall aus und verließ danach die Seehöhle. Sie war überzeugt, in dieser Nacht endlich durchschlafen zu können.
Das tat sie auch. Bis Zainal sie weckte. Die lange Botany-Nacht mußte zur Hälfte umsein, denn alle anderen ringsum schliefen fest, vor allem Patti Sue, die sich wahrscheinlich in die Hose gemacht hätte, wenn sie den Catteni so nahe bei sich entdeckt hätte.
Die Fackel im Verbindungsgang spendetete gerade genug Licht, daß sie erkennen konnte, wie Zainal einen Finger auf die Lippen legte. Unwillkürlich aufstöhnend, weil sie von den Strapazen des Vortags noch ganz steif war, hatte Kris Mühe aufzustehen. Zainal reichte ihr hilfsbereit eine Hand, und – zack – schon war sie auf den Füßen. Sie schaute grinsend zu ihm hoch, während sie ihm nach draußen folgte. Er ließ ihre Hand nicht los, und sie hatte nichts dagegen, von seiner starken Pranke geführt zu werden. Sie mußte sich wohl mit dem Gedanken vertraut machen, daß sie sich von dem Catteni angezogen fühlte, und das nicht nur, weil er größer war als sie. Er hatte während der vergangenen Tage soviel Würde und Takt bewiesen, daß sicherlich auch die, welche den Catteni haßten, ihm nichts vorwerfen konnten. Ganz bestimmt hatte Mitford dem zusammengewürfelten Haufen unmißverständlich klargemacht, daß Zainal eine große und wichtige Hilfe in ihrem Überlebenskampf war. Sobald sich jedoch die Euphorie der vergangenen Tage gelegt hätte und zur langweiligen Routine und einer weniger aufregenden Ungewißheit abgesunken wäre, rechnete sie mit Problemen.
»Schwierigkeiten?« fragte sie flüsternd in Lingua barevi, sobald sie den Raum verlassen hatten. »Schlafen Sie denn nie?«
»Nicht in Zeiten der Gefahr«, antwortete er murmelnd und ging voraus.
Es war der dritte Monduntergang, als sie nach draußen kamen. Kris blickte in die Schlucht und sah mehrere Gesichter im Lichtschein des Lagerfeuers. Mitfords gehörte dazu.
»Tut mir leid, daß Sie geweckt wurden, Bjornsen«, sagte er grinsend und bedeutete ihr mit einer Geste, sie solle ihre Tasse bereithalten. Erst in diesem Moment wurde ihr bewußt, daß sie automatisch ihre Ausrüstung – ihre Decke, die Tasse und ihre Proviantriegel – zusammengerafft hatte. »Wenn ich mich auf meine innere Uhr verlassen kann, haben wir jetzt bereits Morgen.«
»Und Sie wollen ein Gewohnheitstier sein?« Sie grinste ihn an und ließ sich die Tasse mit einer warmen Flüssigkeit füllen. Es war eine Art Kräutertee und um einiges angenehmer als einfaches heißes Wasser. »Suchen Sie sich einen Stein«, fügte er hinzu, und sie ließ sich auf dem nieder, der direkt neben ihr lag. »Sie sollen mit Zainal und Slav und dem Deski Coo losziehen und nachschauen, welche weiteren Überraschungen dieser Planet für uns noch in petto hat. Ich glaube, es wäre ziemlich dumm, wenn wir uns in dieser Schlucht sicher fühlen würden. Einer unserer Eierköpfe meinte, es gebe Hinweise, daß dies hier« – und er deutete mit einer ausholenden Geste auf die Steilwände der Schlucht – »im Frühling überflutet wird. Es gibt wohl Hochwassermarken und
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