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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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schlug Bahjat die Augen
nicht auf, und David drückte sich vor der Hütte herum, in
der sie gepflegt wurde.
    Er schlief in der Hütte des Häuptlings auf einem Lager
von Stroh und Fellen, neben der Häuptlingsfrau und einem kleinen
Kind – jenem Mädchen, das durch die Beine ihres Vaters
gelugt hatte, als David zum erstenmal ins Dorf taumelte.
    Im Morgengrauen des dritten Tages weckte der Häuptling David,
indem er ihn sanft an der Schulter rüttelte, und machte ihm
durch Gesten klar, daß er mit ihm und mit zwei weiteren
Männern mitgehen sollte. Sie verließen das Dorf, und jeder
von ihnen trug drei oder vier lange, spindelförmige Holzspeere
und Stahlmesser am Gürtel. Soll das ein Jagdausflug sein? fragte sich David. Oder sollen die Waffen für mich sein?
    Er trug immer noch die Pistole im Gürtel, in der noch
fünf Patronen steckten. Die Indianer hatten an der Waffe
überhaupt kein Interesse gezeigt.
    Sie schritten bergab zu einer Baumgruppe, wo gewaltige
Nadelbäume, größer als sie David je auf Eiland Eins
gesehen hatte, in den dunstigen Himmel ragten. Im Wald war es dunkel,
kalt, düster und unheimlich. Doch die Männer wußten
genau, was sie taten, als sie einfache Fallen aus Fäden und
Ruten aufstellten.
    Nach getaner Morgenarbeit beriet sich der Häuptling kurz mit
seinen Leuten und führte dann David tiefer in den Wald hinein.
David, den Häuptling vor sich und die beiden Männer auf den
Fersen, fühlte sich unbehaglich, während er den schattigen,
stillen Pfad entlangging. Seine Hand suchte immer wieder nach dem
Griff seiner Pistole.
    Der Wald lichtete sich, und David merkte, daß sie sich einer
Böschung näherten. Tief unter ihnen murmelte ein Bach, der
plätschernd talwärts floß. Und am Ufer dieses Baches
lief eine gepflasterte Straße entlang.
    Der Häuptling zeigte auf die Straße, und dann auf
David. Dann sagte er etwas und machte eine weit ausholende
Gebärde.
    David nickte. »Du meinst, dies sei der Weg, der in die
Zivilisation zurückführt. Das ist der Weg, den ich
einschlagen soll, wenn wir euer Dorf verlassen.«
    David zeigte in die gleiche Richtung wie der Häuptling, und
das verwitterte Gesicht des Mannes wurde von einem breiten
Lächeln erhellt.
    Doch anstatt ins Dorf zurückzukehren, führte ihn der
Häuptling weiter den Kamm entlang, in Richtung der
Straße.
    Nach einem fast halbstündigen Marsch erblickte David einen
tiefen Einschnitt in der Waldlandschaft tief unter ihnen. Dort waren
Bulldozer am Werk, Maschinen, die die Landschaft aufwühlten, die
Bäume umknickten und den Boden aufrissen, daß der Boden
sich wie eine tiefe Wunde auf tat. Der Bach floß hier
träge und schlammig dahin.
    Sie standen so hoch über der Baustelle, daß die
riesigen Laster und Traktoren wie Spielzeuge aussahen. David konnte
nicht einmal das Motorengeräusch vernehmen, das sich in der
frischen Brise verlor, die um die Felsen wehte.
    »Die Straße bringt die Zivilisation«, sagte David.
»Und sie kommt zu euch herauf.«
    Aus der Art, wie sie den Kopf schüttelten und wie die drei
Indianer verbissen auf die riesige Baustelle starrten, konnte David
entnehmen, daß sie sich nicht besonders über die
Zivilisation freuten, die ihnen da entgegenkam.
    »Ich kann nichts dagegen tun«, sprach David zu ihnen.
»Ich mache das nicht. Es ist nicht meine Schuld. Ich kann sie
nicht aufhalten.«
    Sie verstanden zwar nicht, was er sagte, aber sie konnten seinem
Tonfall entnehmen, daß er hilflos war. Sie alle waren
hilflos.
    Langsam, Schritt für Schritt, gingen sie zurück,
tauchten wieder in den Wald ein und suchten nach ihren Fallen. Etwa
ein halbes Dutzend Pelztiere hatte sich darin gefangen. Sie
schlachteten die Tiere schnell und sauber mit ihren Messern –
bis auf ein schneeweißes Kaninchen, das sie laufen
ließen.
    Als sie ins Dorf zurückkehrten, war es bereits dunkel, und
die Frauen und Kinder kamen aus ihren Hütten, um die
erfolgreichen Jäger zu begrüßen. David aber begab
sich schnurstracks zu der Hütte der alten Frau, wo Bahjat
lag.
    Die alte Frau ließ ihn ein, und David sah, daß Bahjat
aufrecht dasaß, mit blanken Augen, das Fieber war
offensichtlich verschwunden.
    »Sie sind wohlauf!« sagte David. »Wie fühlen
Sie sich?«
    »Etwas schwach… aber besser als vorher.«
    Das zahnlose Medizinweib zupfte David am Ärmel und murmelte
ihm etwas zu. Sie zeigte auf die Tür und machte David deutlich,
daß er jetzt gehen sollte.
    »Aber ich wollte doch nur einen Augenblick mit ihr
sprechen«, sagte

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