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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Augen an, dann verschwand sie im
Unterholz.
    So ist’s richtig, dachte David. Abhauen, solange es
möglich ist.
    Für ihn gab es keine Möglichkeit, an Bord einer
Raumfähre zu gelangen, die zur Erde flog. Cobb hatte es
verstanden, ihn auszutricksen. Selbst die Pakete und die sonstige
Fracht, die die Shuttles transportierten, wurden peinlich genau
untersucht, zumal die Raketen auf Weltraumbahnhöfen landeten,
die der Weltregierung und nicht dem Konzern gehörten.

    Auch die Mondfähren waren ihm verschlossen. Cobb hatte auch
diese Möglichkeit berücksichtigt. Immerhin, dachte
David, während er weiterstrampelte, wird die Fracht der
Fähren nicht inspiziert. Beide Endstationen der Mondstrecke
gehörten dem Konzern. Es gab nichts zu schmuggeln von der
Kolonie in die unfruchtbaren Wüsten der Mondminen oder umgekehrt
– zumindest nichts, was Dr. Cobb hinter dem Ofen hervorgelockt
hätte.
    Er hatte sich bis zu einem Bergkamm hinaufgearbeitet und fuhr nun
den schmutzigen Weg bergab, aus den Wäldern hinaus auf die
Wiesen, wo Herden von Schafen und Ziegen grasten.
    David schaltete seinen implantierten Kommunikator ein und befragte
den Computer über die Frachträume der Fähren.
Während er bergab fuhr, lockerte er bewußt seine
Beinmuskeln.
    Dann aber knurrte er enttäuscht vor sich hin. Die Fähren
besaßen keine Frachträume. Das Frachtgut wurde jeweils am
Außenrahmen der Fähre befestigt, wo es dann wie Muscheln
an einem Schiffsrumpf festsaß. Die Container waren
verschlossen, und ein blinder Passagier hätte genügend Luft
zum Atmen gehabt für die zwei Tage, die die Fähre brauchte,
um jene Viertelmillion Meilen zwischen Eiland Eins und Mond
zurückzulegen. Freilich war das eine verdammt luftige
Angelegenheit: einige hundert Grad unter Null, kalt genug, um die
Luft – und einen menschlichen Körper –
einzufrieren.
    Während er in die Talmulde hinunterfuhr, trat David immer
fester in die Pedale und verscheuchte eine Gruppe von Schafen, die
sich auf dem Weg zusammengerottet hatten. Ein Hund bellte hinter ihm
her; der Wind drückte sein dünnes Hemd gegen die Brust und
ließ seine Haare fliegen.
    Einige hundert Grad unter Null und keine Luft, wiederholte
er für sich. Zumindest wird Dr. Cobb nicht annehmen,
daß ich es wage, diesen Weg einzuschlagen.
    David brauchte fast eine Woche, um einen Sarkophag zu bauen.
    Er arbeitete nachts im Keller einer Elektronikfirma in der
Siedlung, die seiner Wohnung am nächsten lag. Die Firma
verkaufte omniphone Klangsysteme und neue dreidimensionale
Fernsehgeräte an die Bewohner von Eiland Eins. Es war ziemlich
einfach, die elektronischen Schlösser zu knacken und das
unterirdische Lager in eine Werkstatt zu verwandeln.
    Da er das Kreditsystem des Computers überlisten konnte,
kaufte sich David einen walzenförmigen Frachtbehälter,
einen Druckanzug für Astronauten, mehrere Sauerstoffflaschen und
ein paar Kraftstoffbatterien, die Strom erzeugten.
    Tagsüber ging er sorgfältig seinen Studien und
Übungen nach.
    Pünktlich erschien er bei den vorgeschriebenen
ärztlichen Tests und Untersuchungen, weil er annahm, daß
ihn Dr. Cobb beobachtete – zumindest von Zeit zu Zeit.
    Er schlief kaum. Ich werde genügend Zeit haben,
während meiner Mondreise zu schlafen, dachte er. Entweder
ein paar Tage – oder in Ewigkeit.
    Es war einfach, in das computerisierte Inventarsystem der Kolonie
einzubrechen, das alle Güter der Kolonie handhabte, und all das
›loszueisen‹, was er brauchte. David hatte bereits gelernt,
die Computeranlagen auszutricksen, als er gerade alt genug war, um
Weihnachtsgeschenke zu verschicken. Alle seine Jugendfreunde hatte er
mit extravaganten Geschenken bedacht: ganze Bandbibliotheken, Drachen
und Segler mit hauchdünnen Flügeln, neue Kleider von der
Erde – alles das von einem Zehnjährigen, der keine
Kreditkarte besaß.
    Sein größter Fehler war, Dr. Cobb ein Fernrohr zu
schicken, das jedem Profi Ehre gemacht hätte. Cobb las dem
jungen Weihnachtsmann die Leviten, und Davids Freunde mußten
die Geschenke wieder herausrücken.
    Wo werden die Kumpel sein? fragte sich David, während
er die Beschreibung für die Batterien durchlas, die er soeben in
den unterirdischen Lagerraum geschleppt hatte. Seine Freunde waren
einer nach dem anderen aus seinem Leben verschwunden. Er sah sie zwar
immer wieder, einige von ihnen sogar öfter. Doch nun führte
jeder sein eigenes Leben, und die alten Tage der Kindheit und
Jugendfreundschaft waren dahin. Sie waren aus seinem

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