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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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vorzufinden, aber er war nicht einmal verstimmt. Offenbar hatte er sich überhaupt nicht mit meiner Abwesenheit beschäftigt. Statt Hallo zu sagen, verkündete er: »Sid Koenig hat mir ein Angebot gemacht.«
    »Wann?«, fragte ich erstaunt.
    »Gestern Abend, nach dem Vortrag.«
    »Was hat er dir denn geboten?«
    »150.000 Dollar.«
    Ich ließ mich neben ihm nieder und quittierte die Summe mit einem anerkennenden Nicken.
    »Das klingt in Ordnung, oder?«
    »Es ist nicht viel, wenn man bedenkt, um was es geht.«
    »Was meinst du damit?«
    »150.000 müsste er auch für ein neues Teleskop dieser Größe bezahlen.«
    »Dann musst du ihn einfach hochhandeln.«
    Tom starrte eine Weile auf den Verkehr jenseits der Parkbucht.
    »Ich hab noch mal nachgedacht«, sagte er. »Über diesen Whistler.«
    »Whistler kann uns doch egal sein. Wir verhandeln mit Sid Koenig.«
    »Das hat Koenig auch gesagt. Aber indirekt hat er zugegeben, dass Whistler der Käufer ist. Er hat es nicht abgestritten.«
    »Sag mal, hast du ein Verhör mit ihm gemacht?«
    Tom sah leicht beleidigt aus: »Wieso? Du hast selbst gesagt, dass ich hart verhandeln soll!«
    »Aber doch nicht so! Und außerdem, was willst du von Whistler? Er ist angeblich in Arizona!«
    »Genau, in Flagstaff, Arizona.« Tom sah mich erwartungsvoll an. Da ich keine Reaktion zeigte, rückte er endlich mit der Sprache heraus: »Wir machen eine kleine Reise«, schlug er vor. »Ich will ihn nur kennenlernen. Sonst nichts. Sehen, was für ein Typ er ist.«
    »Es ist doch egal, was für ein Typ er ist. Irgendein reicher Typ mit Marmorklo.«
    » Es ist ganz und gar nicht egal.« Sein Blick wurde vorwurfsvoll. »Hast du schon mal ein Erbstück weggegeben?«
    »Und du glaubst, Whistler empfängt uns!«
    »Sid Koenig hat gesagt, er gibt unseren Wunsch weiter.«
    »Das wird er niemals tun!«
    »Wir machen die Bedingungen. Hast du selber gesagt.«
    Tom stand auf und warf Münzen in den Getränkeautomaten. Stück für Stück, mit nachdrücklicher Langsamkeit. Er schien viel Kleingeld bei sich zu haben.
    »Flagstaff«, sagte ich nach einer Weile. »Wie weit ist das überhaupt?«
    »Eineinhalb Tage, nicht mehr.«
    Tom öffnete seine Cola, trank und reichte mir die Dose.
    »Wie viel Geld hast du bei dir?«, fragte ich.
    »Insgesamt?« Er stieß leise auf. »Um die vierhundert Dollar.«
    »Vierhundert Dollar für einen Trip nach Arizona und zurück!«
    »Ja.«
    Ich lachte: »Vergiss es, das kannst du alleine versuchen.«
    »Also bleibst du in L.A.?«
    »Natürlich bleibe ich, was denn sonst?«
    Auf dem San Bernardino Freeway herrschte großes Gedränge – der Feierabendverkehr rollte auf fünf Spuren den Vororten entgegen. Männer hinter dem Steuer von Lexus- und BMW-Limousinen, junge Latinos in donnernden Pick-up-Trucks mit gewaltigen Reifen und blondierte Frauen in Luxus-Geländewagen, die in Headsets plapperten und stur auf Kurs blieben, wenn Tom versuchte vor ihnen einzuscheren. So wälzte sich die Lawine aus Los Angeles heraus in Richtung Osten, immer auf die schneebedeckten Gipfel der San Bernardino Mountains zu. Flache Vorortdächer mit Palmen und Zypressenhainen, Fastfood- und Tankstellenschilder glitten an uns vorbei.
    »Das ist wirklich die dümmste Idee, die du je hattest«, sagte ich.
    »Und wenn schon.«
    »Du hattest ja viele blöde Ideen …«
    »Wirklich, jetzt hör schon auf. Du hättest nicht mitfahren müssen.«
    »Soll ich in Canoga rumhängen und darauf warten, dass dich seine Leibwächter erschießen? Und bei deinem Englisch …«
    »Mäkel nicht an meinem Englisch rum. Ich brauch dich wirklich nicht als Mittelsmann.«
    »Ohne mich wüsstest du ja gar nicht, dass es Whistler gibt.«
    Das brachte ihn zum Verstummen. Aber ich musste zugeben, dass es ein Eigentor war. Ich hatte mir das alles selbst eingebrockt.
    »Wenn er uns nicht empfängt, fahren wir ganz umsonst nach Arizona«, sagte ich.
    »Was wäre so schlimm daran? Hast du was anderes vor?«
    Darauf erwiderte ich nichts. Ich nahm meinen Fotoapparat vom Rücksitz und spielte nervös an ihm herum.
    »Wenn er uns nicht empfängt«, sagte Tom, »finden wir trotzdem raus, was er mit dem Teleskop vorhat.«
    »Was soll er vorhaben? Vielleicht stellt er es in seinen Vorgarten und malt es mit Eierfarben an!«
    »In L.A. sitzen wir auch nur bei Sid Koenig auf dem Schoß.«
    »Hast du eine Ahnung!«
    Tom überhörte meinen Hinweis einfach, was mich noch mehr ärgerte. Er wandte sich wieder ganz der Straße zu. Seine Fahrweise passte

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