Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
mich hinbringt.«
Er schüttelte fassungslos den Kopf. Es dauerte eine Weile, bis er das andere Thema ansprach: »Komisch, dass sie sich gleich mit dir eingelassen hat.«
»Wieso sollte eine Frau nicht mit mir schlafen wollen?«
»Na ja, weil du es gerade so nötig hast. Wegen Vera und allem.«
»Aber das merkt man mir doch nicht an, oder?«
Tom sah den Jungs lange beim Skaten zu.
»Und Vera?«, fragte er dann.
Ich zuckte mit den Achseln. »Was soll mit ihr sein?«
»Hatte sie auch schon was Neues, seit eurer Trennung?«
»Pause.«
»Entschuldigung, seit eurer Pause.«
»Sie sagt, sie hätte niemand. Aber ich weiß nicht …Wozu sollte man sonst eine Pause machen?«
»Ja, wozu?«
»Glaubst du, dass sie jemanden kennengelernt hat?«
»Weiß nicht. Sie lernt im Studium bestimmt andauernd Leute kennen, oder?«
»Komm, lass uns fahren«, sagte ich und stand auf.
»Das ganze Sandwich ist ja noch da.«
»Pack’s dir ein«, sagte ich und riss die Beifahrertür auf.
Eine kleine Kette von Orten im Coachella Valley, eine Reihe von Hotels, trockenen Flussbetten, Palmenhainen und Luxus-Wohnwagensiedlungen entlang des Freeways trennte uns noch von der endgültigen Leere. Dann, bei Anbruch der Nacht , stieg die Straße stetig an und führte zwischen geröllübersäten Hängen hindurch. Der Verkehr hatte sich bis auf vereinzelte Lastwagen aufgelöst. Außer uns hatte wohl niemand einen Grund, um diese Uhrzeit noch in Richtung Arizona zu fahren. Wir rollten genauso gleichmäßig dahin wie die Zwölftonner, die noch unterwegs waren. Als ich mich im Sitz zurücklehnte und einen Moment lang die Augen schloss, kam mir wieder Claire in den Sinn. Ich hatte ihr nicht einmal meine Nummer geben können. Mein Mobiltelefon, ein veraltetes Modell, war in diesem Land unbrauchbar. Sie kannte nur unser Hotel und meine E-Mail-Adresse.
Tom erriet meine Gedanken.
»Was mochtest du an ihr?«, wollte er wissen.
»Das ist eine komische Frage.«
»Wieso?«
»Was mochte ich an ihr? Du hast sie doch selbst gesehen.«
Er betrachtete mich interessiert von der Seite. Ich hatte nur lässig klingen wollen, aber das war mir misslungen. Trotzdem dachte ich über seine Frage nach. Die dunkle Landschaft draußen sah verwüstet aus wie nach einer großen Flut. In den tief eingeschnittenen Rinnen sammelten sich Schatten und Steine.
»Sie ist hellwach«, sagte ich schließlich. »Sie sieht sich alles an, ohne Vorurteile. Ganz anders als ich.«
»Klingt wirklich wie dein Gegenteil.«
»Danke, Tom.«
Eine Weile fuhren wir wortlos dahin. Schließlich stellte ich ihm eine Frage, die längst überfällig war: »Wann hast du zum letzten Mal eine Freundin gehabt?«
»Im Sommer. Es ging nicht so lang.«
»Und davor?«
»Im Winter.«
»Das ging wohl auch nicht so lang.«
Er nickte.
»Haust du ab oder die Frauen?«
»Ich. Die letzte wollte bei mir bleiben, aber ich glaube, sie war nicht die Richtige. Ich hab das gemerkt. Es wär auch nicht mehr lang gut gegangen. Ich war ziemlich oft allein in der Zeit …«
»Das heißt, du warst ziemlich viel in deinem Turm.«
»Ja. Ich denk, ich such noch nach der Richtigen.«
Er konzentrierte sich plötzlich wieder sehr auf die Straße. Auf einer niedrigen Bergkette in weiter Ferne lag ein umgefallener Viertelmond, die Enden der Sichel messerscharf emporgereckt.
»Das hab ich mir gedacht«, sagte ich.
»Was?«
»Du bist der ewige Sucher. Das ist dein Ding. Du bist jemand, der auf die perfekte Frau wartet. Und du bist lieber einsam, als dich mit weniger zufriedenzugeben.«
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und legte die Hände hinter den Kopf, zufrieden mit meiner Erkenntnis. »Stimmt’s oder hab ich recht?«
»Also, ich sollte dir noch was sagen.«
»Was denn?«
Ich hatte Tom noch nie so tief Luft holen sehen.
»Also …«, er atmete aus, »… Ich war mit Constanze im Bett.«
Toms Satz kam mir vor wie eine dieser langen Gleichungen aus dem Mathematikunterricht, die zuerst rätselhaft bis zur Unverständlichkeit sind. Nur wenn man lange darüber nachdachte, fielen all die komplizierten Stellen weg, und es stand nur noch x=1 da, in vollkommenster Logik. Nachdem ich ihn eine Weile angesehen hatte, während er angestrengt auf die Straße schaute, fragte ich nur: »Wann?«
»Nach der Ausstellung. Sie hat mich heimgeschleppt … in ihr tolles Atelier und so weiter …«
»Tja«, sagte ich. Ich wusste gar nicht, was mich wütender machte. Toms augenscheinlicher Verrat oder Constanzes
Weitere Kostenlose Bücher