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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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leichter Erfolg.
    »Ein Mal?«
    »Ja. Ein Mal.«
    »Hättest du mir das nicht …«
    »Ich hätt’s dir früher sagen können, ja. Aber es war mir peinlich. Constanze ist eine blöde Ziege. Sie behandelt dich wie einen Idioten. Und ich …«
    Ich stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wenigstens bist du jetzt kein Unschuldsengel mehr für mich.«
    Die Landschaft, die sich links und rechts der Straße hinter Drahtzäunen in die Nacht erstreckte, wurde immer noch karger. Die Wüste würde so schnell nicht aufhören. Über uns spannte sich ein klarer Sternenhimmel. Eine einzelne Werbefläche auf hölzernen Stelzen kam uns entgegen. »One Nation under God.«
    Es wunderte mich, dass Tom gar nicht müde wurde. Wahrscheinlich genoss er das Niemandsland. Mir fielen rasch die Augen zu, und als ich wieder aufwachte waren zwei Stunden vergangen, und der Mond war untergegangen. Weder vor uns noch hinter uns sah ich ein anderes Auto. Das Licht unserer Scheinwerfer traf wieder ein Schild: »State Prison – Don’t pick up hitchhikers.« Kurz darauf oder einige Zeit später, das weiß ich nicht mehr, rüttelte Tom an meiner Schulter. Er war abgebogen auf einen riesigen leeren Asphaltparkplatz, der gespenstisch erleuchtet war. In der Nähe parkten ein paar Lastwagen, außerdem gab es eine kleine Tankstelle mit Restaurant, die sich auf dem viel zu großen Areal fast verlor. Das Schild mit den Benzinpreisen war auf der Spitze eines mindestens fünfzehn Meter hohen Stahlturms befestigt, so dass es wohl noch Meilen entfernt zu lesen war. Im Inneren des engen Tankstellenladens herrschte starker Betrieb: Ein paar junge Fettsäcke mit kurzgeschorenen Haaren und aggressiven Gesichtern deckten sich an den Kühlschränken mit Softdrinks ein. Sie hätten direkt aus dem Staatsgefängnis entsprungen sein können, aber sahen doch weniger gefährlich aus als der Kaffee, der schwarz und zäh in einer Ecke vor sich hin dampfte. Das Sortiment des Ladens war nicht sehr groß. Es gab Softdrinks und »Beef Jerky« – getrocknetes, abgepacktes Rindfleisch in tausend Ausführungen und Größen. Wir kauften eine Packung und bemühten uns, zwischen den engen Regalen niemanden anzurempeln.
    »Willst du weiterfahren?«, fragte Tom.
    »Ich glaube, ich bin zu müde«, sagte ich. »Wir könnten versuchen, eine Runde zu pennen und morgen früh fahren. Dann sehen wir auch was von der Landschaft.«
    »Ich kann noch fahren«, sagte Tom.
    »Lass das lieber. Du brauchst auch mal ein paar Stunden Schlaf.«
    Da keiner von uns eine bessere Idee hatte, setzten wir uns ins Auto und kauten auf dem zähen, trockenen Fleisch herum. Ich stellte meinen Sitz nach hinten und schloss die Augen. In dem fahlen Licht des großen Asphaltplatzes meinte ich, Ge stalten um unser Auto herumhuschen zu sehen. Eine Wolldecke wäre jetzt gut, dachte ich. Hier draußen wurde es nachts viel kälter als in Los Angeles. Ich stieg aus und holte meine Jacke aus dem Kofferraum. Drüben vor der hellen Ladentür hatten sich ein paar der Stiernacken mit schwarzgrau volltätowierten Armen postiert.
    »Mir ist der Platz hier nicht geheuer«, sagte ich beim Einsteigen.
    »Hmmm«, murmelte Tom. Er blätterte neben mir in einer Zeitschrift, obwohl das fahle Licht nicht zum Lesen reichte.
    »Was hast du da?«
    Er zeigte mir das Cover. Ein Luxus-Lastwagen mit blitzendem Kühler. Die Zeitschrift hieß »Transporte Latino.«
    »Spannend?«
    »Weiß nicht. Es ist alles auf Spanisch.«
    »Und das hast du dir gekauft?«
    »Nein, sie lag gratis aus. Ich glaub, es sind alles Lastwagen-Testberichte.«
    »Komm wir verschwinden hier«, sagte ich. »Ich kann schon fahren.«
    Ein paar Meilen weiter lenkte ich das Auto wieder von der Straße. Unterhalb der großen Schleife der Freewayausfahrt war ein staubiger Platz, auf dem zwei einsame Flachdächer auf Stelzen herumstanden. Auf einem klebte noch das »Diesel«-Schild der einstigen Tankstelle. Ich fuhr langsam über den Platz und ließ den Wagen in Richtung einiger Häuser rollen, die wohl zu einer kleinen Siedlung gehörten. Die Häuser der ersten Wohnstraße, in die wir einbogen, erinnerten an Behelfsunterkünfte, sie waren kaum mehr als verlängerte Wohnwagen oder Blechschuppen, fertig hierher transportiert und dann auf ein Fundament aus Backsteinen gestellt. Neben staubigen Vorgärten lagen Schutthalden und verwilderte Grundstücke, hier und da standen Palmen, niedrige, stämmige Gewächse mit angeschwollenen Fruchtständen unterhalb der Krone – proletarische

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