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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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auf. Je widerständiger die Verpackung war, desto heftiger malträtierte er das Packpapier.
    Während er kämpfte, saß Tove daneben und betrachtete ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Sie sagte nichts.
    Oben auf dem Stapel von CDs lag der Soundtrack des Films Fahrstuhl zum Schafott von Louis Malle.
    Auch diese CD war in Plastik verpackt. Die Finger rutschten auf der dünnen Folie aus. Er versuchte es mit den Nägeln, aber ohne Erfolg.
    Tove zog erneut die Augenbrauen hoch. Sie beugte sich vor und zog eine Stricknadel aus einer Tasche am Boden. Die schaffte die Plastikhülle mit einem kleinen Stich.
    »Danke.«
    Gunnarstranda konnte sich endlich gemütlich hinsetzen und sich die Kopfhörer über die Ohren stülpen. Er wählte die Kopfhörer, weil Tove ein Fernsehmensch war. Tove hatte den Fernseher gern rund um die Uhr angeschaltet, und ein Fluss von Geräuschen strömte unaufhörlich in den Raum – ob es nun TV-Müll, Nachrichtensendungen oder Gottesdienste waren. Ton oder kein Ton. Der Fernseher lief, auch wenn Tove telefonierte oder Zeitung oder Bücher las.
    Er wusste, dass sie nichts dagegen gehabt hätte, wenn er den Fernseher ausschaltete. Aber wenn er ihn ausschaltete und zum Beispiel Miles Davis auflegte, würde Tove wahrscheinlich zu reden beginnen.
    Das wiederum würde dazu führen, dass er entweder die Musik ausmachen oder sie bitten musste zu schweigen.
    Er wollte Tove nicht bitten zu schweigen. Aber so tickte er nun einmal. Er konnte nicht mit jemandem reden, wenn Miles Davis spielte.
    Also lautete die Lösung, den Klang der Musik durch Kopfhörer zu isolieren, während Toves Fernseher lief.
    Miles Davis war schon tot, als CDs zu einer Normalität wurden. Miles hatte immer Schallplatten aufgenommen und darauf Rücksicht genommen, dass die Menschen aufstehen und seinePlatten per Hand umdrehen mussten. Die Aufnahmen hatten in der Regel zwei Konzepte, eins auf Seite 1 und eins auf Seite 2. Die Titelseite von In a silent way war ein 19 Minuten langes Stück, das von einem hektischen Trommelbeat getragen wurde. Die Rückseite war eine ganz andere lyrische Komposition in drei Sätzen. Gunnarstranda hatte immer die Meinung vertreten, dass es ein Unding sei, Miles Davis zu hören, wenn man die Platte nicht umdrehen konnte. Andererseits war diese CD der Soundtrack zu einem Film, also mussten die Übergänge nicht an eine A- und eine B-Seite gebunden sein.
    Gunnarstranda war beeindruckt davon, dass ein französischer Filmregisseur Ende der 50er Jahre Miles dazu gebracht hatte, die Musik für einen ganzen Film zu schreiben. Außerdem war es ein wunderbarer Soundtrack. Die Tonfolge war dumpf und mollgestimmt, nicht unähnlich dem Klangbild des Klassikers Kind of Blue . Doch der einzige Mitspieler, den Gunnarstranda von früher kannte, war der Drummer Kenny Clarke.
    Er genoss die Trompetensoli, während er an einem Glas Upper Ten mit Eis nippte und dabei abwesend den Fernsehbildschirm betrachtete, auf dem die Nachrichten vorbeiflimmerten. Er klopfte leicht mit dem linken Fuß im Takt – und hielt inne.
    Plötzlich füllte das Gesicht von Frikk Råholt den gesamten Bildschirm.
    Gunnarstranda zog sich die Kopfhörer von den Ohren und fragte Tove, was geschehen sei.
    Sie sah desinteressiert von ihrer Zeitung auf, weil sie gerade dabei war, ein Sudoku zu lösen. »Er tritt zurück.«
    »Er tritt zurück? Aus der Politik?«
    Das Gesicht von Frikk Råholt war wieder vom Bildschirm verschwunden. Jetzt gab es den Wetterbericht.
    Gunnarstranda suchte nach der Fernbedienung und zappte durch die Kanäle.
    Beim Nachrichtensender von TV 2 war der Fall noch warm.
    Nach Informationen von TV 2 wird Frikk Råholt als Konsulent beim PR -Büro First in Line einsteigen. Råholt, der sich im Laufe seiner langjährigen Politikerlaufbahn ein großes Netzwerk erarbeitet hat, wird zu einem Lobbyisten mit großem Gewicht und großer Durchschlagskraft werden. Råholts Wechsel vom Posten eines gewählten Abgeordneten zu einer Position, in der er gegen gute Bezahlung verschiedenen Auftraggebern zur Verfügung steht, wird garantiert die Debatte über die Realitäten in der Demokratie wieder neu entfachen, äußerte –
    Gunnarstranda dämpfte die Lautstärke.
    »Warum interessiert dich das?«, fragte Tove.
    »Das weiß ich eigentlich auch nicht«, sagte er. »Ich weiß nur, dass es mich interessiert.«
    »Was hast du dir angehört?«, fragte sie.
    »Miles.«
    Tove griff nach der CD-Hülle, auf dem Fotos aus dem Film abgebildet waren. »Den

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