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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Gunnarstranda dachte, er mache ja nur eine Stippvisite, und parkte hinter einem PKW, dessen Dach voller Schnee war. Im Osten erhoben sich neue Glasgebäude über halbfertigen Hafenkonstruktionen. In Bjørvika wurde gebaut.
    Gunnarstranda griff nach der Taschenlampe im Handschuhfach und stieg aus.
    Er presste das Kinn tief in den Schal und nahm Kurs auf die Baustelle.
    An einem provisorischen Maschendrahtzaun blieb er stehen. Mehrere Schilder signalisierten, dass der Zutritt verboten war. Er war auf dem richtigen Weg. Der Schnee peitschte ihm ins Gesicht. Er zog die Jacke enger um den Körper und stemmte sich gegen den Wind. Ging weiter am Zaun entlang, bis er das Loch fand.
    Eine Spur im Schnee führte auf den Rohbau zu. Die Drahtenden im Zaun stachen in alle Richtungen. Er aalte sich durch das Loch und spähte in die Dunkelheit. Direkt vor ihm thronte der Unterbau eines riesigen Krans. Die gelbe Konstruktion stieg in den Himmel und verschwand in einem schwarzen Abend mit Schneeschauern. Neben dem Kran waren vage die Umrisse eines Kompressors zu erkennen.
    In dem Rohbau gähnten dunkle rechteckige Öffnungen. Er folgte der Spur im Schnee auf die nächste Öffnung zu.
    Kein Stig.
    Gunnarstranda holte tief Atem und ärgerte sich, dass er sich hatte hinters Licht führen lassen.
    Es herrschte schwarze Nacht, und er stand hier in einem Kabäuschen, das nach Keller und Müll stank. Immerhin stand er im Windschatten. Er bürstete sich den Schnee von der Jacke, schaltete die Taschenlampe ein und stellte fest, dass er sich in einer Art Treppenhausschacht befand. Eine nackte Betontreppe führte nach oben.
    Als er sich weiterbewegte, knirschten Zementreste unter seinen Schuhen. Der Lichtstrahl der Taschenlampe wanderte über die Wände und strich über ein gespraytes Kunstwerk. Auf dem Treppenabsatz stand ein schwarzer Plastiksack voller abgeschnittener Kabelreste und anderem Müll.
    Plötzlich hörte er Schritte.
    »Stig?«, rief er.
    Keine Antwort.
    Da oben war jemand. Garantiert.
    Er richtete die Taschenlampe nach oben. Sie erlosch.
    Tiefste Dunkelheit umfing ihn.
    Gunnarstranda schüttelte die Taschenlampe. Sie wollte nicht wieder angehen. Er schlug sie gegen die Wand. Sie leuchtete kurz auf, dann wurde es wieder schwarz.
    Er brauchte Licht. Also schraubte er das Ende der Lampe ab,holte die Batterien heraus und ließ sie dann wieder hineingleiten. Schraubte den Deckel wieder zu.
    Da hörte er wieder Schritte. Näher jetzt. Sehr nah.
    »Hallo?« Er hielt den Atem an und lauschte. Jetzt klang nur das Rauschen der Stadt von draußen herein.
    Keine Schritte mehr.
    War das ein neuer Einfall von Stig? Was hatte er sich diesmal ausgedacht?
    Gunnarstranda versuchte es noch einmal mit der Taschenlampe. Sie leuchtete.
    Der Lichtstrahl wanderte. Er sah niemanden. Aber er hatte Schritte gehört. Wo war diese Person jetzt?
    Langsam folgte er dem Strahl seiner Taschenlampe und ging die Treppe hinauf.
    Zweiter Stock. Hier drang etwas Licht durch eine Öffnung in der Betonwand herein. Aber es war niemand zu sehen. Hatte er wirklich Schritte gehört? Oder war es Einbildung gewesen?
    Dann stand er vor einem Wald von Stahlrohren. Ganz hinten, hinter den Balken, flackerte eine kleine Flamme. Es musste eine Kerze sein.
    »Stig!«, rief er.
    Das Gebäude blieb still und stumm.
    Langsam ging er auf das Licht zu. Tastete sich voran. Spitzen von Armiereisen ragten aus dem Beton. Die Luft war tot und abgestanden, es roch nach einer Mischung aus feuchtem Beton, Urin und Erbrochenem.
    Er erreichte eine Öffnung in der Betonwand.
    Dahinter erleuchtete die armselige Kerze ein Versteck, das einem Obdachlosen gehören musste.
    Aus Angst, die Taschenlampe könnte bei einer unbedachten Bewegung wieder ausgehen, hielt er sie ganz still.
    Die Kerze stand halb abgebrannt in einer leeren Weinflasche.Auf dem Boden lagen ein zerknüllter Schlafsack, Reste einer Pizza und Verpackungen von Hamburgern oder Kebabs.
    Kein Stig.
    Er ließ den Lichtstrahl langsam über das armselige Inventar schweifen. Glassplitter, eine halbvolle Colaflasche …
    Er räusperte sich und rief wieder: »Stig!«
    Keine Antwort.
    Er schaltete die Lampe aus. Holte sein Handy aus der Tasche. Rief Stigs Nummer an.
    Ein Telefon klingelte. Eine metallische Version von Jingle Bells .
    Gunnarstranda drehte sich in die Richtung, aus der das Klingeln kam.
    Mit dem Handy in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand ging er der Melodie nach. Bewegte sich durch einen Korridor aus nacktem

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