Die Kommissarin und der Tote im Fjord
legte, um etwas zum Schreiben zu holen. Lena legte auf.
Sofort danach nahm sie den Hörer ihres Diensttelefons ab. Sie rief bei der Personalabteilung der Militärverwaltung an und fragte nach Stian Rømer. Ohne Erfolg. Sie wurde weiterverbunden und musste den Namen buchstabieren – ohne Ergebnis. Sie wurde noch einmal weiter verbunden. Und noch einmal. Es dauerte zehn Minuten, um zu der Feststellung zu gelangen, dass bei der Militärverwaltung kein Stian Rømer registriert war.
Sie legte auf.
Sie hatte dreimal diesen Wagen gesehen. Ja, sagte sie zu sich selbst. Dasselbe Auto dreimal ist zweimal zu viel. Allerdings musste die Tatsache, dass es ihr nicht gelang, den Fahrer ausfindig zu machen, nicht unbedingt etwas bedeuten. Der Bluff mit dem Job beim Militär konnte ein Trick sein, mit dem Stian seine Mutter beruhigt hatte, um nervigen Fragen zu entgehen oder um ihr zu imponieren.
Ein Mann namens Stian Rømer hatte am Tag vor Adelers Tod den Wagen am Osloer Flughafen in Empfang genommen. Und dann?
Lena sah eine Weile starr vor sich hin. Bekam den Gedanken an den schwarzen Fiat nicht aus dem Kopf. Sie hatte einmulmiges Gefühl im Bauch. Irgendetwas war mit diesem Auto. Irgendetwas war mit diesem Stian Rømer.
Sie kam nicht weiter. Also beschloss sie, das Mysterium um den Fiat ruhen zu lassen und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, den Bericht der Gerichtsmedizin zu lesen.
Als Lena sich eine Viertelstunde später wieder gerade aufrichtete, hörte sie eine vertraute Stimme auf dem Flur. Lena stand auf und trat hinaus. Dort stand Ingrid Kobro im Gespräch mit Rindal. Sie winkte Lena zu, die sich an die Wand lehnte und wartete, bis Ingrid ihr Gespräch mit Rindal beendet hatte.
Ingrid Kobro ging auf die fünfzig zu, sah aber immer noch aus wie 39. Dunkles Haar ohne jede graue Strähne, klare blaue Augen und immer ein schiefes, wissendes Lächeln um die Mundwinkel. Das glänzende Haar mochte gefärbt wirken, aber Lena wusste, dass die Farbe echt war. Als Lena bei der Polizei anfing, hatte Ingrid eine schützende Hand über sie gehalten. Leider hatte Ingrid die Abteilung vor einem halben Jahr verlassen. Sie hatte aufgehört, um eine gehobene Stellung beim Geheimdienst der Polizei anzutreten.
Rindal ging, und Ingrid drehte sich zu Lena herum.
»Das ist aber lange her«, sagte Lena und umarmte Ingrid.
»Ich bin einzig und allein hier, um mit dir zu sprechen«, sagte Ingrid.
»Wie schön«, sagte Lena lächelnd. Dann bemerkte sie Ingrids ernsten Gesichtsausdruck und spürte, wie ihr Lächeln erlosch. » Business oder pleasure ?«
» Business «, sagte Ingrid Kobro, schob Lena wieder in ihr Büro und schloss die Tür hinter ihnen. »Natürlich freue ich mich auch immer, dich zu sehen, Lena«, fuhr Ingrid in ihrem weichen Sørlandsdialekt fort und holte Atem. »Aber – jetzt also business .«
Lena verstand kein Wort.
Ingrid setzte sich und faltete ihre Hände im Schoß. »Lena«, sagte sie dann ernst. »Warum interessierst du dich für Stian Rømer?«
In Lenas Kopf setzte sich eine Bowlingkugel in Bewegung. Sie traf die Kegel, die mit einem Knall umfielen: dass sie bei der Militärverwaltung von einem zum anderen weiterverbunden worden war, bekam plötzlich einen Sinn, der buchstabierte Name auch. Die Fragen nach ihrer Dienststelle, ihrem Namen und ihrer Personalnummer.
Ingrid hatte ihr Gesicht in ernste Falten gelegt. »Wir von der Zentrale wollen nicht, dass die Osloer Polizei eine Sache zum Scheitern bringt, die uns viel Zeit und Energie gekostet hat.«
Lena registrierte die Wortwahl. Die Zentrale . Ingrid kehrte ihre Autorität heraus.
»Entschuldige bitte«, sagte Lena und räusperte sich. »Ich habe die Personalabteilung der Militärverwaltung angerufen. Aber ich wüsste nicht, warum ich damit dir oder anderen Leuten zu nah getreten sein sollte.«
Ingrid dachte einen Moment nach, bevor sie weitersprach. »Das wusste ich nicht«, sagte sie schließlich.
Lena musste grinsen.
»Was ist los?«, fragte Ingrid mit ihrem schiefen Lächeln.
»Wie kannst du dann wissen, dass ich mich für Stian Rømer interessiere?«
»Wie haben den Mann unter Beobachtung. Er ist vor einer Woche nach Norwegen eingereist, hat in Gardemoen einen Wagen gemietet, und für den hast du dich interessiert, stimmt’s?«
Jetzt war Lena überrascht. »Wie bitte?«
»Wir haben dich auf einem Film mit Tonaufnahme, wo du deine Autorität als Polizeibeamtin einsetzt und Informationen von Rømers Kreditkarte forderst.«
»Habt
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