Die Kommissarin und der Tote im Fjord
machen.«
»Sie hatte Schlüssel für die Wohnung?«
»Die hat sie abgeliefert«, sagte Emil. »Sie hat seine Bude am Mittwochnachmittag geputzt und einen Zettel geschrieben, dass Waschpulver fehlte. Deshalb konnte sie wohl auch die Klamotten aus dem Wäschekorb nicht waschen. Sie hatte Adeler über zwei Wochen nicht gesehen.«
Lena ging zurück in ihr Büro und rief die Zulassungsstelle an.
Der Wagen, der am Abend zuvor mit laufendem Motor vor ihrem Haus gestanden hatte, gehörte der Autovermietung Hertz. Fünf Minuten später wusste sie, dass der Wagen am Mittwoch, dem 9. Dezember, nachmittags am Osloer Flughafen an einen Mann namens Stian Rømer ausgeliehen worden war.
Ihr Bauchgefühl, das darauf bestand, dass sie bei drei Gelegenheiten dasselbe Auto gesehen hatte, wurde bestätigt. Ein Leihwagen .
Das Datum – 9. Dezember.
Aber der Name des Mieters, Stian Rømer, sagte ihr gar nichts.
Lena zog sich ihren Mantel an und verließ das Büro. Sie ging zum Hauptbahnhof und stieg in den Flughafenschnellzug nach Gardemoen.
In der Ankunftshalle steuerte sie direkt auf den Schalter von Hertz zu. Dort saß ein übergewichtiger, unrasierter Junge mit Kautabaklippe vor einem Computer. Sein Kopf ragte aus einer riesigen Daunenjacke hervor. Er roch stark nach Schweiß und trank Tee aus einem Pappbecher.
Lena wies sich aus.
Der Junge hatte keine Ahnung, wer den Fiat abgeholt hatte. Die Reservierung war vor längerer Zeit per Internet eingegangen, das war immer so. So war das System. Der Kunde kam, erhielt die Schlüssel und unterschrieb einen Vertrag. Er hatte keine Ahnung, wer diesem Kunden die Schlüssel übergeben hatte. Jeder Kunde gab am Ende den Wagen vollgetankt wieder zurück. Der Schlüssel blieb stecken – und der Kunde stieg direkt ins Flugzeug. Einfach und unkompliziert.
»Können Sie den Mann erreichen?«
»Warum sollten wir?« Der Junge grinste mit der Kautabaklippe. Seine Mundpartie erinnerte an die eines Kaninchens. Die Vorderzähne waren fleckig vom Tabak.
Lena seufzte. »Jetzt hören Sie mal zu: Ich will mit dem Mann sprechen, der den Wagen gemietet hat, und ich weiß, dass Sie die Daten haben, die ich brauche. Okay?«
Der Junge blinzelte unsicher. »Alles, was wir haben, ist die Kreditkarte.«
»Genau«, sagte Lena. »Genau die wollen wir haben. Können Sie mir die Daten geben, die auf der Karte stehen?«
Als sie wieder im Polizeipräsidium war, zog sie sich zurück und durchsuchte das Internettelefonbuch. Den Namen Stian Rømer fand sie dort nicht. Sie konnte überhaupt nur einen einzigen Eintrag mit dem Namen Rømer ausfindig machen. Die Frau hieß Bodil und wohnte in Drammen. Lena wählte ihre Nummer und fragte nach Stian.
»Wer ist denn da?«
Die rostige und leicht zitternde Stimme gehörte offenbar einer schon etwas älteren Frau.
Wenn sie verwandt sind, dachte Lena schnell, dann ist es entweder seine Mutter, Tante oder Großmutter.
»Hier ist Lena. Entschuldigen Sie die Störung, aber ich habe Stian letztes Jahr auf Ibiza kennen gelernt, und dann habe ich überall nach seiner Telefonnummer und seiner Adresse gesucht. Jetzt musste ich einfach diese Nummer anrufen. Sind Sie mit Stian verwandt?«
»Was sagen Sie? Wo sagen Sie, haben Sie Stian getroffen?«
»Auf Ibiza. Lena heiße ich, hat er vielleicht von mir erzählt?«
»Nein.«
»Kann ich mit Stian sprechen?«
»Aber Stian ist nicht hier!«
»Wissen Sie, wo er ist?«
»Stian ist im Ausland.«
»Oh nein«, entfuhr es Lena aufrichtig enttäuscht. »Sagen Sie das nicht! Wo denn im Ausland?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber ich möchte so gerne mit ihm sprechen.«
»Ich würde Ihnen ja gerne helfen, aber Stian ist im Ausland, und er darf selbst mir nicht sagen, wo. Er hat es Ihnen vielleicht erzählt, als Sie ihn kennen gelernt haben, dass er beim Militär arbeitet?«
»Ja, das hat er, aber … Sind Sie seine Mutter?«
»Ja. Das bin ich. Stian unterliegt bei der Arbeit strengsterSchweigepflicht, und ich kann Ihnen leider nicht helfen. Aber wenn Sie mir Ihre Telefonnummer geben, dann kann ich ihm sagen, dass Sie angerufen haben, wenn er das nächste Mal vorbeikommt.«
»Mein Akku ist schwach«, sagte Lena schnell. »Wo wohnt Stian denn, wenn er in Norwegen ist?«
»In seiner Wohnung natürlich, in der Schweigaardsgate in Oslo. Geben Sie mir Ihre Telefonnummer?«
»Holen Sie schnell was zum Schreiben«, sagte Lena. »Mein Akku macht es nicht mehr lange.«
Sie konnte hören, wie die Frau den Hörer auf den Tisch
Weitere Kostenlose Bücher