Die Kommissarin und der Tote im Fjord
steckte sich eine in den Mund und schlüpfte wieder unter die Decke. Er umfasste ihren Kopf und küsste sie. Sie ließ die Kirsche zwischen seine Lippen gleiten. Er kaute und hielt bald den Stein zwischen den Fingern. »Wo soll ich den hin tun?«
»Auf den Nachttisch.«
Er legte den Stein weg. Es klapperte, als ein paar Ü-Ei-Figuren auf den Boden fielen. »Tut mir leid«, flüsterte er.
»Macht nichts«, sagte sie, biss leicht in eine Kirsche und hielt sie zwischen den Zähnen. Steffens Mund näherte sich ihrem. Er biss von der Kirsche ab. Saft begann zu fließen, über ihre Lippen und an ihrem Kinn hinunter. Steffen schleckte den Saft ab. Sie kaute den Rest der Kirsche, legte den Stein auf den Nachttisch, schubste noch eine Ü-Ei-Figur auf den Boden und küsste ihn auf den Mund.
Es wurde ein Spiel. Sie biss in eine neue Kirsche und hielt sie zwischen den Zähnen. Er biss ein Loch hinein. Es kitzelte, wenn er den Saft aufleckte.
»Magst du Mango?«
»Ja.«
»Wenn du wüsstest, was wir alles mit einer Mango anstellen können.«
Lena kicherte und biss in eine neue Kirsche.
Langsam kamen seine Lippen näher. Jetzt kicherten sie beide, als er in die Kirsche biss. Sie kaute, der Saft begann zu fließen. Sie kicherte beim Einatmen.
Der Stein kam mit. Blieb stecken.
Sie bekam keine Luft! Ihre Lungen schrien nach Luft, aber der Weg war versperrt!
Lena wälzte sich aus dem Bett, kniete auf allen vieren am Boden und rang nach Atem, aber es kam keine Luft, nur gurgelnde Laute, und sie griff sich an den Hals.
Steffen krabbelte zu ihr, verstört. »Was ist los?«
Sie brauchte Luft, sofort ! Und sie brauchte seine Hilfe, stand auf und klopfte sich selbst auf den Rücken.
»Was ist los?«, wiederholte Steffen erschrocken und klopfte ihr auf den Rücken. »Hilft das?«
Es half nicht, kapierte er denn gar nichts? Luft, ich brauche Luft!
Sie schwankte in die Küche, schlug mit beiden Händen gegen ihren Bauch, aber ohne Erfolg. Jetzt spürte sie, dass es irgendwo weit hinten im Kopf schwarz wurde, und sie musste sich konzentrieren, um im Auge zu behalten, was sie jetzt tun musste. Sie schob den Tisch gegen die Wand, wankte zwei Schritte zurück und warf sich gegen die Tischkante, ohne dass etwas geschah, außer dass der Tisch gegen die Wand knallte, und sah einen nackten Steffen, der in der Tür stand und panisch mit einem Handy winkte, ohne dass sie hören konnte, was er sagte. Sie brauchte jetzt Luft und warf sich noch einmal gegen den Tisch, der Oberbauch traf die Tischkante, noch härter als beim ersten Mal.
Der Stein traf das Glas der Küchenuhr mit einem kleinen Knall.
Lenas Lungen sogen Sauerstoff ein wie ein Blasebalg. Sie stützte die Arme auf den Tisch und sog Luft ein, atmete aus, sog Luft ein und sah auf.
Steffen stand immer noch in der Tür und sah sie mit ängstlichem Blick an. »Was ist passiert?«
»Hab einen Kirschkern in den falschen Hals bekommen«, japste Lena und versuchte, normal zu atmen. »Bevor wir weiter Kirschen essen, sollten wir, glaube ich, einen kleinen Erste-Hilfe-Kurs machen.«
Sie bat ihn, sich hinter sie zu stellen und die Arme um sie zu legen. Sie zeigte ihm, wie er in Situationen wie dieser die Hände falten und zudrücken musste. Sie standen eng beieinander.
Es war so still in der Wohnung, dass sie die Heizung knistern hörten.
»Lena«, flüsterte Steffen.
»Ja?«, flüsterte sie zurück.
»Ich möchte, dass du mit dem Adeler-Job aufhörst.«
Sie öffnete die Augen. Was war das denn?
»Was du da erzählt hast«, fuhr Steffen fort, »von dem Typen, der mit der Pistole hinter dir her gerannt ist …«
»Stian Rømer? Mach dir keine Sorgen. Er hat das Land verlassen.«
»Stian? Du weißt, wie er heißt?«
»Ich bin Polizistin.«
Steffen trat einen Schritt zurück. »Der Kerl hat dich mit einer Pistole verfolgt!«
»Steffen, es ist auch gefährlich, in der Stadt die Bürgersteige entlangzugehen. Man könnte Eiszapfen auf den Kopf bekommen.«
»Das ist nicht lustig«, sagte er ernst. »Er hätte schießen können. Er hätte dich töten können.«
»Ich wäre eben fast gestorben«, sagte Lena abweisend. »An einem Kirschkern.«
Er sah sie an. »Bist du sauer?«
Sie betrachtete ihn. Das war eine Frage, die sie von Männern nicht hören wollte. Eine Frage, auf die sie gelernt hatte, niemals zu antworten.
»Entschuldige«, sagte sie. »Ich weiß, dass du es gut meinst.«
Er senkte den Blick. Schien in Gedanken woanders zu sein. Die Stimmung hatte sich verändert,
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