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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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zurück.
    »Dein Vorschlag«, sagte er und lächelte. »Sei nicht so bescheiden.«
    Alle sahen sie an.
    Lena räusperte sich einmal und dann noch einmal. »Ich werde heute Nachmittag hier im Haus eine Pressekonferenz einberufen. Das Ziel ist, das Medieninteresse auszunutzen und an Zeugen zu kommen, die Adeler möglicherweise am Vorabend oder am Morgen seines Todes gesehen haben.«
    Als sie sich umdrehte, begegnete sie Rindals Blick. »Nach der Pressekonferenz fahren du und ich raus nach Ulvøya«, sagte er.
    »Ulvøya?«
    Er nickte und ließ sie stehen.
    Lena sah auf die Uhr. Plötzlich hatte sie ein volles Programm. Und das bedeutete Zeitdruck. Ihr Arzttermin war in vierzig Minuten.
6
    Die tief stehende Sonne blendete sie, als sie auf der Suche nach einem Parkplatz die kleinen Wege zwischen den Gebäuden des Universitätskrankenhauses Ullevål entlangfuhr.
    Es gab keine einzige Lücke in der Reihe parkender Autos. Schließlich hatte sie keine Zeit mehr, zu suchen. Sie wählte die Notlösung und quetschte den Wagen halb auf den Bürgersteig. Da behinderte er jedenfalls nicht den Verkehr.
    Als sie im Warteraum saß und alte Zeitschriften durchblätterte, versuchte sie, sich auf die Bilder zu konzentrieren, statt sich die anderen Wartenden anzusehen.
    Schließlich hatte sie den ganzen Stapel durchgeblättert und blieb an einem Rezept hängen, das das Geheimnis von saftig gebratenem Hähnchenfilet verriet. Sie las den Artikel zum zweiten Mal, jedoch ohne den Inhalt zu erfassen. Legte die Zeitschrift weg. Begegnete dem Blick eines blassen, grauhaarigen Mannes, der ihr gegenübersaß und genau im selben Moment von seiner Zeitschrift aufsah. Neben ihm saß eine noch blassere Frau mit einer Sonnenbrille auf der Nase und einem blauen, turbanförmigen Hut auf dem Kopf.
    Lena dachte: Ich bin stark. Ich habe schon lange keinen Gedanken mehr an den Knoten unter meiner Haut verschwendet. Das hier ist eine Bagatelle. Ich gehöre hier nicht her. Warum passiert denn nichts?
    Endlich ging eine Tür auf, und eine mollige Krankenschwester in weißem Kittel erschien. Sämtliche Blicke richteten sichauf sie. Die Krankenschwester nickte dem blassen Mann zu, der sich erhob und hineinging.
    Lena sah ärgerlich auf die Uhr. Sie hätte schon vor zwanzig Minuten dran sein sollen. Und trotzdem wurden noch Leute vor ihr aufgerufen?
    Weitere zehn Minuten schlichen dahin. Sie überlegte, aufzustehen und zu fragen, was los sei, als die mollige Schwester erneut in der Tür erschien und Lenas Namen aufrief.
    Der Arzt war ein unrasierter Mann mit runder Brille und Igelschnitt. Seine Stimme war weich, und sein Mund strahlte Mitgefühl aus, wenn er sprach.
    Lena betrachtete die Situation von irgendwo tief in ihrem Inneren.
    »Ist alles okay mit Ihnen?«, fragte der Arzt. »Möchten Sie etwas trinken oder …«
    Lena blinzelte und kämpfte darum, in die Realität zurückzukommen. »Nein, danke.«
    Die mollige Krankenschwester hockte sich neben Lena, die beide Augen schloss und ihre Stimme von weit her hörte:
    »Es ist natürlich ein Schock. Aber dass man Sie so schnell zur Strahlenbehandlung schickt, müssen Sie positiv deuten. Das bedeutet, dass Sie ein niedriges Streurisiko haben. In der Situation, in der Sie jetzt sind, ist es wichtig, dass Sie nach allem Positiven greifen und sich mehr darauf konzentrieren als auf das Negative. Ich weiß, das klingt leichter gesagt als getan. Aber Ihre Prognose ist sehr gut, wie der Arzt schon gesagt hat.«
    Eine Tür klappte, und Lena öffnete die Augen.
    Der Arzt war gegangen. Dieser Scheißkerl war abgehauen! Was war das denn für ein Arzt? Leuten erzählen, dass sie Brustkrebs haben, und dann einfach rausgehen?
    Lena stand auf. Ihr wurde schwindelig, aber sie fing sich wieder.
    Die Krankenschwester hielt ihre Hand. Sie sahen sich in die Augen.
    »Ich habe keine Zeit«, sagte Lena.
    »Wozu haben Sie keine Zeit?«
    »Für das hier. Ich habe einen anstrengenden Job.«
    »Krankheiten kommen nie zum rechten Zeitpunkt«, sagte die Frau verständnisvoll. »Aber von jetzt an wird es gut sein, wenn der Job und andere Dinge mal an zweite Stelle treten. Das Wichtigste ist jetzt, gesund zu werden.«
    »Zu überleben?«
    »Gesund zu werden«, sagte die Krankenschwester und reichte ihr einen Stapel Papiere. »Alles ist neu, Lena, es wird vieles geben, was Sie nicht verstehen oder wonach Sie fragen möchten. Die Fragen melden sich, wenn Sie ein bisschen zur Ruhe kommen. Viele Antworten ergeben sich, wenn Sie dieses Material

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