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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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lauschte auf ihren Atem, sah den Schatten an der Wand entlangtasten. Und schoss. Das Geräusch musste in diesem Bombenschutzraum wie eine Explosion geklungenhaben, ein langes Nachhallen von Echos. Er hörte sie nicht fallen.
    Der Mann hatte Nina erschossen, bevor sie die Tür aufdrücken konnte. Er hatte sie mit derselben Waffe getötet, mit der er dann auch Stig Eriksen erschoss. Also war er ein Mensch, der sich nach einem Mord nicht der Tatwaffe entledigte. Warum nicht? Was sagte das über ihn aus?
    Ein Mann, der seine eigene Waffe verehrte, hatte etwas Militärisches an sich. Die Killer auf der Straße handelten anders. Sie erschossen ihr Opfer mit einer gestohlenen Waffe und warfen sie danach sofort weg.
    Gunnarstranda ging zu der Treppe, die zum Tunnel hinunter führte. Ein T-Bahnzug rauschte vorbei. Er versuchte, sich die Szene vorzustellen. Nina tastet sich in der Dunkelheit vor, die Treppe hinauf und auf den Notausgang zu. Der Mann rennt hinter ihr her, hebt die Waffe und schießt. Nachdem Nina fällt, befindet sich der Mann in einem Dilemma: soll er die Tote liegen lassen und zur Tür hinaus laufen, oder …?
    Wenn man die Leiche dort drinnen fände – erschossen –, dann würde die Polizei sofort die Fahndung nach einem Mörder einleiten und alle Überwachungskameras der T-Bahn überprüfen. Und er ist sich nicht sicher, ob die Überwachungskameras sein Gesicht eingefangen haben. Deshalb beschließt er, die Leiche zu verstecken. Das musste sein Ziel gewesen sein. Die Tote zunächst zu verbergen und danach den Tatort zu verlassen. Doch dann wurde das Licht wieder eingeschaltet.
    Gunnarstranda sah es vor sich: Der Mann, der über der Toten thront und plötzlich sich selbst und das Opfer in Licht gebadet sieht.
    Neue Situation: Er musste begriffen haben, was passiert war. Ein Alarm war ausgelöst worden und die Suchmannschaften waren unterwegs. Wieder ein Argument dafür, den Ort zu verlassen. Aber nein. Der Mann behält einen kühlen Kopf und hältsich an seinen Plan, versteckt die Leiche unter dem Lüftungsrohr, reißt das Stromkabel herunter und löst damit im Bombenschutzraum einen Kurzschluss aus. Im Dunkeln schiebt er sich unter das breite Lüftungsrohr und zieht die Leiter hoch, um sich dahinter zu verbergen.
    Er hat still dagelegen und die Suchmannschaften kommen hören. Er hat dort gelegen und die Lichtstrahlen ihrer Stirnlampen die Wände entlangschweifen sehen. Er hat belauscht, was sie gesagt haben, und gewartet, bis er wieder allein war. Dann hat er erkannt, wie er sein Problem ein für alle Mal loswerden konnte: indem er die Leiche vor den nächsten Zug warf. Der perfekte Mord – fast. Er wusste nicht, oder er dachte nicht daran, dass die Tür des Notausgangs einen Alarm auslösen würde, der ihn verriet. Jedenfalls war der Täter ein selbstsicherer, gefühlskalter Mensch ohne Mitgefühl für sein Opfer, jemand, der sich in keiner Weise durch Zweifel oder Schuldgefühle stören ließ. Ein Psychopath.
    Gunnarstranda ging in die Hocke und betrachtete den rostroten Fleck. Hier drinnen kam er nicht weiter.
8
    Um zehn vor zog sich Lena ihre Uniform an. Da hatte sie schon dreimal versucht, einen Spickzettel zu schreiben. Es war wichtig zu wissen, was man sagen wollte, nicht zu stottern und zu stammeln. Dann ging sie zu Rindal hinein, der guter Laune zu sein schien. Seine Hemdbrust beulte sich wie bei einer Schwalbe, er sah mit einem Lächeln an sich selbst hinunter und boxte ab und zu in die Luft, damit die Manschettenknöpfe aus dem Jackenärmel kamen und ins rechte Licht gerückt wurden.
    »Wo ist die Jacke?«, fragte er.
    »Meine Mutter sagt, dass mir blau besser steht als schwarz«, sagte Lena und bürstete sich ein paar Haarsträhnen von der Uniformbluse. »Die Farbe passt zum Lidschatten.«
    Rindal setzte wieder ein Lächeln auf. »Was du nicht sagst«, sagte er kurz. »Und du erzählst nichts, was du nicht auch beweisen kannst.«
    Seite an Seite gingen sie den Korridor entlang. Ihre Absätze klapperten über den Boden.
    Wie im Fernsehen, dachte Lena und warf einen Blick auf ihr Spiegelbild in der Glasscheibe neben einer Bürotür. Sie zerzauste sich das Haar und überprüfte es noch einmal, schließlich war sie zufrieden.
    Sie gingen die Treppe hinunter. Sobald sie in den Korridor einbogen, blitzten ihnen die Kameras entgegen.
    Es war brechend voll.
    Lena arbeitete sich zu dem Tisch mit den Mikrophonen durch. Sie ließ einen Blick über die Versammlung schweifen. Steffen war nicht zu

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