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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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hätte er gerade einen starken Durst mit einem großen Glas Wasser gestillt.
    »Hayden?«
    »Mmm?«
    »Warum hast du geweint?«
    »Ich brauche was zu essen.«
    »Hayden?«
    »Du wolltest doch für mich kochen, oder? Du hast sogar das alte Kochbuch deiner Mutter mitgebracht. Du hast noch nie für mich gekocht. Ich mag erste Male.«
    »Das könnte sich in diesem Fall schnell ändern.« Ich stand auf und band mir die ebenfalls mitgebrachte Schürze um. Ich trug ein hellgraues, ärmelloses Kleid, das ich erst an diesem Morgen an einem Marktstand erstanden hatte und das ich mir nicht gleich durch einen Fleck ruinieren wollte. »Es gibt Seebarsch mit allerlei Gewürzen, die ich leider zu kaufen vergessen habe, so dass wir ohne auskommen müssen, und dazu
Reis. Einverstanden? Möchtest du wirklich nicht darüber reden?«
    »Viel lieber möchte ich etwas zu essen. Ich habe einen Mordshunger.«

Danach
    Das Telefon hörte gar nicht mehr zu klingeln auf. In meinen Träumen war es Glockengeläut. Ich versuchte gerade, einen Hügel zu erklimmen, auf dem eine kleine graue Kirche stand, konnte mich aber kaum bewegen. Plötzlich begriff ich, dass ich ein Hochzeitskleid trug, allerdings eines, das an mehreren Stellen zerrissen und mit Schlamm bedeckt war und mir außerdem nicht mal richtig passte. Ich wollte unbedingt zu Hayden, der mit klatschnassem Haar und einem abgewetzten Läufer um die Schultern neben der Kirchentür stand und mir entgegenlächelte. Zumindest sah es aus der Ferne so aus, vielleicht schnitt er in Wirklichkeit nur eine Grimasse. Doch wie sehr ich mich auch bemühte, ich konnte einfach nicht zu ihm gelangen. Meine Beine waren schwer wie Blei. Währenddessen läuteten die Kirchenglocken immer lauter und eindringlicher, bis ich schließlich hochschreckte. Benommen richtete ich mich auf und streckte die Hand nach dem Telefon aus, das ich in der Dunkelheit nicht gleich zu fassen bekam. Immer noch halb in meinem Traum gefangen, wusste ich nur vage, wo ich mich befand und wer ich war. Schließlich wurde ich doch fündig und griff nach dem Hörer, doch das Klingeln hörte nicht auf. Langsam dämmerte mir, dass es gar nicht das Telefon war, sondern die Türklingel.
    Ich kroch aus dem Bett, stolperte zur Haustür und öffnete sie einen Spalt. Das alles kam mir so unwirklich vor. Auch das Gesicht von Neal, der durch den Türspalt zu mir hereinspähte, erschien mir unwirklich, wie ein Gesicht aus einer fernen Vergangenheit.

    »Wir müssen reden«, sagte er.
    »Wie spät ist es?« Ich fühlte mich wie nach einem Langstreckenflug. Womöglich hatte ich viele Stunden geschlafen und der nächste Tag längst begonnen  – aber draußen war es dunkel, soweit man das in London überhaupt so nennen konnte.
    »Keine Ahnung. Lass mich rein.«
    Als ich die Tür ganz aufmachte und zur Seite trat, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich nur ein altes Unterhemd und einen Slip trug.
    »Warte hier.« Mit diesen Worten ließ ich ihn in der Küche stehen und ging in mein Schlafzimmer, wo ich in eine abgetragene Jogginghose und ein altes Oberteil schlüpfte.
    »Ich musste dich unbedingt sehen«, erklärte Neal, als ich in die Küche zurückkehrte und ihm gegenüber Platz nahm.
    »Du hast mich doch erst vorhin gesehen. Erinnerst du dich?«
    »Ich habe nachgedacht.«
    »Du hättest lieber schlafen sollen.«
    »Ich habe ja geschlafen, aber dann bin ich plötzlich mit einem Ruck hochgeschreckt. Passiert dir das auch manchmal?«
    »Ja.«
    »Da wusste ich es plötzlich.«
    »Was denn? Moment.« Ich stand auf und öffnete den Kühlschrank. »Ich brauche erst mal irgendwas Beruhigendes.« Ich nahm einen Karton Milch heraus. »Möchtest du eine heiße Schokolade?«
    »Nein.«
    »Whisky?«
    »Nein. Ich muss einen klaren Kopf behalten. Und du auch.«
    Ich goss die Milch in eine Tasse und trank sie kalt. »So, nun geht es mir schon besser«, verkündete ich. »Also, warum brauche ich einen klaren Kopf?«
    »Schau dir das an.« Er reichte mir ein Blatt Papier. »Erklär mir das bitte.«

    Ich warf einen Blick darauf. »Träume ich noch, oder haben wir das nicht schon gemacht?«
    »Nun komm schon, sieh es dir an«, drängte er mich.
    »Das ist Sonias Liste.«
    »Ich möchte wissen, ob unsere Erinnerung wirklich übereinstimmt.«
    »Da gibt es doch eigentlich gar nichts zu deuten. Sonia hat bloß viel mehr aufgeschrieben als ich, weil ihr Gehirn größer ist als meines. Aber damit habe ich kein Problem. Mein Problem ist eher, dass du mich mitten in der

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