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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Nacht aus dem Bett klingelst, um das alles noch mal durchzugehen. Weil ich nämlich müde bin, Neal  – todmüde.«
    Neal, der beide Ellbogen auf die Tischplatte gestützt hatte, lehnte sich vor und rieb sich mit einer Hand über den Kopf, als hätte er tief in seinem Gehirn eine juckende Stelle, an die er nicht herankam.
    »Was ist mit den beiden Skulpturen?«
    »Ich kann mich dunkel an sie erinnern«, antwortete ich.
    »Trotzdem standen sie nicht auf deiner Liste. Schau.« Er beugte sich hinunter, zog das Blatt aus der Leinentasche, die er mitgebracht hatte, und winkte mir damit, als müsste er mich erst auf sich aufmerksam machen.
    »Inzwischen erinnere ich mich wieder«, erklärte ich, »aber als ich versucht habe, mir den Raum ins Gedächtnis zu rufen, sind mir die Skulpturen nicht eingefallen. Es wundert mich wirklich, dass ich überhaupt so viel zusammenbekommen habe. Worauf willst du hinaus?«
    »Beschreib mir die Skulpturen«, forderte Neal mich auf.
    Ich warf noch einmal einen Blick auf die Liste und versuchte mich zu konzentrieren.
    »Eine von beiden war so ein abstraktes Ding aus grauem Metall. Es sah aus wie zwei Figuren mit irgendwas drüber, einer Wolke oder einem Schirm.«
    »Und die andere?«

    Wieder studierte ich einen Moment Sonias Liste. An die zweite konnte ich mich nicht so gut erinnern, auch wenn ich irgendein vertrautes Bild im Hinterkopf hatte.
    »Das war so eine Art grob gemeißelte Vase, oder? Aus Bronze? Sie schimmerte leicht grünlich, wie man es oft bei antiken Metallstatuen sieht. Ich sage es ja nur ungern, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie brustartige Wölbungen aufwies. Ich vermute mal, ihre Form sollte an den weiblichen Körper erinnern.«
    »Eine sehr genaue Beschreibung«, stellte Neal fest. »Warum hast du das Ding dann nicht auf deine Liste gesetzt?«
    »Das habe ich dir doch gesagt«, antwortete ich. »Weil es mir damit ging wie mit der anderen Skulptur. Ich habe einfach nicht mehr daran gedacht.«
    Neal nickte mehrmals nachdenklich. Während ich ihn verwundert anstarrte, fragte ich mich, ob er jetzt endgültig verrückt geworden war. Seine Augen glitzerten plötzlich ganz seltsam, als könnte er sich vor Aufregung kaum noch beherrschen.
    »Es ist dir damit keineswegs so gegangen wie mit der anderen Skulptur«, erklärte er.
    »Wie meinst du das?«
    »Die erste Skulptur hast du nicht aufgeschrieben, weil du sie vergessen hattest.«
    »Ja, genau.«
    »An die zweite hast du deswegen nicht gedacht, weil sie nicht da war.«
    Ich starrte auf Sonias Liste, ihre ordentliche, energische Handschrift. Was Neal sagte, ergab für mich keinen Sinn.
    »Was soll das heißen, sie war nicht da? Woher willst du das wissen? Natürlich war sie da! Sonia hat sie doch auf ihrer Liste stehen, und ich erinnere mich jetzt auch wieder daran, zumindest mehr oder weniger. Ich habe sie dir gerade beschrieben. Geht es dir nicht gut?«

    Neal beugte sich ein weiteres Mal hinunter und öffnete die Tasche zu seinen Füßen. Vorsichtig holte er einen sperrigen Gegenstand heraus und stellte ihn auf den Tisch.
    »Sie war nicht da«, antwortete er, »weil sie nämlich hier ist.«
    »Hier?«, fragte ich verblüfft.
    »Sieh sie dir an.«
    Ich tat, wir mir geheißen. Eine Vase, die einem Frauenkörper nachempfunden war. Ich fand das Ding richtig scheußlich. Nie im Leben hätte ich da Blumen reingetan.
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich langsam, weil mir meine Zunge plötzlich seltsam dick vorkam, so dass ich Schwierigkeiten hatte, die Worte zu formen. »Ich verstehe nicht, was du mir damit sagen willst.«
    »Ich habe sie mitgenommen.«
    Das hatte ich mittlerweile kapiert. Schließlich stand die Vase direkt vor meinen Augen. Die Vase mit den Titten.
    »Warum? Wieso ist sie hier?«
    »Die Frage muss anders lauten  – nicht wieso, sondern seit wann .«
    »Seit wann?«, wiederholte ich gehorsam, obwohl ich noch immer nicht begriff, warum das die richtige Frage war.
    »Seit jenem Abend, Bonnie  – seit dem einundzwanzigsten August, dem Tag, an dem Hayden ermordet wurde. Ich habe sie mitgenommen, weil ich vermutete, dass es sich dabei um die Mordwaffe handeln könnte. Sie lag auf dem Boden, mitten in der Blutlache. Das Ding hat so einen komischen Griff. Deswegen dachte ich, dass vielleicht jemand  – besser gesagt, du, Bonnie  – während eines Streits danach gegriffen hatte und dann im Affekt zuschlug, ihn am Kopf traf und auf diese Weise tötete.« Er sah mich an. »Mir ist klar, dass du dich

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