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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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    In diesem Augenblick war ich so dicht wie nie an der Wahrheit und dennoch habe ich sie verworfen. Hätte ich, wenn ich nicht misstrauisch gegen El Arab gewesen wäre, gemeinsam mit ihm es vermocht, dich zu retten? Nein, du selbst, mein Rignaldo, warst von deiner Schuld so überzeugt, dass dich niemand hätte retten können. Es wäre dir nur möglich gewesen, die ungerechte Mordanklage gegen dich abzuwenden, wenn du dich zu jener anderen Tat bekannt hättest, was du aus Rücksicht gegen deine Geschwister, Peppino und mich, aber nicht wagtest. So bist du als unerkannter Held gestorben und dies nämlich ist besonders verdienstvoll. Ich sollte dir dafür dankbar sein, in Wahrheit aber schelte ich dich als dummen Burschen, denn du hättest wissen sollen, dass nicht der Heldentod das Höchste ist, das jemand für den nächsten tun kann, sondern die Treue, die sich darin ausdrückt, nicht aus dem Leben zu fliehen.
    Nach deiner Hinrichtung versuchte der langsame Gisbert, mich zu vergiften. El Arab konnte mich zwar retten, den Urheber des Anschlages aber nicht entlarven. Dies besorgte der langsame Gisbert glücklicherweise selbst, als er mich ein zweites Mal angriff. Konrad war nicht derart verderbt, dass er meinen Tod wollte, so dass er, als er von dem bösen Ansinnen seines Dieners hörte, diesen El Arab auslieferte. Dergestalt erfuhren wir nicht nur, wie sich das Ganze zugetragen hatte, sondern auch, dass eure Verschneidung nichts als ein fauler Zauber gewesen war. Darum, mein lieber Bruder, nenne ich dich einen dummen Burschen.
    Ich werde El Arab so wenig wiedersehen wie dich oder die hohe Herrin. Ich hoffe, du verzeihst mir, wenn ich dir sage, dass ich El Arab trotz und vielleicht sogar gerade wegen all seiner Fehler über alle Maßen schätze und gar traurig bin, ihm nicht folgen zu dürfen. Geirrt hat sich mein Herz aber bezüglich Konrads, der mir dich und auch Magdalena nahm. Sein Rachedurst ist unchristlich. Sein Versuch, den seinem Schutze anempfohlenen Gast auszuplündern, ist überaus verabscheuungswürdig. Allerdings machte er mir das wertvollste Geschenk, obzwar gegen meinen Willen, und das ist Johannes, mein Sohn, in welchem auch du, lieber Bruder, fortlebst.
    Magdalena aber wird in unserem Gedächtnis bewahrt. Sie ist, wie du, gestorben, weil sie nicht wahrhaben wollte, dass wir Menschen schwach und fehlbar sind. Sie hat sich ihre Sünden nicht verzeihen, wie Gott es tut, sondern sich mit dem Tode abgefunden, wo es doch leicht gewesen wäre, am Leben zu bleiben. So leben wir, die wir bereit sind, unsere Sünden zu ertragen, während wir unsere Toten bewundern, die freiwillig für ihre Sünden litten. Einander aber sollen wir uns die Sünden vergeben gemäß dem Schriftworte: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Wen nämlich die göttliche Gerechtigkeit nicht retten kann, den rettet Abaelard zufolge die Barmherzigkeit Gottes. Denn der Böse handelt nicht Kraft eigener Machtvollkommenheit, sondern bloß aus Mangel an Gutem. Lebwohl, Rignaldo, mein geliebter Bruder.«

Beerdigt wurde Magdalena auf dem Klosterfriedhof der Minoriten. Dies geschah, sehr zur Verwunderung seiner Mitbrüder, auf Wunsch von Pater Bueno. Pater Bueno hielt sein Schweigegelübde strikt ein, jedoch brachte er die Absolution auf Pergament, damit es auf ihrem Grabe angebracht werden konnte: »Ich, Bueno von Palermo, in Demut Diener aller minderen Brüder, spreche Magdalena von Köln, für deren Schmähung mich der Herr dereinst strafe, kraft meines Amtes und der Vollmacht des allmächtigen Gottes und aller Heiligen los von jedweder Sünde.«
    In den nächsten Wochen fand Pater Bueno seine verdiente Ruhe. Seine Brüder gaben ihm das letzte Geleit, ohne ein Wort zu sagen, völlig stumm, so wie er es sich gewünscht hatte.
    Da der Tag von Magdalenas Verbrennung ein Mittwoch gewesen war, versammeln wir uns jeden Mittwoch zur Vesper um ihr Grab, um dort nicht für sie zu beten, denn wir sind uns ihrer Heiligkeit gewiss, sondern dafür, dass sie auf uns mit Gnade schauen und uns unsere Schwäche, sie nicht gerettet zu haben, verzeihen möge. Dann sprechen wir am Grabe die heiligen Texte, die von Magdalena auf uns gekommen sind.
    Alle kommen ganz in Weiß, außer mir, denn ich trage ein rotes Gewand. Alle tragen eine Fackel, außer mir, denn ich trage das Kreuz. Alle sind stumm, außer mir, denn ich summe den Ton, den Magdalena einst gesummt hatte. Alle stimmen in das Summen ein, erheben die Fackeln und rücken dicht

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