Die Konkubine des Erzbischofs
seinen Rock. Energisch hielt Ibrahim ihn zurück, damit er nicht Schaden nähme. Wie angewurzelt stand ich, wo ich gestanden hatte, und beobachtete El Arabs zusammengesunkene Gestalt. Wäre er nur ein wenig früher angekommen, hätte er um ihr Leben kämpfen können! So ungerecht war das Schicksal. Martin kam auf mich zu, nahm mich am Arm und führte mich zu El Arab.
El Arab erhob sich mühsam.
»Wir müssen zurück«, sagte er zu Ibrahim. »Hier gibt es nichts mehr zu tun für uns.«
»Oh doch«, wandte ich weinend ein. »Magdalena hat mir vor ihrem Tode aufgetragen, an ihre Stelle zu treten, sowohl was die Leitung des weißen Hauses betrifft als auch ihre Stellung als Königin. Dieses Versprechen habe ich nicht vergessen, wie auch alles andere nicht, das sie mir aufgetragen hat, so dass ich mich demütig Euch als Eure Magd anbiete.«
»Sie meinte nicht mich, meine Tochter«, sagte El Arab knapp und stieg aufs Pferd, »sondern den Erzbischof.«
»Aber der ist kein Mann mehr«, entgegnete ich verständnislos, denn ich erinnerte mich noch genau an Magdalenas Worte. Es verhielt sich wohl eher so, dass El Arab mich nicht mit sich ziehen lassen wollte. Sein Gesicht war aschfahl geworden und mir schien es, als drängte es ihn, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.
»Da irrst du dich«, antwortete El Arab dennoch. »Du erinnerst dich an die üble Sache mit den schwarzen Messen, die deine Brüder und der Hufschmied gefeiert haben sollen?«
»Ja, Herr«, antwortete ich, »immer wenn ich am Grabe meines Bruders Rignaldo stehe und bete, frage ich mich, was es damit auf sich gehabt haben könnte.«
»Sie haben sich nicht getraut, dem abergläubischen Narren Konrad die Baidh zu zerquetschen.« El Arabs unangemessen derbe Ausdrucksweise zeigte mir, dass er sich im Geiste schon weit weg bei seinem Heer wähnte. »Stattdessen haben sie Hexersabbat gefeiert. Aber der törichte Gaul war so abergläubisch, dass er, nachdem ihm die Hexerei hintertragen worden war, seinen Gänzlöffel nicht mehr erhärten konnte!«
»Und wie ist Euch das offenbar geworden, Herr?« Da ich mit meiner Trauer nicht allein sein wollte, hoffte ich, El Arab durch meine Fragen zum Verweilen bewegen zu können.
»Den Beweis, dass die Hexerei, die der Hufschmied mit Rignaldo und Peppino veranstaltet hat, nicht einer Verschneidung gleichkam, erhielt ich erst jüngst vom langsamen Gisbert«, berichtete El Arab weiter. »Ich habe ihm dafür übrigens die Freiheit geschenkt. Und dies ist, was er mir kundtat: Er wachte einst, nach seiner Flucht aus dem Hause Magdalenas, am Bette von Konrad und beobachtete, wie dessen Werkzeug sich im Schlafe erhob.« Jetzt nahm El Arab kurz die Maske des Forschers, die ich kannte, und erklärte mir: »Das nämlich solltest du wissen: Wenn sich das Werkzeug des Mannes in der Nacht erheben kann, während das Denken ruht und nur die Säfte des Körpers obwalten, so dass das Denken ihnen nicht in die Quere kommt, dann ist die Impotenz dem Denken geschuldet und nicht dem Unvermögen des Körpers.«
»Mein Bruder ist gestorben einer Dummheit wegen!«, hauchte ich, kaum meiner Stimme mächtig. War es nicht genug, dass ich heute Magdalena verloren hatte? Sollte nun auch noch die Trauer um meinen Bruder Rignaldo erneuert werden? Der Herr meinte es nicht gut mit mir an jenem Tag.
»Wegen eines Aberglaubens und Aberglauben ist immerhin eine Gotteslästerung.«
»Sollen wir Konrad von seinen Qualen erlösen und es ihm sagen?«, fragte ich.
»Nein«, sagte El Arab und stieg wieder vom Pferde. Würde er also bleiben und mir beistehen? »Er ist deiner Liebe so wenig würdig wie der Manneskraft.«
»Er sei meiner Liebe nicht würdig, und doch ratet Ihr mir, mich mit ihm zu verbinden? Herr, wollt Ihr Euch über mich lustig machen, während es doch angemessen wäre zu trauern?«, wies ich El Arab zurecht.
»Magdalena hat viel erduldet«, sagte er, scheinbar ohne Zusammenhang, und legte mir die Hand auf die Schulter. »Viel erdulden müssen an seiner Seite. Es hat nicht anders kommen können, als dass sie stirbt, weil sie heilig sein wollte und sich ihre Sünden nicht verzeihen konnte, ebenso wie dein Bruder.«
»Herr«, antwortete ich ernst. »Eure Rede ist dunkel. Was wollt Ihr mir sagen?«
El Arab antwortete nicht.
Also versuchte ich mit einer anderen Frage, seinen Wegritt hinauszuzögern. »Der langsame Gisbert hat versucht, mich zu vergiften, weil er dachte, er handele im Sinne des Erzbischofs. Dem war aber nicht so,
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