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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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schlug ihm auf die Schulter, so dass ich nicht wusste, ob es ihm wahrhaft leid tat.
    »Herr, was sagt Ihr?« Gleichwohl wollte ich wissen, was nun geschehen war.
    »Wir wurden verraten von stinkenden Hunden und gerieten in einen dreckigen Hinterhalt«, erzählte El Arab voll Begeisterung und mit Glühen in den Augen. »Ich wollte mich, um mein teures Heer zu retten, in ihre verdammte Hand geben, aber die Meinen hinderten mich mit Waffengewalt. So gelang es mir, mit den treuesten der Meinen wie dem Ibrahim hier, den Kessel der niederträchtigen Feinde zu durchbrechen, während sich der Rest des Heeres in die Hand eben dieser Feinde ergab und, da ich mich nicht mehr darunter befand, auf wundersame Weise Gnade erfuhr.«
    »Das Buch«, wollte ich weiter wissen, »hat es Euch nicht recht geleitet, wie Ihr erwartet habt?«
    El Arab spuckte verächtlich aus: »Die Leute sind eingeschlafen, wenn sie es lesen sollten. Lesende Menschen kämpfen nicht und kämpfende Menschen lesen nicht. Es ist ein Jammer.«
    »Ein Jammer«, bestätigte Ibrahim und lachte.
    Ich aber war noch nicht zufrieden mit der Erklärung der Niederlage: »Und die Menschen, die verfolgt, geknechtet und gepeinigt werden, sind sie Euch nicht gefolgt? Haben sie sich Eurem Kreuzzuge nicht angeschlossen?«
    »Sie haben es nicht besser verdient«, sagte El Arab mit Abscheu im Gesicht. »Sie sind wie die Kühe und lassen sich lieber schlachten, als sich zu wehren. Sie sind es nicht wert, für sie zu sterben.«
    »Nein, sie sind es nicht wert, für sie zu sterben. Wir leben lieber«, bestätigte Ibrahim und lachte.
    »Und Euer Zeichen, den Davidstern mit dem Kreuz und dem Halbmond, Ihr tragt es nicht!«, rief ich, da mich die Gleichgültigkeit der beiden zu überwältigen drohte.
    Ibrahim zog ein zerkratztes und verschmutztes Zeichen aus seinem Rocke, die Kette war zerrissen.
    El Arab sagte: »Wir tragen es nicht, denn es bringt uns nur, verdammt, Ärger ein, wo wir auch auftauchen. Aber im Herzen tragen wir es.«
    Ja, so kannte ich ihn. Jetzt war es der El Arab, dem ich vertraute.
    Später offenbarte mir El Arab, dass er gekommen war, um mir anzubieten, meinen Sohn Johannes als seinen Schüler mit auf Wanderschaft zu nehmen: Er wollte ihm die Heilkunst und die Theologie beibringen. Schweren Herzens, aber lichten Geistes übergab ich ihm Johannes, meinen Sohn, da ich wusste, dass er keine bessere Ausbildung genießen könnte, gerade deshalb weil El Arab nicht ohne Fehl war.

E P I L O G

    Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1274 sah ich meinen Sohn Johannes wieder. Der Sultan hatte 1272 das Zeitliche gesegnet und Johannes machte sich, nun im Alter von 22 Jahren, auf den Weg, um mich, Hadwig, seine Mutter, in Köln zu besuchen, nachdem er zusammen mit seinem hochverehrten Lehrmeister kreuz und quer durch alle Welt gezogen war.
    Von seinem verehrten Lehrer zutiefst gebilligt war Johannes inzwischen Dominikaner geworden, trotz der fortgesetzten, vernunftwidrigen Beteiligung des Predigerordens am gottlosen Wüten der unheiligen Inquisition gegen fromme Menschen. Obgleich er seinem Lehrer zuliebe geplant hatte, zum Glauben des Propheten überzutreten, riet ihm jener, dass er, wie er es selbst, Buddha folgend, angeblich gehalten habe, beim Glauben seiner Väter bleiben möge, weil es letztendlich keine vernunftgeleitete Entscheidung für eine der Glaubensrichtungen gäbe. So lebten sie nach eigenem Gutdünken handelnd und nichts anderem als ihrem Denken gehorchend.
    Auch haben sie den Weg mitverfolgt, den Bruder Thomas eingeschlagen hatte. Und mancher Disputation in Paris haben sie beigewohnt, um den aufrührerischen Magister zu hören, der zwar weniger handgreiflich, dafür aber umso redegewandter geworden war und argwöhnisch von franziskanischen Kirchenkreisen beäugt wurde. Johannes pries mir die von Bruder Thomas 1259 verfasste »Summa contra gentiles« als das Buch an, das fürwahr das Buch des Abaelard in der Führung beim Kampfe um das ewige Königreich abzulösen in der Lage sei. Der Aquinate, von dem jetzo, kurz nach seinem Tode, noch nicht feststeht, ob man seine Lehre als ketzerisch verurteilen wird, habe, so Averom, die »törichte Selbsttäuschung von Avicenna, Abaelard und Maimonides überwunden, mit der Vernunft den wahren Glauben finden zu können«, und sei derart »zurückgekehrt zu der mongolischen Weisheit«.
    Averom hat nach seiner militärischen Niederlage im Kampfe um sein Königreich das Streben nach Macht vollständig aufgegeben, um sich ganz

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