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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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den es vielleicht gar nicht gab?
    Nein, der Herr hatte nicht bedacht, dass ich nur eine einfache Magd war, als er mir diese ungeheuren Rätsel aufgab. Sicherlich, einst hatte ich die Klosterschule besucht, um, wie es mein Vater wünschte, Äbtissin werden zu können, so dass ich die Grundlagen der Gelehrsamkeit durchaus kannte.
    Hatte es der Herr verhindert, dass ich Äbtissin werden konnte, weil mir die Keuschheit nicht leicht gefallen wäre, die ich als Nonne hätte geloben müssen? Aber lebte ich nicht jetzt auch keusch, nur mit dem Unterschiede, dass mir ein vergangener Makel sichtbar anhing?
    Ich dachte über das Gleichnis nach, das meine hohe Herrin mir erzählt hatte, die Geschichte von dem Abt, der die verliebte Nonne und den verliebten Mönch hatte zusammenkommen lassen, ohne dass sie ihren Dienst an Gott hatten aufgeben müssen. Es war eine ungeheuerliche Aussage. Es war ungeheuerlich, dass die Konkubine des Erzbischofs eine solche Geschichte zum Besten gab.
    Ich spürte dann, wie nah meine hohe Herrin und El Arab an die wahre Erkenntnis Gottes heranreichen mussten und wie sehr sie das in Gefahr brachte, weil die Menschen, die weiter von Gott entfernt waren, mit Neid und Missgunst darauf blickten. Dann verfolgten sie die Gottesfürchtigen und führten dabei den Namen Gottes im Munde, beschmutzten den Namen Gottes. O Gott, warum lässt du das zu? Warum lässt du zu, dass die deinen verdorben werden durch den Hass derjenigen, die gar nichts von dir verstehen?
    Auch ich verstehe nichts von dir, o mein Gott, denn ich verstehe nicht, wie du das zulassen kannst. Aber ich verstehe, dass es falsch ist, die Menschen, die dir näher sind, zu verfolgen. Ich brauche ein Zeichen von dir, mein Herr und Bruder, was ich nun tun soll. Ich werde mich ganz und gar in deine schützende Hand geben und nichts tun, bevor ich nicht dieses Zeichen von dir bekomme. So lange werde ich stillhalten und die Probleme nur in meinem Kopfe umherwälzen. Ich werde nicht handeln, ohne deine Zustimmung dazu einzuholen und ein deutliches Zeichen von dir zu haben, dass du einverstanden bist.
    Es musste, das wusste mein Herz, eine andere Lösung geben als die, die Schuld meines Bruders mit der Schuld von El Arab oder meiner Herrin zu vertauschen. Alle drei, die ich liebte, sollten unschuldig sein. Mit der schönen, gewissermaßen jedoch unglaubwürdigen Hoffnung, dass es ein gutes Ende nehmen werde, schlief ich ein.

K A P I T E L V I

    »Das ganze Leben des guten Christen ist ein heiliges Sehnen.«

    Augustinus

    Nach der glücklich verbrachten Nacht nahm meine hohe Herrin am helllichten Tage die Gestalt der Büßerin an: Sie ging trotz der Kälte barfuß und zog nur grobe Kleider an. Dass sie ihre vornehmen Kleider ablegte, unterstrich die Lieblichkeit ihrer Gestalt jedoch umso deutlicher. Vor allem aber ließ sie fortan keinen Bettler, weder vor der Kirche noch auf dem Markt noch an ihrer Tür, ohne die ihm aus christlicher Nächstenliebe geschuldeten Almosen stehen.
    Zu den Magdaleninnen aber sagte sie: »Glaubt nicht, dass ich die Sünden büße, von denen ihr meint, ich beginge sie . (die ich in Wirklichkeit nicht begehe). Auch die nicht, die ich stattdessen wirklich begehe. Vielmehr weiß ich, was ich Gott für das Glück schulde, das er mir gibt.
    Was aber die Keuschheit angeht, so sage ich euch: Die Hennen beschlossen eines Tages, dass ihre Eier zu wertvoll seien, um daraus Küken schlüpfen zu lassen, weil sie doch dem Menschen, der ein höheres Wesen ist, als sie selbst es sind, zur Nahrung dienen. Und so verweigerten sie sich den Hähnen. Alsdann brachten sie alle ihre Eier dem Menschen als Nahrung dar. Nachdem diese Generation keuscher Hennen gestorben war, hatte der Mensch keine Eier mehr.
    Unsere Aufgabe ist es aber, Gott zu dienen. Wir dienen ihm, indem wir seine Schöpfung und all ihre Natur heiligen, die in uns ist. Wie unkeusch ist es in Wahrheit, sich seiner Natur zu verweigern!«
    Mit bangem Herzen wagte ich, um das Versprechen einzulösen, das ich gegeben hatte, El Arab und meine Herrin anzusprechen und um die Heilung von Angelas Sohn Martin zu bitten. El Arab sagte, nachdem ich die Anzeichen aufgezählt hatte, dass der Junge an einer Krankheit litte, die in die Zuständigkeit von Magdalena fiele. Um die Heilung vorzunehmen, zog Magdalena an diesem kalten, aber schneefreien Wintertage mit ihren Anhängerinnen im Gefolge zum Berlich, wo sie als Heilige empfangen wurde.
    Die Magdaleninnen und alle anderen Schaulustigen

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