Die Konkubine des Erzbischofs
Unerträgliche Schuld!
Ich war selbstgefällig! Schande über mich!
Ich war überheblich! Unerträglich!
Schande über mich, der keine Demut kannte.
Sollte ich doch Demut lernen vor Gott!
Vor dem geringsten seiner Geschöpfe, vor dem Gewürme bin ich ein Zwerg! Oh, guter Gott, demütige mich! Bring mir die Demut bei!
Ich sah die anderen als Sünder und mich als Gerechten. Ich sah den Splitter im Auge des Nächsten und nicht den Balken in meinem eigenen Auge. Ich habe andere verdammt und mich für heilig gehalten.
Mich für heilig gehalten!
Welche Überheblichkeit!
Welcher Mangel an Demut!
Schande über mich!«
Wieder entstand eine Pause. Pater Bueno wischte sich zitternd die Tränen aus dem benetzten Gesichte. Leise und in sich gekehrt sagte er: »Guter Gott, dafür bestrafe mich, damit ich rein werde vor dir und dich schauen kann, wenn du mich zu dir rufst!
Kann ich noch Gnade von dir erwarten? Welche überreiche Gnade du hast, dass du mir verzeihen kannst!
Ich war wie die Schriftgelehrten, wie die Juden, die unser Herr aus dem Tempel gejagt hat. Ich war nicht besser als diejenigen, die ich für meine Feinde hielt, sondern schlechter. Ich habe nicht die andere Wange hingehalten, wie es unser Herr Jesus von uns verlangt, sondern ich habe zugeschlagen.
Zugeschlagen!
Gehasst!«
Über Pater Buenos Gesicht ergoss sich erneut ein Sturzbach salziger Tränen. Mit erstickender Stimme setzte er seine Predigt fort: »Geschlagen, wo der Herr mir Sanftmut befiehlt!
Gehasst, wo der Herr mir Liebe eingibt!
Das ist, als habe ich den Herrn geschlagen.
Das ist, als habe ich den Herrn gehasst.
Herr, gib mir die Liebe zu dir!
Geschlagen und gehasst habe ich: bis mir der Herr in seiner Gnade die Augen geöffnet hat.
O Herr, welche Gnade! Ich danke dem Herrn für seine überreiche Gnade.
Durch die Person hat er mir die Augen geöffnet, die ich am meisten verachtete, über die ich mich am höchsten erhoben habe – die hohe Frau Magdalena.
Dort steht sie! Verachtet habe ich dich. Verabscheut! Seht, Brüder, seht selbst: Sieht so eine Sünderin aus? Dürfen wir Gottes Geschöpf verachten? Nein!
Nein. Nein. Nein, das dürfen wir nicht.
Ich aber habe es getan. Das habe ich getan. Seht, das ist meine Sünde. Seht selbst!«
Pater Bueno wies auf Magdalena und sagte lange Zeit nichts. Leise sprach er schließlich weiter:
»So mag sie ihre Sünden tragen, aber ich muss meine tragen. Weil ich gedacht habe, sie sei schlecht und ich sei gut, hat mich der Herr belehrt. Wie gut es ist, vom Herrn belehrt zu werden, obwohl er das Recht hätte zu strafen!
So hat der Herr mich belehrt: Als meine allerliebste Nichte erkrankte, gab es keine Hilfe als die der Heilerin Magdalena. Ich flehte sie an, trotz all dem, was ich ihr angetan habe, der Kranken, die mir so überaus lieb und teuer ist, zu helfen, und sie hat geholfen. Welch christliche Barmherzigkeit! Diese christliche Nächstenliebe! Gott sei gepriesen.«
Nun erstrahlte die reinste Freude über das Antlitz des Greises, der zu schweben schien. Hell und klar tönte seine Stimme: »Gepriesen sei Gott. Gepriesen!
Danke Gott, danke für deine Heilung!
Ich kann nicht sagen, wie dankbar ich Magdalena dafür bin. Dankbar! Dankbar! Dankbar!
Aber wichtiger noch ist die Lehre, die der Herr mir damit erteilt hat: Er hat mir gezeigt, was wahre Nächstenliebe ist. Er hat mir gezeigt, was es heißt, sich hinwegzusetzen über die kleinlichen Streitigkeiten der Menschen, die die Quellen aller großen Übel unseres Jammertals sind, das wir bewohnen müssen, bis der Herr uns zu sich ruft.
Ich habe gesagt, dass ich meine Überzeugungen nicht geändert habe.
Nein, ich stehe zu Gott! Zu meinem Gotte!
Nein, ich widerrufe nichts! Nichts! Nichts!
Nein, ich bleibe meinem Gotte treu! Gott!
Wie also kann ich nun weiter fortfahren, nachdem ich die Lektion vom Herrn bekommen habe? Dies, liebe Brüder in Christo, ist mein Entschluss: Hier gelobe ich feierlich, nicht mehr zu sprechen nach dieser Messe, sondern mich zurückzuziehen ins Kloster, bis dass der Herr meine Zunge löst, um die Wahrheit zu verkünden, die ich noch nicht kenne.«
Pater Bueno hob die Hand zum feierlichen Schwure. Alle starrten gebannt auf seine erhobene Hand.
»Und nun bitte ich Magdalena, die Fürbitten zu sprechen, die sie frei wählen mag.«
Magdalena sprach die Fürbitten so schlicht und feierlich, dass alle ergriffen waren.
»Wir bitten dich, großer Gott, dass du Pater Bueno beschützen mögest und ihm die Kraft
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