Die Konkubine des Erzbischofs
ein Feind des Herrn offenbart.«
Dann aber wurde Magdalena zu einer frommen Frau gerufen, die unter Qualen ein Kind zur Welt bringen sollte. Es war Maria, die Tochter von Ingotrude, des reichen Tuchmachers Gregor Witwe, die ihre Tochter hatte enterben wollen, weil sie ihrem Mann treu blieb. Als Magdalena bei Maria angekommen war, war das Kind jedoch schon tot. Die Mutter und alle Verwandten klagten laut, nicht nur über den Tod selbst, sondern auch über das harte Schicksal des ungetauften Kindes, für das es keine Rettung gäbe.
»Euer Kind, Maria, liebste Schwester, ist unschuldig«, sagte Magdalena sehr sanft zu der klagenden Mutter.
»Gott hat ihm das Leben genommen für eine Schuld, die wir nicht verstehen. Mein armes Kind! O Gott, warum hast du ihm das angetan? Warum? Warum?«, jammerte Maria.
»Gott will nicht, Maria, dass wir sterben«, fuhrt Magdalena standhaft fort. »Sonst hätte er nicht seinen Sohn geopfert, um uns den neuen Bund anzubieten, der allen Menschen das ewige Leben verspricht.«
»Mein totes Kind konnte in den Bund nicht einstimmen, denn es starb vor der Taufe und nimmt also die erste Sünde mit ins Grab. Es wird die Strafe büßen müssen, die ihm gebührt. O wie grausam! Wie grausam ist doch dein Schicksal! Gott, warum hast du mir das angetan? Warum? Warum nur?«
»Euer Kind, Maria, hat keine Sünde begangen, also wird Gott, der gerecht ist, es nicht bestrafen. Es ist unschuldig und unschuldig gestorben. So steht geschrieben: Werdet wie die Kinder, und ihr werdet ins Himmelreich aufgenommen. Hätte der Herr uns dies gesagt, wenn er vorhätte, unschuldige Kinder dem Teufel zu überlassen? Nein, er hat dies gesagt, damit wir uns an der Unschuld der Kinder ein Vorbild nehmen, auf dass wir würdig werden, in sein Reich zu gelangen.«
»Oh, welches Unglück! Warum musste mein Kind sterben? Warum nur? Warum?«
»Gott will nicht, dass wir sterben«, wiederholte Magdalena. »Dies ist die Sünde der ersten Eltern, die wir büßen: nämlich dass eine beschädigte Natur auf uns gekommen ist, die zur Hinfälligkeit neigt. Und also hat Euer Kind die Buße schon getan, denn keine andere Buße kommt ihm zu, und es kann direkt in den Himmel zum Vater aufsteigen.«
Jetzt erst schien Magdalena zu der klagenden Frau durchgedrungen zu sein. Sie richtete sich von ihrem verwaisten Wochenbett auf und griff nach Magdalenas Hand:
»Seid Ihr sicher? Sollte es sein, dass es meinem toten Kinde gut ergeht? Ihr seid eine Heilige. Ihr müsst dies besser wissen als alle anderen. Ist es so, dass es ihm gut gehen wird?«
»Ja, so wahr wie die Tatsache, dass Gott im Himmel unser gütiger Vater ist, so wahr ist, dass er unschuldige Kinder nicht verderben kann.«
»Ist es möglich, dass Ihr es, obgleich ich untröstlich bin, dass mein Kind gestorben ist, bevor ich es kennenlernen konnte, vermögt, mich dennoch zu trösten?«
»Nicht ich tröste Euch, Maria, gute Frau, sondern das Vertrauen auf die Güte und Barmherzigkeit des einen Gottes, der für uns sorgt, ob wir wachen oder schlafen.«
»Ich bitte Euch, heilige Magdalena, dass Ihr mein Kind segnet, denn ich bin sicher, dass ich keinen Priester finden werde, der dies übernähme.«
Unverzüglich kam Magdalena der Bitte der unglücklichen Mutter nach und stellte sich vor den toten Leib des Kindes, das nach Gottes unerforschlichem Ratschlusse nie hatte leben sollen. Dann also sprach sie diese Worte:
»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes«, betete Magdalena. »In dir, namenloses und ungetauftes Kind, das du gestorben bist, bevor du zu leben begonnen hast, ist die Kraft all derer, die unschuldig und ungehört sterben. Es ist die Kraft, die Gott verleiht, nicht um den Tod zu vermeiden, sondern um ihn zu überwinden. Es ist die Kraft des neuen Bundes, der uns das Vertrauen gibt, dass wir leben werden, nachdem wir gestorben sind. Der uns das Vertrauen gibt, dass wir nur eine zeitliche Strafe für unsere Sünden büßen müssen, aber in Ewigkeit gerettet sind durch den Tod des Herrn selbst, der auferstanden ist.
Herr, wir bitten dich: Nimm dieses unschuldige Kind, das für unsere Sünden gestorben ist, in deine Hände und entlohne ihm, dass es, ohne selbst Schuld auf sich genommen zu haben, büßen musste.
Herr, wir bitten dich: Nimm dich unserer Seelen an, denn wir sind hilflos in diesem Jammertale und erwarten das Glück durch deine Gnade.
Herr, wir bitten dich: Lass uns standhaft sein im Glauben an dich und im Gehorsam dir gegenüber, auch
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