Die Konkubine
Tsinanfu fertig und der Telegrafen- und Fernmeldebetrieb in Kiautschou und Kaumi eingerichtet sein. In diesem Monat beginnen auch die Frühjahrsrennen des Tsingtau Polo-Club, und ich vermute, dass ich dann nicht mehr so oft Wache schieben muss, weil meine Fähigkeiten als Trompeter gebraucht werden. So, jetzt fällt mir aber nichts mehr ein.
Liebe Martha, grüß Deinen Mann, drücke meine Nichten und Neffen von mir und gib der Kleinsten einen Kuss. Ich freue mich schon auf die nächste Post aus der Heimat.
Konrad kam nicht dazu, den Brief zu unterschreiben. So lag er noch einige Zeit in seiner Stube, ehe er auf den langen Weg nach Berlin geschickt wurde. Der Grund für die Unterbrechung war, dass Major von Frobel, seit Januar Kommandeur des III. Seebataillons, den Gefreiten Gabriel zu sich zitierte. Sofort, ließ er ausrichten.
Konrad salutierte so zackig er konnte. Frobel war noch vergleichsweise jung und schneidig, zur Enttäuschung vieler Tsingtauer Damen jedoch bereits vergeben. Ob verlobt oder verheiratet, das wusste Konrad nicht genau. Es interessierte ihn auch nicht. Zumindest viel weniger als die Frage, was Frobel von ihm wollte.
Ihm wurde schnell klar, was das Gespräch sollte. Frobel wollte wissen, wie vertrauenswürdig er war. Der Major hatte ein Problem mit einem Soldaten, der ihm als Trompeter des III. Seebataillons unterstellt war, über den er aber nicht uneingeschränkt verfügen konnte. Denn er gehörte außerdem einer anderen Einheit an und arbeitete darüber hinaus mit diesem dubiosen Fauth zusammen. Frobel mochte keine unklaren Verhältnisse. Fauth hatte das Vertrauen des Gouverneurs. Die Stellung des Gefreiten Konrad Gabriel war nicht so gesichert. «Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass im Zusammenhang mit illegalen Waffengeschäften gegen Sie ermittelt worden ist», eröffnete er das Gespräch.
Konrad beschloss, sich auf eine Äußerung zu beschränken, die jedem einfachen Soldaten gut anstand und mit der er auch nichts falsch machen konnte. «Jawoll, Herr Major.»
«Die Ermittlungen sind eingestellt.»
Konrad salutierte.
«Es hat sich nichts Konkretes gegen Sie ergeben.»
«Jawoll, Herr Major.»
«Haben Sie nichts weiter dazu zu sagen?» Konrad entschied sich für ein Wort, das preußische Offiziere von Untergebenen nur ungern hörten. «Nein, Herr Major.»
«Also haben Sie der Marine völlig unnötigerweise Arbeit gemacht und die Kameraden von wichtigeren Aufgaben abgelenkt?»
Hoppla, jetzt wurde es schwierig. Was sollte das? Er hatte die Ermittlungen doch nicht angeordnet. Da wollte ihm jemand an den Karren fahren. Fragte sich nur, weshalb? Was wollte der Kommandeur von ihm? Aber Widerspruch kam nicht in Frage.
«Das ist wie in der Musik, Herr Major.»
Frobel war aus dem Konzept gebracht. «Wie in der Musik?»
«Jawoll, Herr Major. Ein winziger falscher Zungenschlag, und schon ist die Melodie hin. Auch wenn der Falschsinger von außen kommt – es leiden alle darunter.»
«Werden Sie nicht unverschämt, Gefreiter.»
Aha, Frobel hatte keinen Humor. Er grinste nicht einmal.
«Jawoll, Herr Major.»
«Ihnen ist doch klar, dass ich Sie gut im Auge behalten werde!»
Konrad salutierte.
«Was machen Sie denn so bei diesem Fauth?»
Also so lief der Hase. Er sollte petzen.
«Dies und das, Herr Major.»
Frobel brüllte los. «Was unterstehen Sie sich! Ihnen ist doch klar, dass solche Frechheiten Folgen haben können! Wenn ich eine Frage stelle, will ich eine klare Antwort.»
«Jawoll, Herr Major.»
«Und, was ist nun die Antwort?»
«Ich schreibe, Herr Major.»
«Zum Teufel, nun lassen Sie sich doch nicht jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen. Was schreiben Sie?»
«Abrechnungen, Herr Major.»
Der Kommandeur des III. Seebataillons war kein geduldiger Mann, hatte aber ein beachtliches Stimmvolumen, gut geschult, wie Konrad feststellte. Denn er brüllte noch lauter. «Ist Ihnen nicht klar, dass Sie mir zu antworten haben?»
«Doch, Herr Major.»
«Also, welche Abrechnungen, militärische?»
«Nein, Herr Major. Es geht nur um häusliche Belange Seiner Exzellenz.»
«So. Sie können ja doch mehr als zwei Worte hintereinander sprechen.» Frobel wurde wieder etwas leiser. «Und worum im Einzelnen?»
«Oh, um Einkäufe, Herr Major. Ich überprüfe die Abrechungen des Hausboys.»
«So, so. Haben Sie denn ein Beispiel, was hat dieser Boy vorgestern eingekauft?» «Verzeihung, Herr Major, das weiß ich nicht mehr.»
«Sie könnten also nachschauen?»
«Jawoll, Herr
Weitere Kostenlose Bücher