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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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und sie sagt sie laut – lässt sich aber selbst nichts sagen. Weil sie versprochen hat, in der Heimat nach heiratsfähigen Mädchen Ausschau zu halten und der Deutschen Kolonialgesellschaft zu empfehlen, die Damen bei ihrer Reise hierher zu unterstützen, ist sie bei den unverheirateten Offizieren sehr beliebt.
    Ein bequemer Weg führt in Serpentinenwindungen in das Tempeltal hinein. Die Berge zu beiden Seiten werden immer schroffer und steiler, bis schließlich nach einer Tour von einer bis anderthalb Stunden auf der Höhe des Tempelpasses die drei stattlichen Gebäude des Mecklenburghauses erreicht sind. Vor der Passhöhe öffnen sich in tiefen Einschnitten romantische Täler nach Nord und Süd und bringen eine erfrischende Brise von See her. Auf der anderen Seite ragen die hohen Berge gen Himmel.
    Vom Mecklenburghaus aus hat man einen wunderbaren Blick in das Lauschan-Tal. In der Nähe gibt es weitere, idyllisch gelegene Tempelchen, gut zu erreichen, auch für alle, die nicht so gut zu Fuß sind. Diese Strecke wird von den Damen favorisiert. Die Bergsteiger unter den Ausflüglern vergnügten sich aber lieber an den schroffen Granitwänden.
    Ich habe mich jedoch den Herren angeschlossen, die sich auf den etwa halbstündigen Abstieg ins Tal des Baisha-Flusses gemacht haben. Die Landschaft ist großartig. Ein anderer Weg führt zwei Kilometer bergab zum nördlichen Neun-Wasser-Tempel. Er liegt inmitten herrlicher Kiefern und Bambuspflanzungen. Weiter südlich, dort wo zwei Flüsse zusammenfließen, entstehen gerade in malerischer Lage mehrere Landhäuser und Pavillons. So ein Haus müsste man haben.
    Das Mecklenburghaus ist ein ganzer Gebäudekomplex. Es dient der Erholung von Marineangehörigen, nimmt aber auch andere Besucher auf. Ein Pensionär zahlt, wenn er länger als zwei Tage bleibt, 4 Dollar pro Tag mit Vollverpflegung, Kinder unter zwölf Jahren 2,50 Dollar und Kinder unter zwei Jahren nichts (falls kein Anspruch auf Bett und Verpflegung erhoben wird). Die Unterbringung eines europäischen Dienstboten kostet 1,25 Dollar, die chinesischen Dienstboten kosten nichts.
    Diese müssen allerdings für ihre Verpflegung selber sorgen. Ein Dollar entspricht zurzeit nicht ganz zwei Mark. Es ist also alles viel billiger als in Berlin.
    So, liebe Martha, ich denke, für heute habe ich meiner Chronistenpflicht Genüge getan. Ich freue mich schon auf die nächste Post von Dir. Dein Bruder Konrad
    Mulan wartete am Eingang des Tempels der Himmelsgöttin auf Konrad. Meili hatte sie hierher begleitet, sich jedoch vor dem Eintreffen des Deutschen schon in die Gärten der weitläufigen Anlage begeben. Sie sah die beiden Männer kommen. An Konrads Seite ging Tang, er hatte ihn hierher gelotst, ohne dass der Deutsche etwas ahnte. Das Treffen sollte möglichst zufällig wirken. Der Sohn von Lius Geschäftsfreund würde mit einer Ausrede verschwinden. So war es abgesprochen. Tang machte seinen Freund auf die einsame Tempelbesucherin aufmerksam. Dann steuerten die beiden Männer direkt auf sie zu. Mulan spürte ihre Knie weich werden. Doch sie gab sich weiterhin den Anschein, als studiere sie die Inschriften der beiden Tafeln, die über dem Tempeleingang angebracht waren. «Frau Song, welch eine Freude. Sind Sie alleine hier?», eröffnete Tang Huimin das Gespräch. Der Satzteil mit der Freude klang in ihren Ohren überraschend ehrlich. Sie schaute kurz zu ihm auf und erkannte eine Wärme in seinen Augen, die er nicht empfinden und sie nicht sehen durfte. «Junger Herr Tang! Welche Überraschung. Wie geht es Ihrem verehrten Vater? Wollen Sie die Himmelsgöttin besuchen?» «Ich wollte meinem Freund Ge Kangle den Tempel zeigen.» «Ah, ja er ist sehr schön. Meine Freundin Chen Meili und ich kamen, um ein Opfer zu bringen. Mein kleiner Sohn…», sie brach ab.
    Tang nickte mitfühlend und wies auf Konrad Gabriel. «Ich verstehe. Sie kennen sich, nicht wahr?»
    «Ich hatte die Ehre, Frau Song bei einem Besuch bei Wei Lixian auf der Guzheng spielen zu hören. Du warst auch da, Huimin, du erinnerst dich sicher. Sie ist eine begnadete Künstlerin.» Konrad hatte Mulan keine Sekunde aus den Augen gelassen. Sie mied seinen Blick und errötete leicht.
    «Diese Unwürdige verdient kein solches Lob. Besonders, da sie einem überlegenen Musiker gegenübersteht. Sie kann nur hoffen, dass ihr unbeholfenes Spiel ihn nicht beleidigt hat.» Mulan fühlte sich, als würde sie einen Betrug begehen. Doch an wem? An Liu Laoye? An dem Deutschen? An

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