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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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gespielt oder Theaterstücke aufgeführt wurden. Und dort sollte es breite Boote mit glaswandigen Aufbauten geben, in denen an gedeckten Tischen Tee und Melonenkerne serviert wurden. Das Gewässer war von hohen Weiden umsäumt und reichte im Norden bis zur Stadtmauer, wo sich der Tempel des Nordens auf einer Terrasse erhob.
    Tsinanfu war von Tempelanlagen und auch von Teehäusern umgeben. Europäer sahen die Einwohner offenbar selten. Sobald sie erkannten, dass die eine Sänfte zwei fremde Teufel transportierte, tauchten aus den umliegenden Geschäften die Händler mit ihren Schätzen auf. Die Büttel des Majors trieben sie rücksichtslos zur Seite. Konrad Gabriel bedauerte es sehr, dass er nicht einen näheren Blick auf den einen oder anderen Gegenstand werfen konnte.
    Dann hatten sie den Amtssitz von Zhou Fu erreicht. Fauth dachte nicht im Entferntesten daran, sich um die Wachen zu kümmern. Diese ihrerseits bestanden auf der üblichen Vorgehensweise und versuchten ihm schimpfend den Weg zu versperren. Fauth stürmte einfach an den acht Bewaffneten vorbei. Das Gezeter der Männer ignorierte er. Major Hu brachte sie mit wenigen Worten zum Schweigen.
    Zhou Fu grinste, als der kleine Mann in sein Empfangszimmer marschierte. Es war für einen so hohen Würdenträger eher spartanisch eingerichtet. Der Gouverneur bat die Gäste in den Garten. Konrad sah einen dieser prächtigen chinesischen Wandelgärten mit fließendem Wasser, einer kleinen Brücke, einem Pavillon und sorgsam angelegten Miniaturlandschaften. Da es noch immer sehr warm war, trug der Gouverneur einen Hut aus geflochtenem Bambusgras, über dem ein Tuch aus heller Gaze hing. Darauf steckte in einem Röhrchen eine Pfauenfeder. Konrad Gabriel fand, diese Kopfbedeckung ähnelte ein wenig einem Lampenschirm. Über seiner Amtstracht trug er einen langen Seidenumhang mit Schlitzen an beiden Seiten, die ihm das Reiten ermöglichten. Offenbar hatte Zhou Fu vor auszureiten, wenn seine Besucher gegangen waren.
    Die Vorder- und Rückseite des Umhangs war mit einem Mandarinviereck aus Atlasseide mit dem Zeichen seines Ranges bestickt. In diesem Fall zeigte es einen wunderbar gestalteten Goldfasan. Der Vogel stand auf einem Wellenberg. In die anderen, unregelmäßigen Wellen eingestreut waren die acht Attribute der taoistischen Unsterblichen, also Fächer, Bambus, Kastagnetten, Schwert, Flaschenkürbis, Flöte, Blumenkorb und Lotosfrucht. Konrad Gabriel konnte sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, was genau das alles zu bedeuten hatte. Er wusste nur, der Bambus war den Künstlern gewidmet und stand für übernatürliche Kräfte.
    Auch Felsen waren eingestickt und an ihnen diverse Pflanzen angeordnet. Konrad erkannte links oben einen Pfirsichbaum, darunter zwei Narzissen, rechts einen Rosenstrauch mit vier Blüten und zwei Hagebutten, darunter drei glückbringende Lingzhi-Pilze. Um den mehrfarbigen Vogel verteilt sah er rote Lotosblüten und kleine grüne Spiralranken im Wechsel mit zwei roten und zwei blauen Fledermäusen. Die Wolken vor dem dunkelvioletten Bildhintergrund ähnelten gestickten fünffarbigen Bändern. Nach dem Vogel zu urteilen, war Zhou Fu ein Beamter zweiten Ranges, also bereits fast an der Spitze der chinesischen Beamtenhierarchie angekommen.
    Seine Gewänder wurden um die Hüfte von einem Ledergürtel zusammengehalten, von dem Beutel und Taschen hinabhingen. Soweit Konrad Gabriel wusste, enthielten sie die Fächer, den Schnupftabak und einen Spucknapf. Bei Letzterem war er sich ziemlich schnell sicher, denn Zhou Fu machte während des Gespräches regen Gebrauch davon, was sich jeweils mit jenem durchdringenden schnaubenden Geräusch ankündigte, das jedem Europäer einen Schauder über den Rücken jagte. Um den Hals trug der Gouverneur eine Kette aus 108 Perlen. Von dieser hingen wiederum drei Korallenketten herab. Das sollte die fünf Elemente symbolisieren, wie Konrad wusste. Darunter baumelte ein Anhänger aus Jade. Der deutsche Besucher fand, er sah aus wie ein Kinderlutscher. Zhou Fu spielte ständig mit der linken Hand damit, während er sich mit Fauth unterhielt. Dabei entdeckte Konrad die langen Nägel der kleinen Finger, die mit einer silbernen Kappe umhüllt waren.
    Zhou Fu winkte. Sofort wurden seinen Gästen Tee und Früchte serviert. Ein Zimmer zur Übernachtung sei bereits hergerichtet, verkündete er. Danach ging es mit Hilfe eines Übersetzers zunächst um den Austausch von Höflichkeiten. Der chinesische Gouverneur erkundigte

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