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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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zu tun, die wir gefunden haben, und Zhou Fu…?», erkundigte er sich leise auf Deutsch bei Fauth.
    «Halten Sie die Klappe, Gefreiter», fuhr dieser ihn an. «Natürlich nicht.»
    Konrad hatte plötzlich das Gefühl, als zöge ein eisiger Hauch durch den Raum. Die Gesichter von Hu Haomin und Zhou Fu waren unverändert freundlich. Trotzdem, die Atmosphäre hatte sich geändert, fühlte sich schon fast bedrohlich an. Hu hatte die Frage sicher gehört. Aber was war mit Zhou Fu? Verstand dieser Deutsch und zeigte es nicht? Er hätte sich ohrfeigen mögen. Warum hatte er nicht einfach den Mund gehalten. Andererseits, was sollte diese Bemerkung schaden? Er hatte den Satz doch nicht zu Ende gesprochen.
    Er sollte die Folgen bald zu spüren bekommen. Anfangs dachte er sich noch nichts dabei.
    Seine Probleme begannen mit dem Befehl, wieder in seine frühere Stube in der Bismarck-Kaserne zu ziehen. Er sollte sich dort unter den Soldaten umhören, herausfinden, ob Gerüchte über Waffenschiebereien kursierten. Wo Männer so eng zusammenleben, ist es schwer, Geheimnisse zu bewahren, so die Begründung. Chinesenpolizist Nummer n, der sich nach Fauths Ansicht als loyaler Untergebener erwiesen hatte, wurde ihm als «Kuli» zugeteilt. Er würde sich unter seinen Landsleuten umtun.
    Keiner der beiden Männer, weder Konrad noch Nummer n, war von den Aussichten begeistert. Für Konrad bedeutete der Umzug weniger Bequemlichkeit und die Teilnahme an soldatischen Übungen. Er mochte keinen Sport, hatte ihn noch nie gemocht. Besonders nicht den soldatischen. Nummer n musste nun in den erbärmlichen Quartieren der Kulis hausen, die so ziemlich jede vorstellbare Annehmlichkeit entbehrten, inklusive der Möglichkeit, nachts halbwegs trocken zu schlafen, wenn es regnete. Nur auf einem Luxus hatten die Deutschen beim Neubau auch bei der einfachsten Unterkunft bestanden: Toiletten. Wo immer Menschen wie auch immer hausten, musste es eine Toilette geben. Damit sollten Epidemien, wie sie vor einigen Jahren noch aufgetreten waren, vermieden werden.
    Gemeinsames Leid verbindet. Nummer n blieb unter diesen Umständen nicht lange eine Nummer. Konrad Gabriel erfuhr, dass er Wang Zhen hieß. Dass er ein Bauernsohn war und fünf Kinder hatte, davon drei Söhne.
    Polizeichef Schöller hatte den verdeckten Ermittlungen und dem damit verbundenen Arrangement nur unter Protest zugestimmt. Doch Truppel hatte auf diskretem Vorgehen bestanden. Diskret – Fauth hatte seine eigenen Ansichten, was darunter zu verstehen war. Er wollte die Ermittlungen keinesfalls allein dem Polizeichef von Tsingtau überlassen. Der in einigen Wochen anstehende Umzug der Marinefeldartillerie in die Bismarck-Kasernen – weitere Unterkünfte standen kurz vor der Fertigstellung – bot seiner Ansicht nach eine ideale Gelegenheit für eine «Inventur» der Waffenbestände. Diese gedachte er auch auf die schon länger fertiggestellten Iltiskasernen im Osten der Stadt auszudehnen.
    Fauth bekam die Genehmigung von Truppel, sehr zum Missmut der eigentlich Zuständigen, die sich schon mehr als einmal über die Freiheiten geärgert hatten, die dieser Mann sich beständig herausnahm. Doch solange der Gouverneur ihn schützte, konnten sie nichts tun. Es war schon mehr als ein Versuch gescheitert, Fauth bei Truppel zu diskreditieren. Jedes Mal schien er danach nur noch fester im Sattel zu sitzen.
    Also musste jeder Soldat eine tadellose Waffe vorweisen. Auch die Waffen und Munitionskammern, die Kanonen und Stafetten wurden genauestens inspiziert und kontrolliert, jede Kugel und jede Patrone gezählt, jede Zündschnur.
    Doch es fehlte nichts. Nicht die geringste Unregelmäßigkeit war zu entdecken. Allein das war schon erstaunlich. Denn kleine Unstimmigkeiten ergaben sich bei jeder Inventur. In Fauth und Konrad keimte der Verdacht, dass die Kommandeure vor der anstehenden Untersuchung gewarnt worden waren. Doch von wem? Die Mauer des Schweigens hielt. Das konnte nur eines bedeuten: Ihre Gegner waren Mitglieder einer straff geführten Organisation, die Mittel und Wege hatte, um dieses Schweigen zu erzwingen.

Kapitel 12
    MULAN STARRTE CHEN MEILI AN, als sähe sie sie zum ersten Mal. In gewissem Sinne stimmte das auch. Äußerlich erinnerte sie noch immer an das fröhliche Mädchen, das alles leicht zu nehmen und dem alles leicht zu fallen schien. Doch die Meili hinter dieser Maske war längst eine andere. Mulan fragte sich, was mit ihr geschehen sein mochte, nachdem sie sich aus den Augen

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