Die Konkubine
sich eingehend nach dem angeschlagenen Gesundheitszustand des deutschen Gouverneurs. Seine Exzellenz sei erschöpft von so viel Arbeit, habe er vernommen.
Keineswegs, widersprach Fauth. Es sei richtig, Seine Exzellenz arbeite viel. Und die geplante Reise nach Peking sei auch nicht zur Erholung gedacht, sondern diene der Erledigung wichtiger Geschäfte. Wie er gehört habe, sei Kaiserwitwe Cixi wohlbehalten von ihrer Pilgerfahrt zu den westlichen Gräbern in den Sommerpalast zurückgekehrt und wolle sich demnächst von der amerikanischen Künstlerin Katherine Carl malen lassen.
Zhou Fu runzelte die Stirn, dann schmunzelte er. «Unsere deutschen Freunde sind immer gut informiert.»
Fauth wirkte zufrieden. Genau diese Reaktion hatte er wohl erreichen wollen, vermutete Konrad. Er würde es nicht dulden, dass Gerüchte von einem kranken und geschwächten Gouverneur Truppel die Runde machten, und wollte Zhou Fu nun im Gegenzug sanft, aber eindrücklich darauf aufmerksam machen, dass die Deutschen ebenfalls ihre Informanten hatten. Zu erfahren gab es genug. War es wirklich nur eine der üblichen, jährlich stattfindenden Pilgerreisen der Regentin gewesen? Gab es vielleicht wieder Probleme mit dem Neffen, dem Guangxu-Kaiser? Was war sonst noch am Rande von Cixis Reise geschehen? Aber das sprach Fauth nicht aus. Stattdessen wechselte er das Thema.
«Exzellenz, Seine Exzellenz Gouverneur Truppel hat mir ein Schreiben mitgegeben und außerdem die Brillen, die Ihr Euch gewünscht habt.»
Zhou Fu strahlte und probierte eine Brille nach der anderen aus. Er ließ sich sogar Pinsel und Tusche bringen, um seine neue Sehkraft zu erproben. Ein Diener hielt ihm Schriftstücke hin. Zhou Fu studierte sie umständlich. «Ich danke meinem verehrten Freund Truppel für diese gläsernen Augen», meinte er dann und wedelte mit dem Fächer. Fauth überreichte ihm Truppels Schreiben. Der Gouverneur überflog es und nickte dann.
Fauth sagte nichts, sah ihn nur an. Zhou Fu musterte ihn kurz, dann wurde seine Miene ernst. Er bedeutete den Wachmännern und Dienstboten, den Raum zu verlassen. Nur Major Hu blieb. Auch der Übersetzer war gegangen.
«Jetzt müssen Sie übersetzen, Gefreiter», raunte Fritz Fauth Konrad zu. Dieser schluckte trocken und atmete tief durch. Das kam überraschend, Fauth hatte vorher nichts dergleichen verlauten lassen. Und er war sich keineswegs sicher, dass er das auch schaffen konnte. Doch Protest war sinnlos. Fauth hatte sicher seine Gründe, warum er möglichst wenige Zeugen bei diesem Gespräch dabeihaben wollte.
«Exzellenz, Ihr hattet doch Interesse gezeigt, Aktien an der Schantung-Eisenbahn und der Bergwerksgesellschaft zu erwerben…»
Konrad hatte größte Mühe, die richtigen Vokabeln zu finden. Er wusste, er musste laut sprechen. Zhou Fu galt als ausgesprochen schwerhörig. Eisenbahn, ach ja, Zug, huoche, das ging ja noch, aber Aktien? Seine Grammatik war wohl auch nicht einwandfrei – es dauerte etwas, bis Zhou Fu verstand. Hu Haomin gesellte sich zu ihm und flüsterte ihm leise die fehlenden Worte zu. Konrad fand das außerordentlich nett von dem Major und warf ihm einen dankbaren Blick zu.
Als er mit seiner Übersetzung fertig war, richtete sich der Gouverneur in seinem Stuhl auf und beugte sich nach vorne. Er ähnelte einer bis zum Anschlag gespannten Bogensehne.
Konrad beeilte sich, Fauths nächste Sätze zu übersetzen: «Ich kann Ihnen mitteilen, dass Ihrem Wunsch nichts entgegensteht. Ich habe die erforderlichen Papiere mitgebracht. Wenn Exzellenz geruhen würden, sie zu lesen und dann zu unterschreiben…»
Hu griff sich die Dokumente, die Fauth ihm reichte, und brachte sie dem Gouverneur. Der las sie durch. «Es sind weniger Aktien als ich dachte», erwiderte Zhou Fu schließlich mit einem kleinen Stirnrunzeln.
Fauth mimte gekonnt den Geknickten, fand Konrad. Doch das Ringen um die richtigen Worte ließ Konrad nicht die Zeit, dieses diplomatische Manöver zu genießen. «Ich weiß, Exzellenz, aber .»
«Ich danke Seiner Exzellenz für die Bemühungen. Ach, hatte ich übrigens gesagt, dass wir persönlich eine Belohnung für Hinweise auf den Aufenthalt des Mannes ausgesetzt haben, der diesen Heizer Kruse umgebracht hat? Wir haben ihn gefunden und wollten ihn ausliefern. Doch dieser mörderische Hund wurde leider erschossen, als er fliehen wollte. Wir hätten es vorgezogen, den Verbrecher seiner gerechten Strafe zuzuführen.»
Gerechte Strafe? Das hätte in diesem Fall auch Vierteilen
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