Die Korallentaucherin
Häuschen am Tisch, fühlte sich überfordert und frustriert. Stapel von Mappen und Papieren lagen vor ihr, und beide studierten das Foto einer frisch geschlüpften Schildkröte auf dem Bildschirm seines Laptops.
»Also, wenn ich den Fortpflanzungserfolg der Schildkröten auf Branch Island analysieren will, muss ich rausgehen und die Temperatur im Nest messen, ja?«, fragte Jennifer.
»Ja, die Temperatur in dem Sandhügel, in dem die Eier abgelegt sind, entscheidet über das Geschlecht der Schildkröten.«
»Dreißig Grad und mehr, dann werden es Weibchen, achtundzwanzig Grad und weniger, dann werden es Männchen«, fasste Jennifer zusammen.
»Und im Übergangsbereich beide Geschlechter.«
»Wenn das Nest also teilweise von einem Baum beschattet ist, schlüpfen aus den betroffenen Eiern Männchen?«
»Gut möglich. Das kann Teil deiner Forschungsaufgabe sein. Wie auch die Anzahl der Eier, die jedes Weibchen in den verschiedenen Brutzeiten legt.«
»Und wie viele Schildkröten von diesen drei oder vier Eiablagen überleben«, fügte Jennifer hinzu. »Und die Mutter ist nicht da, um sie zu sehen. Vielleicht ist es sogar ganz gut so. Das Geschlecht von Krokodilen richtete sich auch nach der Inkubationstemperatur, nicht wahr?«
»Ja. Und laut meiner Theorie auch das der Dinosaurier, was ihr Aussterben erklärt. Abgesehen von dem Meteoriten, der die Erde traf und eine globale Katastrophe auslöste. Dass die Erde sich während der Kreidezeit vor fünfundsechzig Millionen Jahren abkühlte, muss Auswirkungen auf die Eier gehabt haben, und irgendwann schlüpften dann nur noch Männchen, und ohne Weibchen starb die Spezies aus.«
»Siehst du, ohne uns geht es nun mal nicht.« Jennifer lachte. »Hast du diese Theorie veröffentlicht?«
»Ich habe mit dem Gedanken gespielt, bis dann irgendein Kerl in Amerika sie in Umlauf setzte. In der akademischen Welt musst du veröffentlichen, oder du gehst unter, Jenny. Zum Glück bist du eine gute Schriftstellerin. Das entscheidet oft über die Abschlussnote. Und du sollst doch die beste Abschlussnote bekommen, damit du dich um ein Stipendium für die Promotion bewerben kannst.«
»Aber bis dahin ist noch so viel zu tun!«, jammerte sie. »Sieh dir all diesen Kram an. Ich müsste die ganze Zeit nur lesen!«
»Trainiere das Schnelllesen und halte dich nur bei dem auf, was du brauchst. Finde die richtigen Bezüge. Wahrscheinlich bekommst du einhundertundfünfzig bis zweihundert zitierte Verweise für deine Arbeit zusammen. Und denke an den Stress und den Ärger, wenn der Abgabetermin naht. Das kommt auf jeden Fall.«
»Schaffe ich das wirklich, Mac? Während ich gleichzeitig ein Kind bekomme?«
»Was sagt Isobel?«, fragte er lächelnd.
»Sie sagt natürlich, ich schaffe das. Ich muss die Ausgewogenheit finden. Und ich würde froh sein, zwischen Windeln und Stillen an etwas anderes denken und nach dem Schreiben kuscheln und schmusen zu können.«
»Typisch Isobel. Jenny, du hast dich darauf eingelassen, und ich glaube an dich. Solange ich hier bin, kann ich deine Feldforschung und deine Analyse überwachen. Und während der paar Monate meiner Abwesenheit kann ich deine Arbeit immer noch betreuen und dir PDF -Dateien mit fotokopiertem Material schicken.«
»Rosie sagt, in zwei Wochen ist das vollständige Satellitennetzwerk funktionsfähig; dann haben wir einen bedeutend besseren Internetzugang«, sagte Jennifer.
»Trotzdem wirst du auch ein paar Wochen zur Uni gehen müssen, aber mir wäre es lieb, wenn du dann schon eine Rohfassung deiner Arbeit vorlegen könntest. Bis dahin ist aber noch viel Zeit«, sagte er, als sie entmutigt aufseufzte.
Es klopfte an der Tür, und als Jennifer das türkisweiße Hemd der Ferienanlage sah, dachte sie im ersten Moment, es wäre Blair. Ihre Reaktion war Ärger über die Störung, und in diesem Augenblick wurde ihr klar, wie sehr ihre Gefühle für ihren Mann gelitten hatten.
»Ja, mein Freund? Brauchen Sie etwas?«, fragte Mac.
Gordon Blake lächelte Jennifer an. »Blair schickt mich. Wenn Sie Zeit haben, würde er sich gern in der Ferienanlage mit Ihnen treffen. Und, wie läuft’s hier? Wie ich hörte, gab es ein kleines Problem.« Er trat ins Zimmer.
Mac sah den jungen Mann böse an. »Ach ja? Was denn?«
»Gut zu wissen, dass es Rudi gutgeht. Anscheinend kann die Forschung auch gefährlich werden.«
»Sicher. Haie, Barsche, Drachenköpfe, tödliche Stachelrochen, Taucherkrankheit und so weiter.« Sein Ärger überraschte
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