Die Korallentaucherin
sich in Bürokleidung nicht annähernd so wohl gefühlt hätte. Er lüpfte den Hut und begrüßte die Besucher mit einem zurückhaltenden Lächeln und mit Handschlag.
»Wie geht’s deinem Kumpel?«
»Er wird wieder gesund, Dad. Wir können nicht lange bleiben. Was macht unser Boot?«
»Ich habe es zu Wasser gelassen. Die Nähte haben sich geschlossen, lassen kein Wasser mehr durch. Nur ein paar Feinheiten fehlen noch. Polster, Kombüseneinrichtung. Nächste Woche ist es fertig. Ich bring es rüber und fahre mit dem Katamaran zurück, ja?«
»Prima. Tony und ich machen dann eine Probefahrt.«
»Tony kann segeln?«, fragte Jennifer.
»Wusstest du das nicht? Früher ist er häufig segeln gegangen. Vermutlich ist das einer der Gründe dafür, dass er sich an der Küste niedergelassen hat«, erklärte Mac.
»Mögen Sie Schiffe, Mrs.Campbell?«
»Nein, Heath. Ich war mit einem Farmer verheiratet und habe jahrelang im Busch gelebt. Obwohl ich ursprünglich eine Stadtpflanze war. Mein Mann ist bei einem Bootsunglück verschollen.«
Jennifer sah ihre Mutter erstaunt an. Es war das erste Mal, dass sie ihre Mutter von ihrem Vater sprechen hörte.
»Das tut mir leid. Nun, kommen Sie, schauen Sie es sich an. Für ein altes Mädchen sieht es ganz gut aus.«
»Du hast eine Menge Arbeit hineingesteckt, Dad«, sagte Lloyd und folgte seinem Vater durch das Gerümpel rund um das Bootshaus. Heath Dane streckte die Hand aus und half Christina über gefährliche Stellen hinweg und an einigen umgedrehten Ruderbooten, leeren Farb- und Dieselfässern, verrosteten Schiffsschraubenresten und anderem Bootszubehör vorbei, das er offenbar nicht entsorgen wollte, für den Fall, dass er es eines Tages doch noch brauchen konnte.
»Da ist sie, an der blauen Boje neben der Segeljacht.« Sie betrachteten die tiefblau gestrichene, alte hölzerne Schaluppe mit eingeholten Segeln, poliertem Deck, Luke und Innenverkleidung.
»Wow, wie schön«, sagte Mac.
»Sie hat sich wirklich gemausert, Dad. Kein Mensch würde je glauben, dass sie zwanzig Jahre alt ist.«
»Sie hat sich nur ein bisschen liften und kosmetisch behandeln lassen. Wie bei einer schönen Frau hebt das Alter ihren Charakter hervor.« Er nickte Christina zu, und sie lächelte strahlend.
Mac, Lloyd und sein Vater ruderten zu der Schaluppe hinaus, um sie aus der Nähe anzusehen, und Christina und Jennifer setzten sich auf dem Anleger in die Sonne.
»Das scheinen ganz nette Leute zu sein«, sagte Christina im Plauderton. »Allerdings nicht Blairs Typ, denke ich. Ich habe den Eindruck, du und Blair, ihr geht da drüben ziemlich unterschiedlichen Interessen nach.«
Woher willst du das wissen? Ich sage nichts.
»Die Insel ist klein; unsere Interessen überschneiden sich. Er ist froh, dass ich beschäftigt bin, denn er hat viel zu tun.«
»Und das Kind?«
»Prima. Mir geht’s richtig gut.«
»Ich dachte an Blair. Ich hoffe, er ist einer von den modernen Vätern.«
»Aber sicher. Natürlich müssen wir die Arbeit mit dem Baby teilen, wo wir können. Sein Beruf ist wichtiger …« Sie sprach nicht weiter. Jennifer ärgerte sich darüber, dass ihre Mutter das Thema angeschnitten hatte.
»Weil er der Ernährer ist?«
»Einer von uns muss das Geld verdienen. Ich bekomme kein großes Gehalt, bevor ich meinen Abschluss gemacht habe.«
»Vermutlich werde ich mich dann als Babysitterin betätigen.«
»Danke, Mum, aber warten wir erst einmal, bis ich einen Job habe, ja?«
»Ich wüsste gern, was für einen Job. Offenbar studierst du ja nur merkwürdige Sachen. Aber, Jennifer, falls du mal Geld brauchst … Ich habe etwas auf die hohe Kante gelegt.«
Während die Unaufrichtigkeit ihrer Mutter in den Hintergrund trat und sie zum ersten Mal an diesem Tag ehrlich und besorgt klang, dachte Jennifer:
Woher weiß sie von der Kluft zwischen Blair und mir?
»Lieb, dass du mir das anbietest, aber ich komme zurecht, wirklich. Ich habe auf der Insel eine Menge gelernt. Über mich selbst und wie ich mein Leben bewältigen kann. Und ich habe einige ganz besondere Freunde.«
»Wie schön für dich. Aber gib gut acht. Leute, die auf einer Insel leben, sind oft ziemlich labil. Und dieser Freund im Krankenhaus … Sie nehmen doch hoffentlich keine Drogen?«
»Mum! Du liest zu viele Krimis.« Jennifer lachte.
»Oh, man hört so manches. Du würdest staunen. Erst letzte Woche hat es auf einem Schiff eine Messerstecherei gegeben. Headland Bay mag nach außen hin wie ein nettes
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