Die Korallentaucherin
Bibliotheksleiterin war immer noch ausgesprochen schwierig; die jungen Mädchen waren alberne kichernde Gänse oder glaubten, alles zu wissen und sie herumkommandieren zu können, nachdem sie jetzt auf Computer umgestellt hatten.
»Mum, mach einen Computerkursus, das ist jetzt die neue Arbeitsweise. Alle Welt benutzt Computer«, sagte Jennifer.
»In der Universität habt ihr vermutlich auch welche?«
»Nun ja, in der Bibliothek. Ich habe natürlich keinen eigenen.« Sie fügte nicht hinzu, dass Onkel Don sich einen kaufen wollte, um sein Vogelzuchtprogramm zu organisieren, und dass er Jennifer die Benutzung angeboten hatte.
»Du würdest staunen, wer alles kommt, um an unserem Computer zu arbeiten«, erklärte ihre Mutter. »Ich habe keine Ahnung, was diese alten Krähen da machen. Sie sitzen da und hacken wie …«
»Wie die Hühner!« Jennifer lachte. »Vielleicht schreiben sie ihre Lebensgeschichte.«
»Quatsch. Keine von denen hat ein interessantes Leben.« Das war das Stichwort für ihre Mutter, um sich über Familienzwist, Krankheiten und die finanziellen Angelegenheiten aller Nachbarn auszulassen. Jennifer wand sich innerlich. Christina hatte sich zur größten Klatschtante der Stadt entwickelt und schien genau informiert zu sein, was jeder Einzelne trieb. Jennifer hatte zudem den unangenehmen Verdacht, dass ihre Mutter auch jede Einzelheit aus dem Leben ihrer Tochter weitertratschte. Zum Glück achtete sie darauf, was sie ihr erzählte und was nicht. Was sie aber am stärksten beunruhigte, war die negative Einstellung ihrer Mutter. Sie ließ kein gutes Haar an nichts und niemandem. Jennifer ignorierte die bissigen Fragen ihrer Mutter nach ihrem Privatleben, ihren Freunden und ihrer Zukunft.
Doch nach einer Woche war sie ausgebrannt. Es gab kein Entkommen vor der Aufmerksamkeit ihrer Mutter. Christina hatte Urlaub genommen, daher waren sie vom Morgen an zusammen, wenn ihre Mutter ihr viel zu früh eine Tasse Tee ans Bett brachte. Dank Blairs Einfluss trank Jennifer inzwischen Kaffee, doch sie aß das Frühstück ihrer Mutter, das täglich ganz groß zelebriert und schon am Vorabend mit gebügeltem Tischtuch und Servietten, dem besten Geschirr, Müsli, Vegemite, Himbeermarmelade und Butterdose vorbereitet wurde. Verschlafen setzte Jennifer sich an den gedeckten Tisch, und ihre Mutter kam geschäftig in die Küche.
»Hier ist Toast, streich Butter darauf, bevor er kalt wird. Ich mache inzwischen die Eier. Möchte wetten, in deiner Universitätskantine bekommst du kein Frühstück wie dieses.«
Jennifer hob den Deckel von der Butterdose und fand eine fettige Flüssigkeit, da die Butter in der heißen Nacht geschmolzen war. Nein, bestimmt nicht, dachte sie. Dort bekam sie zum Frühstück frisches Obst, Café au Lait und ein Croissant, oder sie ging ins Crush, um ein köstliches Omelett oder einen Obstsalat zu essen.
Ihre Mutter setzte sich mit einem Becher Tee und einer Zigarette ihr gegenüber. »Komm, iss auf.«
»Wo ist dein Frühstück, Mum?«
»Ach, ich kann morgens nicht viel essen. Eine Scheibe Toast reicht mir.«
»Dann wäre es mir lieber, du würdest dir nicht so viel Mühe machen …«
»Unsinn! Ich finde es schön, mein Mädchen bei mir zu Hause zu haben. Also, was unternehmen wir heute?«, fragte ihre Mutter aufgeräumt.
Jennifer warf einen Blick auf die Küchenuhr und wünschte sich zurück ins Bett. »Ich weiß nicht. Es ist zu früh, um darüber nachzudenken.«
»Du meine Güte, du willst deine Zeit doch nicht mit Ausschlafen vergeuden!«
»Ich habe schließlich Urlaub, Mum«, sagte Jennifer schärfer als gewollt. »Ich weiß es nicht. Hast du irgendwelche Pläne?«
»Ich unternehme ja nie etwas, wie soll ich da schon etwas wissen? Ich gehe selten aus. Ich arbeite, komme nach Hause und mache sauber. Hier geht es ziemlich ruhig zu.«
Ganz im Gegensatz zum flotten Sydney und all dem Spaß, den du dort hast …
Die Bemerkung hing unausgesprochen in der Luft.
»Aber hast du nicht gesagt, du gingest manchmal in den Club und mit Elaine ins Kino? Und was ist aus deiner Bridge-Runde geworden?«
Ihre Mutter drückte die Zigarette aus und zog ihren Morgenmantel fester um sich. »Nur einmal. Das war alles, Jennifer. Und in den Club gehe ich auch nicht sehr oft. Das kann ich mir nicht leisten. Und die Bridge-Runde war so unfreundlich. Haben sich über jede Karte beschwert, die ich ausspielte. So lasse ich mich nicht behandeln.« Sie trug den Ascher und den Teebecher zur Spüle.
Jennifer
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