Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
worden, und alles, was geblieben war, waren ein paar Dutzend Eier, zerbrochen, zertrampelt, und zerquetschte Leichen von kleinen Baby-Schildkröten. Es war grauenhaft. Und wo waren die restlichen Hunderte von Eiern? Waren die Tiere geschlüpft und entkommen?
    Hastig suchte sie die Düne ab und stellte bekümmert an den Fußspuren und Spatenstichen fest, dass jemand das Nest geplündert hatte und nicht eine einzige Spur von geschlüpften Schildkrötenbabys im Sand zu finden war. Aber warum? Wer tat so etwas? Sie rannte den Strand hinunter und sah einige Gäste der Ferienanlage im Sand hocken. Sie sah das Blitzlicht einer Kamera und eine auf den Sand gerichtete Taschenlampe. Weiter oben auf die Düne zu zog eine Bewegung ihren Blick auf sich, und voller Erleichterung sah sie winzige dunkle Gestalten aus einem Nesthügel quellen. Winzige Schildkröten, nicht größer als ihre Handfläche, strebten eilig dem Wasser zu. Die ersten liefen ins Licht der Taschenlampe und huschten über den Sand, indem sie mit ihren Flossen Schwimmbewegungen vollführten.
    »Licht aus!«, rief Jennifer. »Sie laufen instinktiv auf das Mondlicht zu.« Der Tourist schaltete die Taschenlampe aus, und die kleinen Schildkröten hielten einen Moment lang verwirrt inne. »Auf einer Insel steht der Mond immer über dem Wasser, und an seinem Licht orientieren sie sich«, erklärte Jennifer.
    »Beleuchte ihnen dann doch den Weg zum Meer«, schlug einer der Gäste vor.
    »Nein, Sie dürfen ihnen nicht helfen.«
    Die kleinen Schildkröten witterten das Wasser und huschten mit frischer Energie in Richtung Meer.
    »O mein Gott, da drüben«, sagte eine Frau. »Haie.«
    »Das sind Riffhaie. Harmlos für uns, aber sie warten auf die frisch geschlüpften Schildkröten, um sich vollzufressen«, sagte Jennifer verzweifelt. »Und sobald die Sonne aufgeht, stellen die Vögel ihnen nach. Los, macht schon, schnell«, trieb sie den ständigen Strom von kleinen Schildkröten an, die über den Sandhügel des Nests rutschten.
    »Wie schrecklich«, sagte die Frau zu Jennifer. »Es ist nicht einfach, der Natur ihren Lauf zu lassen. Wie viele werden überleben?«
    »Manchmal weniger als ein Prozent. Sie haben nicht zufällig jemanden gesehen, der die Nester zerstört hat?«
    »Du liebe Zeit, nein, wir sind am Wasser entlanggewandert. Wer würde diesen zarten kleinen Dingern etwas antun? Kaum zu glauben, dass sie zu diesen riesigen Schildkröten heranwachsen.«
    »Wollen wir’s hoffen«, sagte Jennifer traurig und setzte ihren Weg zu den übrigen Nestern fort. Auf der ganzen Insel waren weitere Nester in Eile brutal aufgegraben und Eier und Schlüpflinge gestohlen worden. Viele kurz vor dem Schlüpfen befindliche Eier waren zertreten.
    Sie war erschüttert und zornig. Als die Sonne aufging, wanderte sie am Strand entlang zurück und sah Sandy und Mick draußen auf dem Riff, wo sie Korallen- und Seetangproben zurück an ihren Ursprungsort brachten.
    Jennifer sehnte sich nach einem Gespräch mit Mac, wusste jedoch, dass er mit seiner Familie in den Urlaub gefahren war. Das Schicksal der Schildkrötenbabys erschütterte sie und weckte Ängste um ihr eigenes Kind. Ob ihr Baby gesund war? Wie würde sie die Geburt überstehen? Sie blickte an sich herab auf ihren gewölbten Leib und fragte sich, wie, um alles in der Welt, das Kind herauskommen sollte. Es erschien ihr als physische Unmöglichkeit.
    Sie kehrte nach Hause zurück, um zu frühstücken, und fand zu ihrer Überraschung Rosie vor, die sie suchte.
    »Kann ich bei dir einen Kaffee bekommen?«
    »Was gibt’s?«, fragte Jennifer. »Komm rein.«
    »Es ist nichts allzu Ernstes, aber wir hielten es für besser, dich zu informieren. Bev hat angerufen; sie sagt, deiner Mutter geht es nicht gut. Fühlt sich unwohl und hat ein paar Blutuntersuchungen vornehmen lassen. Sie wollte dich nicht beunruhigen, aber Bev hat mich angerufen, und wir sind der Meinung, du solltest es wissen.«
    »O Gott. Was für Untersuchungen? Weswegen?«
    »Bev weiß es nicht genau. Sie meint, deine Mutter spielt gern die Märtyrerin, aber wenn sie nun doch nicht blinden Alarm schlägt, könnten wir es uns nie verzeihen, dich nicht informiert zu haben.«
    »Danke, Rosie. Und richte auch Beverly meinen Dank aus. Ich sollte Mum wohl lieber besuchen.«
    »Bev meint, du solltest warten, bis sie weiß, was los ist. Du darfst dich keiner Ansteckung aussetzen, und viel ausrichten kannst du ohnehin nicht. Sie ist zu Hause.«
    »Aber wer kümmert sich um sie? Mum

Weitere Kostenlose Bücher