Die Korallentaucherin
Bescheid, wann ich zurückfliegen will, für den Fall, dass du einen Platz frei hast.«
Der Pilot hob die Hand mit gestrecktem Daumen und blickte dem Paar nach, als es zum Wagen ging. Mannomann, deren Wege hatten sich weiß Gott getrennt. Für Jennifer muss es schwer sein, dachte er. Trotzdem war es gut, dass sie nicht an einer unglücklichen Ehe festhielt, sondern ihr eigenes Leben lebte. Soviel er wusste, war kein anderer Mann im Spiel. Aber Blair hatte diese Susie. Sie war eine Draufgängerin und sehr ehrgeizig. Immerhin arbeiteten sie in derselben Sparte. Jennifer und Blair dagegen schienen nicht zusammenzupassen.
»Tut mir leid, dass es Christina nicht gutgeht. Wie schlimm ist es?«, fragte Blair.
»Ich weiß es nicht. Könntest du sie besuchen?«, fragte Jennifer.
»Ach, um Himmels willen, Jennifer! Was soll ich sagen? Sie hasst mich wie die Pest.«
»Nicht nötig, es schlimmer zu machen, als es ist. Wegzugehen, ohne ihr auch nur ein Wort zu gönnen … Ich höre jetzt schon, was sie dazu sagt.«
»Du verlässt
mich
, vergiss das nicht. Und außerdem bin ich ja nicht aus der Welt. Und ich überlasse es nicht deiner Mutter, mein Kind großzuziehen«, fuhr Blair sie an.
»Sie ist die Großmutter. Und auch deine Eltern haben Rechte. Ich möchte einfach nicht, dass sie über dich herzieht, während du einfach mal reinschauen könntest, um zu sehen, wie es ihr geht.«
»Okay. Ich tu’s. Aber dann will ich dich nicht dabeihaben. Ich gehe hinauf, stelle deine Tasche ab und gehe wieder. Ich hoffe, du weißt, was du tust, Jenny.« Die Kälte und Verlegenheit, die er während des Flugs an den Tag gelegt hatte, waren für einen Moment verflogen.
»Ich habe wohl kaum eine Wahl, oder?«, fragte Jennifer. »Aber du hast recht. Es ist meine Entscheidung.«
Sie sollte nie erfahren, was zwischen Blair und Christina vorgefallen war. Blair kam mit finsterer Miene nach unten.
»Wie war’s? Wie geht es ihr?«, fragte Jennifer.
»Na ja, sie ist nicht so krank, wie du annimmst. Sie ist ein zähes Leder. Hat mir ordentlich die Meinung gesagt, und ich glaube nicht, dass wir uns noch einmal wiedersehen. Lass nicht zu, dass sie dein Leben beherrscht, Jennifer. Ich war sowieso nie gut genug für dich, und augenscheinlich habe ich sie in ihrer Meinung über all die Scheußlichkeiten, die Ehemänner ihren Frauen antun, bestätigt. Du solltest den nächsten Mann in deinem Leben sorgfältig auswählen und den armen Kerl warnen, dass er stets hinter dir und deiner Mum zurückstehen muss.« Er stieg ins Auto und schloss die Tür.
»Das steht überhaupt nicht zur Debatte, und ich werde schon mit Mum fertig«, sagte Jennifer. »Tja, das war’s dann.« Traurig stand sie neben dem Wagen, in dem Bewusstsein, dass ihre Ehe vorbei war, wenn Blair abfuhr. Sie war allein, und auch er begann ein neues Leben. »Ich hoffe, alles wird gut für dich, Blair, ehrlich.« Tränen in den Augen, strich sie ihm über die Schulter.
»Du hast es so gewollt, Jennifer. Und mein Leben geht weiter. Für dich hoffe ich das Gleiche. Aber ganz egal, was kommt, wir haben das Kind. Also … will ich versuchen, ein anständiger Vater zu sein … den Umständen entsprechend.« Er berührte kurz ihre Hand, die noch auf seiner Schulter lag. »Viel Glück, Jenny.«
Sie blickte dem davonfahrenden Wagen nach, hob seufzend ihre kleine Tasche auf und schleppte sich zum Krankenbett ihrer Mutter.
Christina sah blass und fahl aus, doch ihr Blick war scharf und hellwach und glitt sofort zu Jennifers Bauch.
»Wie es aussieht, solltest du im Krankenhaus liegen, nicht ich. Du armes Kind. Was dieser Mann dir angetan hat! Ich mache dir rasch eine Tasse Tee.« Mit einer müden Bewegung schlug Christina die Bettdecke zurück.
»Nein, nein, Mum. Ich bin gekommen, um mich um dich zu kümmern.«
»Du bist doch nicht allein deswegen gekommen. Meinetwegen. Oje!«
»Was sagt der Arzt? Und wozu waren diese Untersuchungen nötig?«
»Ach, im Grunde für nichts. Denn es kann alles Mögliche sein. Herz, Nieren, Leber, Diabetes, wer weiß.« Sie seufzte und ließ sich zurück ins Kissen sinken.
Jennifer wollte nach den Symptomen fragen, entschied jedoch dagegen. »Ich koche uns Tee.«
Sie war schon fast aus dem Zimmer, als Christina sagte: »Wahrscheinlich ist es gut so, dass du dich von Blair getrennt hast. Wir drei werden schon zurechtkommen.«
Jennifer hielt inne, sah sich aber nicht um, sondern setzte ihren Weg in die Küche fort.
»Schau mal in dein Zimmer, Jen-Jen«,
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