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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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wenigstens einen Freund finden. Sonst fühle ich mich ständig so schuldig und verantwortlich. Gott, ich hoffe, ich bürde meinem Kind nicht solche Lasten auf.«
    »Wir können nur das tun, was wir für richtig halten, mit den besten Absichten im Herzen. Kennst du
Der Prophet
von Kahlil Gibran?«, fragte Tony ruhig. »Darin findet sich ein Gedicht über Kinder.
Eure Kinder sind nicht eure Kinder, sondern die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst. Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen …
Es ist wunderschön.«
    Jennifer atmete tief durch, beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Jetzt fühle ich mich schon viel besser. Als wäre etwas von mir abgefallen. Tief im Inneren weiß ich längst, dass ich dieses Kind, das ich von ganzem Herzen lieben und beschützen will, doch eines Tages in Liebe gehen lassen muss. Denn meine Mutter hat mich nie gehen lassen, und es ist eine schreckliche Belastung. Ich danke dir.«
    Tony stellte den Korb auf den Rücksitz und zückte ein flaches Päckchen. »Ich habe dir ein kleines Geschenk mitgebracht. Einfach so.«
    »Oh, wie lieb von dir …« Jennifer wickelte das Päckchen aus und fand eine gerahmte Fotografie von Branch Island, aufgenommen an Gideons Teil der Küste mit der Lagune und der Haifischbar zwischen den Schraubenpalmen am Strand. »Wow! Das ist perfekt! Oh, vielen, vielen Dank, Tony. Ich werde es aufhängen und mir, wenn ich im Bett liege, vorstellen, ich wäre dort.«
    »Du liebst die Insel tatsächlich, wie?« Er lächelte.
    »Ja. Und ich liebe das Riff, die Vorstellung an sich. Dass es so schön ist und Schutz bietet und solch zauberhaftes Leben beherbergt, und dass es die kleine Insel umringt und das große Meer und die Raubfische fernhält.«
    »Wir alle benötigen ein Riff zwischen uns und dem wilden offenen Meer des Lebens.« Er lachte. »Bau den Spruch in dein Buch ein. Hey, hättest du Lust, mal mit mir segeln zu gehen? Nur ein bisschen vor dem Hafen rumschaukeln? Als kleine Erholung von Mum und der Arbeit?«
    »Von Herzen gern! Und das Foto ist herrlich.«
     
    Tage darauf fühlte Jennifer sich mehr als schlapp. Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie Ruhe brauchte, und sie legte sich in ihrem Zimmer aufs Bett, froh darüber, dass Christina im Krankenhaus arbeiten musste. Sie hatte Tonys Foto von Branch Island – »Macht in meinen Augen nicht viel her«, sagte Christina – an die Wand gehängt, so dass sie es vom Bett aus sehen konnte. Wenn sie die Augen schloss, sah sie Blau, fühlte Sonnenwärme auf dem Gesicht und hörte die Vögel. Die Schreie der Vögel fehlten ihr.
    Das Telefon klingelte, und sie überlegte, ob sie überhaupt abheben sollte, war dann aber froh, es getan zu haben.
    »Liebstes Mädchen, ich bin hier!«
    »Isobel. Herrlich, herrlich! Wie geht es dir?« Jennifer richtete sich auf. Es ging ihr schon entschieden besser.
    »Viel wichtiger ist die Frage: Wie geht es
dir
und der Kleinen? Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich hörte, dass du einen Arzt in der Nähe brauchst.«
    Jennifer lächelte über den melodischen Akzent ihrer Freundin. »Wir halten durch, aber ich hätte es gern bald hinter mir.«
    »Der letzte Monat ist immer extrem lang. Und was gibt es Neues? Du arbeitest? Ich miete ein großes Haus, ein gewöhnliches Haus, aber mit einem herrlichen Garten und phantastischen Blick über den Hafen. Magst du bei mir wohnen? Ich schätze, deiner Mutter würde es nicht gefallen, wenn ich dich aus ihrem Nest hole, oder?«
    »Du sagst es. Aber danke für das Angebot. Es wäre wunderbar, wenn ich dich sehen könnte. Bleibst du jetzt hier?« Jennifers Herz hüpfte. Die Vorstellung, Isobel sehen zu können, versetzte sie in Hochstimmung.
    »Natürlich, meine Bella. Und hast du Tony gesehen? Er umgibt sich mit Geheimnissen. Er liebt dieses Boot. Und wir beide sehen uns sehr bald. Ich erzähle dir dann alles über die Konferenz. Küsschen.«
    Jennifer lächelte, sah zu dem Inselfoto, kuschelte sich ins Bett und schlief tief und fest bis zum Abendessen. Sie überließ es ihrer Mutter, die Mahlzeit zuzubereiten, die sie vor dem Fernseher verspeisten.
    Am nächsten Morgen war Jennifer bei Tagesanbruch aus dem Haus, schritt rasch in Richtung Wasser und fühlte sich großartig. Sie hatte es nicht geplant, fand sich aber bald am bevölkerten Anleger wieder, der dank der dort festgemachten Boote, der Benzin- und Lebensmittelversorgung als Jachthafen durchgehen konnte. Die meisten Boote hatten die

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