Und er kam
angeritten auf seinem Pferd – tot – aber vom Waldrand herüber gewunken hat er
der Lioba sogar noch. Und noch als sie ihn begruben, starrten sie seine Augen
an. Sein Pferd ist von der Angst so verrückt gewesen, dass es zu Tode hetzte.
Als habe die Gryla es mit Wahnsinn verseucht. <<
Aron suchte nach Worten. Da waren
sie wieder, die Beklemmung, der heiße Schrecken, die Erinnerungen an seine
Brüder und ihren grauenvollen Tod. >>Ach…<<, stammelte er nur und
rang nach Fassung, während Ansgar fortfuhr, die Geschichte mit weiteren
Einzelheiten auszuschmücken, die nie stattgefunden hatten.
Aron musste sich erst einmal
setzen. Er hörte gar nicht mehr, was Ansgar noch erzählte. Er ahnte, dass dies
der letzte Impuls gewesen war, den Reinulf noch gebraucht hatte, um David
loszuschicken. Er war noch nicht einmal ganz wach, und dann so etwas. Plötzlich
bekam er Angst vor dem Versprechen, das er gegeben hatte, und vor dieser
Verantwortung, die er Reinulf und seiner Familie gegenüber nun verspürte.
>>Darf ich kurz raus? <<, fragte Aron jetzt
hastig.
>>Soweit kommt’s noch …wozu? <<, schnaubte
Ansgar bitter. Damit war das Gespräch für´s erste beendet.
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übrigens heut‘ Mittag<<, rief Vinara, Ansgars Frau, aus der Speisekammer.
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genervt zurück. >>Das auch noch. << Er war heute mies gelaunt und
jetzt musste er auch noch ein Rebhuhn für den Kirkbach schießen.
Wolfgang Kirkbach war ein Händler,
der das Dorf jeden Frühling und jeden Herbst besuchte. Das Meiste, das die
Dorfbewohner nicht selber herstellen konnten, kauften sie bei dem wandernden
Wolf , wie er auch genannt wurde. Er machte das größte Geschäft mit ihnen,
war er doch bescheiden und zuverlässig und hatte stets die beste Ware.
Besonders die Frauen freuten sich, bunte Stoffe und Garn bei ihm kaufen zu können,
aus denen sie sich zum Sommer hin neue Kleider nähen konnten.
Manchmal brachte er auch bunte
Perlen aus Glas mit und erzählte von Händlern aus fremden Ländern, denen er sie
abgekauft hatte, deren Haut so dunkel wie Leder war und die seltsam klingende
Sprachen sprachen. Vinara und Ansgar hatten bei ihm im letzten Winter aber vor
allem auch neue Löffel, einen neuen Schleifstein, Kerzenwachs sowie einige Kilo
Salz zum Pökeln bestellt. Zur Feier des Tages wurde der Wolf in der Wirtschaft
jedes Mal zum Essen eingeladen und bekam auch ein warmes Bett für die Nacht.
Dadurch sicherte sich das Ehepaar hier und da günstigere Preise bei ihm. Er
mochte am liebsten Rebhuhn an Preiselbeermarmelade. Dazu Buchweizengrütze und
einen großen Krug Gerstensaft. Da ihn ein solches oder ein ähnliches Abkommen
wohl fast in jedem Dorf erwartete, erfreute er sich, wie fast jeder Kaufmann,
einer prächtigen Leibesfülle.
>>Verfluchtes Wetter,
verfluchtes…<<, grummelte Ansgar vor sich hin und zog sich seinen Umhang
über. Er schulterte Pfeil und Bogen und ging in den kalten Mittag hinaus.
7
Ein markerschütternder Schrei
gellte zu David herüber, als wäre es der Wiederhall seines eigenen. Er klang
wie das Weinen eines Neugeborenen. Sein Herz raste und er drehte sich mehrfach
im Kreis, da er Angst hatte, der Schatten könne sich hinter seinem Rücken
befinden. Als er sich das zweite Mal um sich selbst gedreht hatte, erstarrte
er. Vor ihm saß die Katze des Adlerhofs. David hatte letzten Sommer dort oft
gespielt und auch geholfen, Heu zu machen. Die Katze hatte nur noch ein Auge.
Aus dem anderen tropfte Blut und etwas Gelbes, Klebriges. Ihr halber Schädel
war eingeschlagen, und ihr Gesicht war gespenstisch entstellt.
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sie mit heller Stimme. Er rang nach Luft, und mit einem Hammerschlag
überfluteten ihn die Ereignisse des letzten Sommers. Er hatte diese Katze zu
Tode gequält… ja, das hatte er getan! Warum eigentlich? Warum? David wusste es
selbst nicht. Er suchte nach Entschuldigungen, nach Ausreden, nach Erklärungen.
Und plötzlich wusste er es. Es war das Gefühl gewesen, stärker sein zu können
- etwas Schwächeres zu beherrschen. Und es hatte sich gut angefühlt.
Schließlich war es doch nur eine Katze…
Der Wald verschwand vor seinen
Augen, und er sah sich selbst vor seinem inneren Auge, wie er nach einem großen
Ast griff und der vertrauensvoll um seine Beine schnurrenden Katze damit heftig
in den Bauch stieß.
Ein schwerer Schlag in die
Magengrube riss ihn von den Beinen. Es wurde kurz schwarz um ihn herum. Dann
fand er sich abseits des