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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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Weges neben einem Ast liegen, der schräg aus einer
Eiche herausragte, und in den er geradewegs hineingerannt war. Etwas anderes
schien von ihm Besitz ergriffen zu haben. Sein Gewissen quälte ihn nun am
eigenen Leib. Er keuchte und presste, während er aufstand, die Faust gegen
seinen Bauch. Hektisch schaute er sich um, bis er das grauenvoll zugerichtete
Tier wieder im Blickfeld hatte. Er stolperte auf den Weg zurück und nahm allen
Mut zusammen, um an der Einäugigen vorbei, weiter in die richtige Richtung zu
stürmen. >>Nicht vom Weg abkommen, nicht vom Weg abkommen…<<,
wiederholte er die Worte seines Vaters. 
    >>Mörder! <<,
kreischte es nun hinter ihm und wieder flammte eine Erinnerung auf. Diesmal sah
er sich einen großen Stein heben und mit diesem dem Tier den Schädel
einschlagen. Ein Schmerz explodierte an seiner rechten Kopfseite. Blitze
flackerten vor seinen Augen und etwas Warmes floss seine rechte Wange herab.
Einige Sekunden blieb er benommen liegen, dann rappelte er sich vor dem Felsen
hoch, gegen den er gerannt war, und versuchte erneut, die Orientierung zu
behalten.
    Auf dem rechten Auge konnte er nun
nichts mehr sehen. Er befühlte die Stelle und sank vor Schmerz stöhnend zurück
auf die Knie. Die Katze kam nun langsam auf ihn zugeschritten, und ein Gefühl
der Lähmung breitete sich in ihm aus. Er würde hier sterben, das wusste er nun.
Seine Eltern würden vergeblich auf seine Rückkehr warten, und vor seinem
geistigen Auge sah er schon die Urmitzer unter einer grässlichen Vergeltung
Grylas leiden. Dann riss er sich zusammen. Er sandte ein Stoßgebet gen Himmel
und versuchte noch einmal, seine Angst mit aller Kraft beiseite zu schieben.
    Er hob den Kopf, um seiner
Peinigerin ins Auge zu sehen. Da kam eine leichte Brise auf und drückte die
dichten Zweige des Waldes so beiseite, dass sein Blick plötzlich auf eine
kleine Stelle weit hinter ihr fiel. Er glaubte in einiger Entfernung durch die
Bäume etwas Grünes aufleuchten zu sehen. Der Waldrand! durchschoss es
ihn. Dort hinten begann der Flüsternde Grund!  Er war fast da und konnte schon
die erste, von der Sonne beschienene Wiese sehen. Er blickte nach oben und sah,
dass die Wolken genau an der Grenze des Raunewaldes zum Gebiet des Zagel
abbrachen, gerade so, als hätte einer sie mit einer Schere einfach
abgeschnitten.
    Ein Kribbeln erfasste seinen
gesamten Körper und gab ihm die Kraft, sich auf die Beine zu bringen. Er
taumelte nun auf den kleinen Bachlauf zu, der sich vor ihm aus dem Wald heraus
schlängelte. Die Katze setze ihm nach, schreckte aber zurück als David mit
einem lauten Klatschen der Länge nach vornüber in den eiskalten, noch halb
zugefrorenen Strom klatschte. Aufgebracht und fauchend lief sie am Ufer entlang
und schlug wild mit dem Schwanz.
    David erwachte durch den
Kälteschock nun endgültig aus seiner Starre, rang einige Sekunden nach Luft,
raffte sich dann auf und taumelte durch das kniehohe Wasser in Richtung der
grünen Wiese, die er nun näher und näher auf sich zukommen sah. Sein Körper
fühlte sich taub an. Der anfängliche Schmerz hatte sich in ein sanftes Kribbeln
verwandelt. >>Riebzagel! <<, schrie er, doch seine Worte klangen
dumpf, wie unter einer Decke, oder als würde er unter Wasser schreien.
    Er rannte bis ihn nur noch wenige
Schritte vom Waldrand trennten. Er traute seinen Augen kaum. Zwar war es März,
und eigentlich hätte er wissen müssen, dass der Frühling vor der Tür stand. Als
er jedoch nun die leuchtend grünen Wiesen sah, und die Wolkendecke über ihm
aufriss, erkannte er erst wirklich, wie gewaltig die Macht der alten Hexe über
Urmitz und den Raunewald war. Mit letzter Kraft sprang er aus dem Bachbett,
krallte seine blutenden Finger ins Gras des flüsternden Grundes, zog sich hoch
und fiel dann weich in die grüne Wiese. Die Katze machte einen Sprung auf ihn
zu, prallte jedoch wie von einer unsichtbaren Wand getroffen wieder ab und
landete mit einem lauten Schrei  im eiskalten Wasser. Er hatte es geschafft!
    >>Riebzagel! <<,
kreischte der Kleine dreimal mit sich überschlagender Stimme, die nun wie
befreit über die große Wiese und das ganze Tal hinab hallte. Seine Worte
verwehten jedoch anscheinend ungehört, und einen Moment lang starrte er, auf
dem Rücken liegend, in den wundervoll blauen Frühlingshimmel. Hatte er jemals
zuvor schon etwas  so makellos Schönes gesehen?
    Dann, nach einer halben Ewigkeit,
erhob sich von Ferne ein Brausen und Rauschen, das stärker und stärker

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