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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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Wirre Gedankenfetzen begleiteten den
Weg in seine Träume. Er hatte das Gefühl zu stürzen, und diese Empfindung blieb
eine halbe Ewigkeit. Irgendwann sah er gräuliche Nebelschwaden auf sich
zukommen. Je näher sie kamen, desto mehr ging ein Grollen aus ihnen hervor, das
alsbald zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen anschwoll. Dann merkte Aron, dass
dieses Dröhnen ein Laut war, der aus einer mächtigen Kehle kommen musste. Dann,
auf einmal, sah er gewaltige Lippen, die seinen Namen formten.
      >>ARON! <<, grollte
es, und er erkannte nun auch das mächtige Gesicht eines gewaltigen Riesen, mit
grauenvoll scharfkantigen Zähnen unter einem weißen Bart. Er konnte nicht
fliehen, nicht wegrennen, sich dem Bild des Gehörnten nicht widersetzen.
    >>Du hast mein Pulver
probiert. So finde ich dich, wenn du schläfst! Es ist also kein leeres Gerede
gewesen. Du wirst also kommen? <<
    Aron begriff, dass es Zagel war,
den er dort vor sich sah.
    >>Ja<<, antwortete er
sofort. >> Ich komme und ich werde dich herausfordern. Wenn ich gewinne,
so darf ich mir von dir wünschen, was mir beliebt, ist es so? Der Einsatz ist
nichts Geringeres als mein Leben! <<
    Der Riese lachte und entblößte
dabei seine Zähne, was Aron noch einmal erschauern ließ.
    >> Dein Leben… <<,
wiederholte er, und sein rollendes Lachen ging kurz in ein dunkles Kichern
über.
    >>Dein mickriges Leben ist
der Einsatz? Du bist für mich eine Fliege, die ich zerquetsche. Was ich
einsetze ist tausendfach mehr wert. Aber gut, es geht um das Spiel. Und ein
Spiel ist immer gut!
    Ich habe dir einen Stein bringen
lassen. Gehe am Tage damit in Richtung des flüsternden Grundes. Wo immer du aus
dem Wald heraus trittst, ich werde da sein, Winzling. Ich sehe jeden der mein
Reich betritt. <<
    Die Stimme entfernte sich, und
Aron versuchte auszumachen in welche Richtung sie verschwand, da nur noch
Nebelschwaden blieben.
    >> Trage den Stein immer auf
deiner Haut. Nimm diese Kette nie von deinem Hals. Ich erwarte dich … <<
    Die letzten Worte kamen Aron vor,
als hätte Zagel sie nur noch gehaucht, oder als wäre er inzwischen schon sehr
weit von ihm entfernt. Kurz erwachte er und bemerkte sein schnelles Herzklopfen
und dass Ranja sich bewegte. Dann übermannte ihn wieder die Müdigkeit, und er
fiel in traumlosen Schlaf.
     
    Ranja setzte sich langsam auf.
Nebenan hörte sie nun Töpfe klappern. Mühsam erhob sie sich und wankte zur Tür.
Auf der Schwelle blieb sie stehen und blinzelte in den Raum hinein. Ida, die
Magd, stand am Herd und rührte in einer Schüssel mit dampfendem Hirsebrei.
    Die Ähnl saß am Feuer und wippte
sachte vor und zurück. In ihrem wuchtigen Schaukelstuhl sah sie nun noch
kleiner und runzeliger aus. Sie blickte auf, und es dauerte ein wenig, bis ihre
trüben Augen Ranja erkannten. Fast wie ein Windhauch, so zart war sie, und ihre
Hände erzählten von einem langen, mühevollen Bauernleben. Ihr Kopftuch verbarg,
ob sie noch Haare besaß, und ihr Mund war eingefallen. Trotzdem empfand Ranja
ihren Anblick als Wohltat. Noch nie hatte sie sich so zu ihr hingezogen gefühlt
- zu dieser alten Frau, die bald auch nicht mehr da sein würde, und die sie nun
mit liebevoller Sorge betrachtete.
    >>Kind, was kann ich dir
tun? <<
    Ranja antwortete nicht. Sie konnte
es nicht. Ihr Mund fühlte sich wie gelähmt an.
    Sie sah, dass die Ähnl Mühe hatte,
ihre Augen offen zu halten. Ihr fiel auf, wie alt sie geworden war. So alt,
dass sie am Tag fast nur noch in ihrem Lehnstuhl saß und vor sich hindämmerte.
Was hätte ihre Tante in diesen Tagen wohl ohne Ida gemacht, fragte sie sich.
    Der viel zu lange Winter trieb den
Hunger in die Familien. Ranja kannte Ida, die Aischner-Tochter. Sie half schon
seit drei Jahren gegen karges Mahl und gelegentliche Vorräte für die
Geschwister, bei der Tante im Haus, und lebte auch dort. Ein Hungermaul weniger
hatte die Aischner-Familie dadurch, und fast genug, um ihre anderen Kinder
durchzukriegen.
    Das junge Mädchen sprach nicht. Zumindest
hatte sie es bisher in Anderleuts Beisein nicht getan. Sie hatte zu sprechen
aufgehört, als sie bei Mara mit der Arbeit begonnen hatte. Ranja hatte früher
mit ihr gespielt. Ihre Eltern verstanden sich allerdings nicht gut mit Idas
Eltern. Und jetzt war sie auch noch Magd bei ihrer Tante.
    Ranja hatte immer ein mulmiges
Gefühl, wenn sie sie sah. Sie wusste von der Tragik in Idas Familie. Aber da
war noch etwas anderes. Etwas, das ihr unheimlich vorkam. Ihr Blick hatte etwas
Seltsames und

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