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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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sein könnte. Er
fiel auf die Knie und begann zu beten.
    Nein, er durfte seine Hoffnung
nicht verlieren, weil dann alles zu Ende war. Schon allein wegen Ranja. Er bat
den Herren über Himmel und Erde, ihm den Weg zu weisen. Dann wartete er. Doch
nichts geschah. Er fühlte sich plötzlich unendlich müde und hätte sich nach den
Strapazen des Tages am liebsten irgendwo unter eine Wurzel oder in ein Erdloch
gekauert, um einfach einzuschlafen. Doch das ging natürlich nicht. Wie sollte
er die Nacht überleben?
    Wie er so kniete, bemerkte er
plötzlich, dass er, ohne es zu merken, die ganze Zeit auf einen äsenden Hirsch
ganz in seiner Nähe starrte. Tiere dieser Art sah man eigentlich sehr selten,
und auch nur, wenn man sich auf leisen Sohlen in den Wald hineinschlich. Der
Hirsch schaute unvermittelt auf, so als hätte er Arons Blick gespürt, und ging
dann geradewegs und ohne Zögern auf ihn zu. Aron taumelte zurück und tastete
suchend hinter sich nach einem Stock, mit dem er sich zur Not verteidigen
konnte.
    Mit Schrecken betrachtete er das
gewaltige Geweih des Tieres. Das war schon etwas anderes, als die kleine Armee
der Ameisen, die ihm zuvor begegnet war. Das Tier war wunderschön, hellbraun
mit glänzendem Fell und von stattlichem Wuchs. Eigentlich hatte es sogar etwas
Liebliches an sich. Als es sich aber schnurstracks auf Aron zubewegte, wirkte
es wie verhext, ohne natürliche Scheu, so als sei sein Instinkt einfach
ausgeschaltet worden.
    Arons Hände ertasteten endlich
einen großen abgestorbenen Ast, der nur noch von einem Stück Rinde gehalten
wurde, und von einem Stamm herab baumelte. Mit einem Ruck riss er den Stock
herunter und hielt ihn wie ein Schwert mit beiden Händen vor seinen Körper.
Unbeeindruckt ging der Hirsch weiter, blieb aber, als er nur noch zwei
Armlängen von Aron entfernt war, stehen. Aron versuchte trotz seiner Furcht,
bei klarem Verstand zu bleiben.
    Er bemerkte plötzlich, dass der
Ausdruck des Tieres etwas anderes an sich hatte, als erwartet. Er war nicht
wirr und wahnsinnig, wie der des Pferdes gewesen war. Er schien geradezu völlig
normal zu wirken. Verwirrt ließ Aron den Stock sinken. Dann auf einmal, drehte
der Hirsch sich um und lief langsam in eine andere Richtung.
    Aron war erst etwas verdattert,
begann jedoch sofort dem Tier zu folgen. Der Hirsch lief langsam aber immer
noch so schnell, dass Aron ihn nicht einholen konnte, voraus. Aron folgte dem
Tier in der verzweifelten Hoffnung, dass dies ein Zeichen war, und aus Mangel
an Ideen in welche Richtung es überhaupt ging.
    Dann ganz plötzlich, nach einer
schier endlosen Odyssee durch dornige Gebüsche und immer dichter stehende
Baumstämme, lichtete sich der Wald mit einem Mal, so als hätte jemand eine
Schneise in die zusammenrückenden Stämme geschlagen, und er stand auf einer
Lichtung vor einem uralten Wirtshaus. Seine Steine waren schwarz wie der
Waldboden und die Bäume. Auch das Dach, obwohl mit Stroh gedeckt, schien
schwarz zu schimmern. Dem Himmel sei’s gedankt! In den Fenstern leuchtete
dumpfes Licht, und als er näher trat, bemerkte er das Schild über der schiefen
Eingangstür, das so alt zu sein schien, dass es nicht mehr zu entziffern war.
    Ein Wirtshaus im Raunewald! Davon
hatten die Kaufleute nie erzählt. Sicherlich mieden sie diesen Ort. Er blickte
sich um, doch das Tier war lautlos verschwunden.
    Ganz wohl war ihm nicht zumute,
als er näher trat. Er fragte sich, was wohl gefährlicher für ihn sein würde,
und immer wieder kam er zu dem Schluss, dass es wohl in jedem Falle sicherer
war, die Nacht in einem Haus zu verbringen, als hier draußen im Freien.
    Mit klopfendem Herzen trat er
näher und versuchte etwas durch die matten Fensterscheiben zu erkennen. Er sah
schemenhaft Gestalten an Tischen sitzen. Lange zögerte er. Dann fasste er sich
doch ein Herz, ging auf die Türe zu und drückte die Klinke herunter.
    Als er in den Gastraum blickte,
stockte ihm der Atem. Auch der Gastraum sah schwarz und dreckig aus, so als
würde der Waldboden sich einfach in das Wirtshaus weiter hinein erstrecken. Die
Möbel wirkten verrottet und feucht. Es roch moderig und an den Tischen saßen
merkwürdig heruntergekommene Gestalten. Männer jeden Alters erhoben ihre Köpfe
und stierten ihn aus seltsam leeren Augen an.
    Hinter der Theke stand eine dicke
Frau mittleren Alters. Sie war hässlich anzusehen. Zudem hatte sie zerzaustes
Haar und schlechte Zähne. Ihre Kleidung war schmutzig, und Aron konnte das
Muster auf ihrem

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