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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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herumwandernden Geist gewahrte, dass ein Zwerg durch ihren
Wald trampelte, der eine machtvolle magische Seele in sich trug – schon als er
den ersten Fuß auf die Grenze des Raunewaldes gesetzt hatte, richtete sie
blitzartig ihre Aufmerksamkeit auf ihn.
    Aron hörte Irrgrims Schreie, als
Gryla mit dessen Geist zu ringen begann, und er wusste zunächst nicht, ob es
Tierlaute waren, die er da hörte oder ob es die Schreie eines sterbenden
Menschen waren. Das quälende Kreischen versetzte ihn in Entsetzen, und er
begann zu rennen, so schnell seine Füße ihn trugen. Hätte jemand das groteske
Schauspiel beobachten können, das Irrgrim bot, er hätte verständnislos
zugesehen, wie der Zwerg zitternd, winselnd und schreiend über den Waldboden
kroch.
    Gryla versuchte durch die
schwachen Pforten seines Geistes in seine und damit auch in die Seele der alten
Ursul einzudringen, und diese zu attackieren. Ursul jedoch, ließ dies nicht zu,
und so musste der arme Irrgrim das Ringen dieser beiden Urgewalten in seinem
Kopf über Stunden geschehen lassen und das grauenvolle Hämmern und Dröhnen
ertragen, das seinen Körper schüttelte.
    Aron war sich inzwischen sicher,
dass er sich heillos verlaufen hatte. Nun hatte er 20 Jahre in diesem winzigen
Nest verbringen müssen, und war nicht einmal mehr als 1 Meile weit in die Welt
hinaus spaziert. Und je weiter er so lief, desto merkwürdiger wurde es hier.
    Er bewegte sich im Laufschritt
voran, versuchte keine Sekunde zu verlieren und fürchtete stehenzubleiben. Die
Baumstämme wurden größer und größer. Bald waren sie so groß und standen so
dicht, dass er das Gefühl hatte, er würde, wenn das so weiter ginge, keinen
Spalt mehr finden, durch den er hindurchschlüpfen konnte. Die Bäume wirkten wie
breite Männer, die ihm den Weg versperren wollten. Und dort wo ein besseres
Durchkommen war, versperrten ihm dornige Äste den Weg, die er mit einem Stock
zur Seite schlug.
    Zudem war der Boden moosbewachsen
und glitschig, so dass er immer wieder ausrutschte, was ihn ebenfalls Zeit
kostete.
    Es war so, als wollte der Wald
selbst ihn hindern, endlich in die Freiheit hinaus zu finden. Ja, das Böse
schien hier in jeder Wurzel und in jeder Rindenspalte zu stecken, und wenn er
stehenblieb, hatte er das Gefühl, dass es auf ihn zukroch.
    Andererseits leuchtete es hier und
da grünlich auf, und es hörte sich wie das leise Seufzen kleiner Elfen an, wenn
ein Licht im trüben Dunst mit einem Mal aufleuchtete, und dann wieder
entschwand. Er achtete nicht darauf. Jedes Kind wusste, dass man Irrlichter
tunlichst ignorieren sollte, da sie sonst die Aufmerksamkeit gefangen hielten
und nicht mehr losließen, bis man nur noch ziellos umherwanderte und man vor
Hunger tot zusammenbrach.
    Auch gab es ab und zu erstaunliche
Pflanzen, die sich von den schwarzen, schimmernden Stämmen in leuchtenden
Farben herunterschlängelten. Ihre Früchte dufteten verführerisch, aber sobald
Aron eine pflückte, verdarb sie binnen Sekunden in seiner Hand, wurde schwarz,
platze auf und verströmte einen bestialischen Geruch nach Verfaultem und Tod.
Sogar die Früchte dieses Waldes verspotten ihn.
    Viele Stunden lief er so, und noch
immer drangen gedämpfte Schreie an sein Ohr. Gryla hatte wohl wieder Freude
daran, ihr Opfer lange zu quälen, dachte er bei sich. Sie hatte von Aron
sicherlich aber auch deshalb abgelassen, weil der Stein ihn schützte und vielleicht
war ihr weder sein Vorhaben, noch dessen Tragweite wirklich klar.
    Auch kein Tier attackierte ihn
mehr. Es war, als hätte sie ihre gesamte Aufmerksamkeit und Kraft nun auf etwas
anderes gelenkt und Aron konnte die Auswirkungen dieser Tatsache mit Schaudern
seinen Weg begleiten hören. Doch wen quälte sie nun, und warum? Er ging alle
Urmitzer in seinem Kopf durch, doch es fiel ihm niemand ein, der sich so tief
in den Wald hineinwagen würde. Nicht mal ein Betrunkener verlief sich in den
Wald.
    Bald sah er voller Schrecken die
Sonne am Horizont immer tiefer sinken. Viel mehr erahnte er ihren Stand durch
die dichte Wolkendecke hindurch, die über dem schwarzen Astgewirr über seinem
Kopf hing. Die Bäume schienen sich nach ihm zu recken, und es kam ihm vor, als wenn
sie mit spindeldürren Zweigenfingern nach seiner Kleidung griffen und an ihr
zerrten. Er bekam Angst, wenn er an die Nacht dachte, und als er stehenblieb,
um erneut die Richtung festzulegen, überkam ihn eine große Verzweiflung und die
Sorge, dass er vielleicht doch einfach nur im Kreis gelaufen

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