Die Kraft gelebter Gegenwart
Informationen ohne die Anwendung von Denken mag uns fremd erscheinen, weil wir durch den verstandesdominierten Ansatz unseres Bildungssystems geprägt sind. Entgegen der allgemeinen Annahme ist der denkende Aspekt unseres Verstandes jedoch nicht das Maß aller Dinge, wenn es um das Gewinnen von Einsichten geht. Im Gegenteil haben wir die Fähigkeit, Einsichten zu empfangen, wenn wir das am wenigsten erwarten.
Es ist uns allen schon passiert, dass wir plötzlich die Antwort auf eine Frage wussten, obwohl wir eigentlich gedacht hatten: »Ich komme nicht darauf.« Weil wir das Gefühl haben, dass wir auf die Antwort zugreifen können, sie nur eben gerade nicht fassen können, brechen wir unsere mentale Suche danach nicht ab, sondern sagen uns selbst etwas wie: »Ich weiß, dass ich das weiß.« »Ich komme noch darauf.« »Es liegt mir auf der Zunge.« Und das Ergebnis ist dann, dass wir tatsächlich darauf kommen. Während unsere Aufmerksamkeit mit etwas anderem beschäftigt ist, taucht die Antwort auf mysteriöse Art und Weise in unserem Bewusstsein auf, als ob sie immer schon da gewesen wäre.
Ganz ähnlich geben viele Erfinder zu Protokoll, dass der entscheidende Einfall, der die Erfindung möglich gemacht hat, zu einem Zeitpunkt aufgetaucht ist, als sie mit ihrer Aufmerksamkeit nicht mehr mit der Aufgabe beschäftigt waren, sondern sich mit etwas ganz anderem befasst haben, zum Beispiel bei einem Entspannungsschlaf.
Diese Art Erfahrung zeigt, dass alle relevanten Informationen, die wir über unsere vergangenen Erfahrungen anstreben, auch zur Verfügung stehen, wenn wir nur die richtige Zugangsmethode wählen. Die richtige Zugangsmethode muss nicht unbedingt das Nachdenken sein. Was erforderlich ist, ist die Offenheit, die Antwort von einem Aspekt unseres Selbst zu empfangen, der alles weiß .
So, wie wir uns derzeit selbst begreifen, wissen wir nicht alles. Aber es gibt einen Aspekt unseres Seins , der alles weiß. Unter Umständen sind wir uns dieses Aspekts unseres Seins noch nicht bewusst. Er weiß alles, ohne über etwas nachdenken zu müssen. Die Präsenz ist ein stiller Zeuge jeder Erfahrung, die wir durchleben, und sie erinnert sich an alles aus jedem Augenblick dieser Erfahrungen, als ob diese noch immer stattfinden würden. Für die Präsenz sind alle Erfahrungen, die wir je machen, so, als ob sie im Jetzt stattfinden würden, weil sich das Sein im Bewusstsein im gegenwärtigen Augenblick befindet, das keine Zeit kennt. Die Präsenz ist ein ständiger Zeuge aller Erfahrungen, als ob sich alle Erfahrungen gleichzeitig entfalten.
Wir sind aufgefordert, während des gesamten Prozesses viele Fragen über unsere Erfahrung zu stellen. Um das Potenzial unserer Fragen nicht zu begrenzen, sind wir aufgefordert, das Stellen der Fragen ohne Nachdenken über die Antworten zu bewerkstelligen. Entweder wissen wir die Antwort auf eine Frage – oder wir wissen sie nicht. Das Nachdenken darüber ändert nichts daran. Das Nachdenken mag zu Vermutungen verleiten, ist aber wirkungslos im Vergleich zum Aktivieren des Wissens , wenn das Wissen nicht von sich aus bereits offensichtlich ist. Wenn wir uns nur auf das Denken stützen, erfinden wir unweigerlich Geschichten, die nicht authentisch sind.
Im Gegensatz zum mentalen Verständnis erfordert das Wissen, dass wir uns einer integrierten physischen, mentalen und emotionalen Erfahrung dessen anvertrauen, was wir wissen wollen. Eine Frage und die Antwort darauf stehen in gleicher Beziehung wie eine Ursache und ihre Wirkung. In dem Moment, in dem wir eine Frage stellen, operieren wir aus der Kausalität, aus der Ursache, heraus. Folglich sind wir bereits mit der Erfahrung der Antwort verbunden. Wenn wir diesen Augenblick der Kausalität nicht mit einer selbstbegrenzenden reaktiven Aktion beenden, wird die Antwort in der einen oder anderen Form in unserem Bewusstsein auftauchen, und zwar genau, wenn sie erforderlich ist (allerdings, und das betone ich, nicht unbedingt, wann wir uns das wünschen). Die Frage ist die Ursache, die Antwort ist die Wirkung. Sie sind bereits eng miteinander verknüpft, weil sie ein Teil desselben Ganzen sind. Der eine Teil garantiert den anderen. Wir sind eingeladen, diesen Ansatz anzuwenden, wenn wir während dieses Prozesses vor irgendeiner Frage stehen.
Seien Sie nicht auch nur ansatzweise beunruhigt, wenn Sie auf eine Frage in diesem Text keine unmittelbare Erinnerung haben. Unsere Aufgabe ist erfüllt, wenn wir die Frage ernsthaft gestellt
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