Die Krankenschwester
davon überzeugt, daß es sie gibt.«
»Sollte das so sein«, sagte Suko, »dann frage ich mich, in welch einem Zusammenhang sie mit unserer Krankenschwester steht. Gehören sie zusammen? Sind sie eine oder zwei Personen…?«
»Wir werden es erfahren.« Ich hatte das Ende der Treppe erreicht und war in einem nur mäßig beleuchteten Flur stehengeblieben. Das Licht strich über die kahlen Wände hinweg. Weiter oben und dicht unter der Decke liefen Versorgungsrohre entlang. Wir hörten auch ein leises Brummen, und dann drang der typische Geruch einer Wäscherei in unsere Nasen.
Wir hörten hastige Schritte. Dann kam ein Mann um die Ecke, der einen Overall trug, einen mit Werkzeug gespickten Gürtel umhängen hatte und ein Handy bei sich trug. Der Mann war groß, hatte schwarzes Haar und einen dichten Oberlippenbart.
»Mein Name ist Tony Sellas. Ich habe mit dem Chef telefoniert. Sie sind sicherlich John Sinclair und Suko.«
»Das können wir nicht leugnen.«
»Gut.« Er drückte uns die Hände. »Der Professor sagte mir, daß ich Sie durch die Räume hier unten führen soll. Wir nennen sie Gelände. Es ist der Teil des Krankenhauses, den man nicht gern vorzeigt. Sie wissen ja selbst, daß hier nicht nur die Wäscherei untergebracht ist, sondern auch unsere Leichenhalle und die Obduktionsräume. Es dauert seine Zeit, bis wir alles besichtigt haben.«
»Hat Ihnen der Professor auch gesagt, um was es uns geht, Mr. Sellas?« fragte ich.
»So ungefähr. Sie suchen jemanden.«
»Ja, eine Frau.«
»Da werden Sie hier unten nur in der Wäscherei welche finden. Nein, das heißt, wir haben auch eine Pathologin. Sie aber hat heute frei und kommt erst…«
»Uns geht es um eine bestimmte Person«, unterbrach ich seinen Redefluß. »Ach so.«
»Sie heißt Elfie Gazzow und hat in diesem Haus als Krankenschwester gearbeitet.«
Schon bei der Erwähnung des Namens war der Mann zusammengezuckt und blaß geworden. Jetzt sah er aus, als wäre er eingefroren und fragte flüsternd: »Die – die dreifache Mörderin?«
»Ja.«
»Aber die ist im Knast.«
»Ich habe sie hier gesehen.«
Sellas schluckte. Dann sprach er davon, daß es ja wieder drei Tote gegeben hatte, denn das hatte sich mittlerweile auch bis in seinen Kellerbereich herumgesprochen, und Sellas sah plötzlich sehr ängstlich aus und machte auch einen entsprechend nervösen Eindruck. »Darf ich fragen«, sagte er flüsternd, »ob Sie diese Frau hier unten bei uns suchen?«
»Ja!« bestätigte Suko. »Aber wir wollen auch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen sprechen, ob die eine oder der andere möglicherweise die von uns gesuchte Person gesehen hat.«
»Also, ich habe sie nicht gesehen. Das kann ich schwören, meine Herren.«
»Klar. Aber Sie können nicht für alle reden.«
Er streckte seinen rechten Arm vor. »Moment mal, dann könnten Sie auch davon ausgehen, daß sich die Mörderin noch hier unten irgendwo versteckt hält.«
»Auch das ist sicher nicht hundertprozentig auszuschließen.«
Sellas geriet doch etwas ins Schwitzen. Mit der rechten Hand fuhr er an seiner Kehle entlang, als wollte er dort in sein Fleisch greifen oder schon eine Wunde suchen. Dabei schüttelte er sich wie jemand, der einen kalten Wasserguß bekommen hatte. »Ich kann nicht eben von einer Vorfreude sprechen, die mich überfallen hat. Wer begegnet schon gern einer mehrfachen Mörderin?«
»Es ist ja nicht sicher.«
»Aber sicher ist, daß Sie nicht wissen, wo sie steckt.«
»Genau.«
Er hob die Schultern. »Okay, dann gehen wir mal. Aber Garantien kann ich Ihnen nicht geben.«
»Die erwarten wir auch nicht.«
Tony Sellas ging vor und führte uns zunächst in die Wäscherei, einen sehr großen Raum, in dem die hohen Maschinen standen, in denen all die Wäsche gewaschen wurde. Es herrschte der typische feuchte Waschküchengeruch, und es war warm hier unten, auch nebenan im Bügelzimmer, wo wir die großen Regale sahen, in die die fertige Wäsche gestapelt wurde.
Hier unten arbeiteten nur Frauen. Zumeist Farbige, und auch die Chefin war eine Schwarze. Eine kugelrunde Frau mit blitzenden Augen und einem Kopftuch über dem Haar.
Suko sprach mit ihr. Ich hatte ihm Schwester Elfie beschrieben, aber die Chefin der Wäscherei schüttelte nur den Kopf. »Nein, gesehen haben wir keinen Fremden.«
»Kannten Sie Schwester Elfie denn?«
»Kaum«, gab sie zu. »Wir haben sie mal hier unten gesehen, aber nicht mit ihr gesprochen. Nur später gelesen, was sie getan hat, und das hat uns
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