Die Kreatur
Verstand zu trüben.«
»Für mich nicht«, sagte Deucalion. »Ich ziehe die Klarheit vor.«
Der Geistliche füllte seinen leeren Becher zur Hälfte mit Kaffee und dann bis obenhin mit Brandy. Er setzte sich. Und trank. Und sagte: »Du hast von einer Bestimmung gesprochen, und ich kann mir nur eine einzige denken, die dich zweihundert Jahre später nach New Orleans führen würde.«
»Es ist mein Schicksal, ihn aufzuhalten«, enthüllte ihm Deucalion. »Ihn zu töten.«
Jetzt schwand die Farbe, die in die Wangen des Geistlichen gestiegen war, und er wurde wieder blass. »Keiner von uns kann seine Hand gegen ihn erheben. Dein zerstörtes Gesicht ist der Beweis dafür.«
»Wir selbst sind nicht dazu in der Lage. Aber andere können es tun. Diejenigen, die der Verbindung eines Mannes mit einer Frau entsprungen sind, schulden ihm keinen Gehorsam … und keine Gnade.«
Der Geistliche trank wieder von seinem Kaffee mit Schuss. »Aber uns ist es verboten, ihn zu verraten, uns ist es verboten, Komplotte gegen ihn zu schmieden. Diese Befehle sind fest in uns installiert. Wir besitzen nicht die Fähigkeit zum Ungehorsam. «
»Diese Verbote sind in mir nicht installiert worden«, sagte Deucalion. »Zweifellos sind sie ihm erst nachträglich eingefallen, vielleicht an seinem Hochzeitstag vor zweihundert Jahren … als ich seine Braut ermordet habe.«
Als Pater Duchaine noch mehr Brandy in seinen Kaffee schüttete, stieß der Flaschenhals klappernd gegen den Rand des Bechers. »Ganz gleich, wer dein Gott ist, das Leben ist so oder so ein Jammertal.«
»Victor ist kein Gott«, beharrte Deucalion. »Er ist noch nicht einmal so wenig wie ein falscher Gott und nicht halb so viel wie ein Mensch. Mit seiner perversen Wissenschaft und seiner rücksichtslosen Willenskraft hat er sich selbst auf weniger als das reduziert, was er bei seiner Geburt war. Er hat sich herabgesetzt und ist so tief gesunken, wie sich nicht einmal das unwürdigste Getier auf Erden erniedrigen und degradieren könnte.«
Duchaine, der trotz des Brandys immer aufgeregter wurde, sagte jetzt: »Aber nichts von dem, was du von mir verlangen könntest, könnte ich tun, selbst dann nicht, wenn wir einmal annehmen, dass ich es tun wollte. Ich kann mich keinem Komplott anschließen.«
Deucalion trank seinen Kaffee aus. Je mehr er abgekühlt war, desto bitterer war er geworden. »Ich bitte dich nicht darum, etwas zu tun , weder die Hand gegen ihn zu erheben, noch bei einer Verschwörung gegen ihn mitzumachen.«
»Warum bist du dann hier?«
»Das Einzige, was ich von dir will, ist etwas, was selbst ein falscher Prediger seinen Schäfchen viele Male am Tag geben kann. Ich bitte dich lediglich darum, mir einen kleinen Dienst zu erweisen, woraufhin ich fortgehen und nie mehr zurückkehren werde.«
Nach seinem totenbleichen Gesicht zu urteilen, auf dem ein Ausdruck blanken Entsetzens stand, reichten Pater Duchaines Kräfte kaum für die Enthüllung aus, die jetzt aus ihm herausgesprudelt kam: »Ich habe mich hasserfüllten Gedanken über unseren Schöpfer hingegeben, deinem und meinem. Und gerade erst vorletzte Nacht habe ich Jonathan Harker eine Zeit lang hier Obdach gegeben. Du weißt doch, wer das war?«
»Der Polizeibeamte, der zum Mörder geworden ist.«
»Ja, das hat Schlagzeilen gemacht. Aber was in den Nachrichten nicht gesagt wurde … Harker war einer von uns. Er hat sowohl psychologisch als auch physiologisch einen kompletten Zusammenbruch erlitten. An ihm haben sich … Veränderungen vollzogen.« Duchaine erschauerte. »Ich habe mich nicht mit ihm gegen Victor verbündet. Aber ich habe ihm Unterschlupf gewährt. Weil … weil ich mich tatsächlich manchmal frage, was es mit dem Geist, über den wir sprachen, auf sich hat.«
»Nur einen kleinen Dienst«, beharrte Deucalion. »Das ist alles, was ich von dir erbitte.«
»Und der wäre?«
»Sag mir, wo du erschaffen worden bist, den Namen des Ortes, an dem er seiner Arbeit nachgeht. Dann bist du mich los.«
Duchaine faltete die Hände vor sich wie zum Gebet, obwohl
diese Pose wohl eher der Gewohnheit als der Frömmigkeit entsprang. Er starrte seine Hände eine Zeit lang an und sagte schließlich: »Wenn ich es dir sage, verlange ich dafür eine Gegenleistung. «
»Und die wäre?«, fragte Deucalion.
»Du hast seine Braut getötet.«
»Ja.«
»Also ist in dir, seinem Ersten, das Mordverbot nicht programmiert. «
»Nur er ist sicher vor mir«, sagte Deucalion.
»Dann sage ich dir, was du wissen
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