Die Kreuzfahrerin
orangefarbenen Blüten der Ringelblumen mit Rindertalg eine Wundsalbe herstellte, und hatte sie immer wieder ermahnt, nicht alle Blüten zu ernten, sondern immer einige übrigzulassen, damit sie Samen entwickeln konnten.
Im Laufe des Jahres hatte Ursula für sich auch Samen von Kraut aus dem Wald gesammelt. Sie dachte, was mit den Gartenpflanzen funktionierte, müsse doch auch für all das Kraut zutreffen, das sie zwischen Bäumen und auf Lichtungen fand. Genüsslich sog sie den Geruch der feuchten, nährstoffreichen Erde ein, den diese frisch aufgebrochen ausströmte. Fast zärtlich ging sie bei der Aussaat vor und streichelte ihre Saatreihen, mit dem Wunsch, die Erde wohlgesonnen zu stimmen.
Die Bereiche des Gartens, in denen sie ihre Heilpflanzen aussäte, waren von den Gemüsebeeten durch kleine, zwei Handbreit hohe Hecken aus Thymian getrennt. Der eine Bereich lag in der Sonne, und der zweite hatte fast immer Schatten. Denn Ursula wusste, manche Pflanzen brauchten Licht und Wärme, wogegen andere nur im Schatten wuchsen. Die von ihr gehorteten Wildkräutersamen säte sie an einer besonderen Stelle aus, und schon jetzt war sie gespannt, ob ihr Versuch gelingen würde.
Als die Äcker und Beete bestellt waren, kam bereits die Zeit der ersten Heumahd, und Ursula blieben nur wenige Stunden, um zwischendurch im Wald nach Bärlauch und ersten frühen Erdbeeren zu sehen. Sie sehnte sich nach etwas Zeit für sich und auch nach ihrem Tümpel. Ihre Kleider waren verdreckt, fast völlig mit Erde beschmiert, und mehr, als sie jeden Abend auszuschütteln, war in dieser Zeit nicht möglich. Nach dem morgendlichen Versorgen der Kühe eilte sie in den Garten, und beim vorsichtigen Wässern der Erde suchte sie die ersten frischen Blättchen des Jahres zu entdecken.
Die Tage der ersten Heuernte waren anstrengend und von ungewohnter Hast geprägt. Noch war das Wetter launisch, und binnen weniger als einer Stunde konnte der Schnitt einer Wiese durch einsetzenden Regen verdorben werden. Der Bauer, ebenso Ludger und der Knecht trieben alle zu besonderer Eile an. Sie mähten nur die dem Hof am nächsten gelegenen Wiesen. Der Schnitt wurde öfter und schneller gewendet. Mit großen Holzgabeln lockerten sie das saftige Grün, damit Wind und Sonne es möglichst rasch konservierten. Der Duft von frischem Heu hatte etwas Verführerisches, und Ursula stahl sich abends in die Scheune und atmete die würzige Luft ein. Mit geschlossenen Augen stand sie da und versuchte den Geruch einzelner Kräuter zu erkennen, als Ludger sich leise zu ihr gesellte. Sie spürte seine Anwesenheit, noch bevor er heran war, und so erschrak sie nicht, als sich seine Hand schwer auf ihre Schulter legte. „Was machst du da?“, fragte er mit einem verwunderten Schwingen in seiner Stimme. Ursula war leicht benommen vom Riechen und lehnte sich sanft gegen den hinter ihr Stehenden. „Hmm, das Heu, es riecht so gut“, sagte sie nur. Ludger, durch ihr Anlehnen angestachelt, schlang seine Arme um ihren Körper, verbarg sein Gesicht in ihrem Nacken und sog hörbar die Luft durch seine Nase ein. „Du riechst auch gut“, murmelte er und küsste Ursulas Hals. Ihr fuhren diese Berührungen ihrer Haut durch Mark und Bein. Sie erschauderte, aber konnte nicht umhin, dieses Gefühl zu genießen. Erst als Ludgers Hände nach ihren Brüsten griffen, riss sie sich los. „Au, du Grobian, du tust mir weh!“
Sie hatte sich umgedreht und stand vor dem Jungbauern, trotzig blickte sie zu ihm auf. Seine Nähe gefiel ihr, und sie dachte wieder an Utes Rat. Als spürte Ludger, was sie dachte, beugte er sich zu ihr und küsste sie auf den Mund. Sanft legte er eine Hand auf ihre Brust. Ursula spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss. Ihr war, als schiene plötzlich die Sonne in der Scheune und brenne auf ihrer Haut. Kurz drückte sie ihre Lippen noch ein wenig fester gegen Ludgers, dann machte sie einen schnellen Schritt rückwärts. Ludger blieb verdutzt stehen. „Ich muss zurück ins Haus“, zischte Ursula noch schnell und huschte aus seiner Reichweite. Auf dem Weg über den Hof biss sie sich verstohlen auf die Unterlippe, holte, bevor sie durch die Tür trat, noch einmal tief Luft und begab sich gleich auf ihr Lager. Die Erregung ihres Körpers beunruhigte sie, und als sie die Augen schloss, sah sie Ludgers Gesicht nah vor sich. Sie kramte ihren Engel und das Bärchen hervor und streichelte sie sanft. Sie lauschte auf die Geräusche im Haus. Gernot und Ute schnarchten, von
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