Die Kreuzfahrerin
probierte ein Lächeln. Lothar war wieder in bester Laune. „Guten Morgen, guten Morgen. Der Tag scheint gut zu werden. Vielleicht kommen wir heute ein Stück voran, ohne nass zu werden. Spute dich, nach einem Schälchen Brei brechen wir auf.“ Ursula lief ein Stück in den Wald und verrichtete ihr morgendliches Geschäft. Als sie zum Lager zurückkehrte, war Lothar schon beinahe fertig mit Packen. Nur der Breitopf und ihre Schalen standen noch beim Feuer. Ansonsten war alles verpackt, auch die Plane, unter der sie gesessen hatten. Ursula nahm sich eine Portion Brei und begann zu essen. Als sie fertig waren, schirrte Karl die Pferde an. Ursula näherte sich vorsichtig den Tieren. Sie hatten ganz weiche Nasen. „Sind Pferde nicht sehr teuer?“, fragte sie Karl.
Der nickte. „Ja, aber wenn man erst einmal eines hat, macht es sich sehr bezahlt.“
„Woher habt ihr die beiden?“
„Hm, der eine hier, den hat Lothar in einem guten Jahr einem armen Schlucker abgekauft, der sonst wohl verhungert wäre. Soweit man der Erzählung Lothars Glauben schenken mag. Das hier“, er streichelte zärtlich Hals und Kopf des Tieres, „das ist mein Pferd, das ich viele Jahre geritten habe, bevor ich mich mit Lothar zusammentat und es vor seinen Wagen spannte.“
„Du warst ein Reiter?“
„Ja, ein Ritter ohne Land und Burg, der sich an den Meistbietenden verkaufte.“ Bitternis klang in seiner Stimme mit.
„Verkaufte? Für was?“
Karl merkte, Ursulas Fragen waren nicht bös gemeint. „Ach Mädchen“, antwortete er sanfter. „Ich habe für die Herren gestritten für Geld, Ruhm und die Hoffnung, vielleicht einst ein eigenes Land zu erhalten. Aber nichts davon blieb mir, und so hatte ich noch mehr verloren. Nur dieser Gaul und meine Waffe sind mir geblieben. Nun aber genug davon. Wir wollen los“, beendete er das Gespräch und zog die Pferde samt Wagen hinter sich her zurück auf den Weg.
Ursula verstand, dass da etwas war, worüber Karl nicht gerne reden wollte. Sie nahm ihre Sachen und folgte dem Wagen.
„Ursula, was soll das?“, rief Lothar sie an. „Los, pack deine Sachen auf den Wagen, du brauchst sie den Pferden nicht hinterhertragen.“
Ursula tat wie geheißen und konnte so völlig unbelastet, nur mit ihrem Stab in der Hand, mit dem Fuhrwerk Schritt halten. Sie kamen gut voran, und in ihr blühte die Freude über das eigene Glück und verjagte so manchen Schatten auf ihrer Seele. Das Wetter war wesentlich besser als am Vortag, und dort wo der Wald zurücktrat, konnte Ursula weit in das Land sehen. Sie bewegten sich auf einer Hügelkette, und daneben schienen ebensolche Hügel zu sein. Alles war mit Wald bedeckt, und nur zwei Mal konnte sie in der Ferne zwischen den Bäumen eine zarte Rauchfahne ausmachen, die darauf hinwies, dass dort wohl Menschen lebten. Mittags machten sie Rast, und Karl ließ die Pferde etwas grasen. Ursula gesellte sich zu Ruth und dem kleinen Johannes. Zuerst saß sie einfach nur daneben und beobachtete, wie Ruth ihren Sohn wickelte und herzte. Dann fasste sich Ursula ein Herz und stellte ihr all die Fragen, die ihr so sehr auf der Zunge lagen. Ruth schaute sie lächelnd an und flüsterte: „Na, hab ich es doch gewusst. Du sahst mir heute morgen ganz danach aus. Du erwartest auch ein Kind, oder?“
Ursula war erstaunt. „Woran sieht man das?“
„Nun, du warst etwas sehr blass um die Nase heute früh, und wenn man dich von der Seite betrachtet, so lässt sich da eine kleine Wölbung deines Bauches nicht verleugnen.“
Ursula fuhr sich unwillkürlich mit der Hand über den Bauch.
„Bist du deswegen auf der Straße?“, fragte Ruth sie.
„Ja, der Bauer hat mich weggeschickt.“
„Ist das Kind von ihm?“
„Nein, von dessen Sohn. Der leugnet aber, mit mir gelegen zu haben.“
„Hm.“ Ruth schwieg und überlegte, dann wechselte sie zurück zum Thema Kind.
„Hat es dich schon getreten?“
„Was?“ Ursula verstand nicht.
„Na, dein Kind, hat es sich schon in dir bewegt?“
Ursula war noch immer verblüfft. „Tut es das?“
„Ja, doch, mein Kind. Es ist quicklebendig in dir drinnen und wächst langsam. Irgendwann wird es ihm zu eng, und dann wirst du spüren, wie es sich reckt und streckt.“ Ursula sah Ruth mit großen Augen an, und diese musste über Ursulas Gesicht lachen.
„Was habt ihr da für Freude?“, meldete Lothar sich. „Erzählt mir auch den Spaß, damit ich mitlachen kann.“
„Ach, Mann, du musst nicht alles wissen. Geh, hilf Karl, dass wir
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