Die Kreuzfahrerin
verabschiedete sich nicht weniger herzlich, dann verließen sie den Platz.
Ursula war voller unterschiedlicher Gefühle, die sie verwirrten, und so schwieg sie, bis sie wieder bei Hildes Haus waren. Erst als sie am Tisch sitzend einen Becher Wasser trank, fand sie zu ihrer Sprache zurück. „Hilde, was waren das für Leute, mit der Musik?“, fragte sie ihrer größten Neugierde nachgebend.
„Gaukler, fahrendes Volk. Sie ziehen von Markt zu Markt und unterhalten die Leute mit Musik, Tanz und Kunststücken.“
„Wie geht das mit diesen Klängen? Was waren das für Dinge, in die sie hineinbliesen?“
„Ach Ursula, weißt du denn gar nichts? Das war Musik, und die Dinge, das waren Instrumente, Flöten und eine Sackpfeife.“
„Ich fand das sehr aufregend und hätte mich am liebsten so wie die Frau im Kreis gedreht“, schwärmte Ursula.
„Ja, ja, Musik kann einem in die Glieder fahren und einen betören.“
Hilde räumte geschäftig in einem Regal neben der Feuerstelle herum.
„Wir sollten uns jetzt mal darum kümmern, wo wir dir ein Lager errichten. Du kannst nicht immer auf der Bank schlafen. Am besten wäre es, wenn wir dir hinten einen Platz schaffen“, sagte Hilde und winkte Ursula ihr zu folgen.
Hinter dem Vorhang blieb sie erst einmal stehen, stützte ihre Hände in die Hüften und sah sich überlegend um. „Lass uns die Truhe da rüberschieben, dann haben wir Platz“, sagte sie. Beide schoben den Holzkasten beiseite. Hilde verschwand kurz und kam mit einem groben Sack wieder. „Hier, den kannst du mit Stroh füllen. Geh die Gasse runter, und beim vierten Tor auf unserer Seite klopfst du an. Sag, dass Hilde dich schickt, und frag, ob du etwas Stroh für deinen Sack haben kannst. Ich geh derweil und frag den Nachbarn, ob er ein paar Bretter für uns hat.“
Ursula tat wie ihr geheißen und lief die Gasse hinunter. Sie klopfte an die Tür des Hauses und wartete. Da ihr niemand öffnete, drückte sie behutsam gegen die Türe, und als diese aufging, trat sie hindurch. Erstaunlicherweise stand sie aber nicht wie von ihr vermutet in einem Raum, sondern hinter der Tür tat sich ein kleiner Hof auf. Auf der Fläche stolzierten ein paar Hühner umher. Ursula trat vor und sah sich um. Es gab mehrere Türen hier, und da sie sich nicht entscheiden konnte, rief sie einfach laut: „Hallo? Hallo, ist jemand da?“
Ein Mann steckte seinen Kopf zu einer Tür heraus, die zweigeteilt war und sich oben öffnen ließ, ohne unten den Weg freizugeben.
„Was gibt’s?“, fragte der Mann
„Hilde schickt mich, ich soll dich um etwas Heu oder Stroh für meinen Sack bitten.“
„Ach, hat Hilde eine Neue?“ Der Mann grinste frech. „Na komm, wir werden schon was finden, um dir ein ordentliches Bett zu schaffen.“ Er winkte Ursula heran und öffnete nun auch den unteren Teil der Türe. Hinter ihm befand sich ein niedriger Kuhstall und dahinter eine Scheune. Er ging vor, und in der Scheune drehte er sich zu Ursula um. „Gib mir deinen Sack, wir werden dir ein feines Polster schaffen.“ Wieder grinste der Kerl so unverschämt, und Ursula fragte sich, ob irgend etwas an ihr sei, das ihn belustigte. Als der Sack voll war, reichte der Mann ihn ihr zurück. „Hier, grüß mir Hilde und sag ihr, ich komme bald mal wieder rüber.“ Ursula versprach es auszurichten und lief schnell zurück. Im Haus stand Hilde am Vorhang und sah einem Mann dabei zu, wie dieser aus ein paar Brettern ein Gestell zusammenzimmerte, ähnlich dem, das in der anderen Zimmerecke stand und auf dem Hildes und Adeles Lager lagen. „Das ist Levi“, stellte Hilde ihr den Mann vor. „Er ist unser Nachbar und versteht sich auf das Schreinern. Er wird aber noch eine Weile brauchen. Also komm, wir können derweil etwas essen.“
Im Kessel am Herdfeuer stand eine Suppe. Adele musste sie gekocht haben, während sie auf dem Markt waren. Als Hilde und Ursula sich mit ihren Schalen an den Tisch setzten, kam sie herein und gesellte sich dazu. Ursula konnte nicht anders und fragte beide, wieso sie der Mann, bei dem sie das Stroh geholt hatte, so komisch angegrinst hatte und warum sie ausrichten sollte, dass er bald mal rüberkommen würde. Hilde und Adele schauten sich vielsagend an, und Hilde begann ohne viel Umschweife zu erklären. „Ursula, erinnerst du dich, was ich gestern Abend über dein Schicksal sagte? Die Männer haben immer nur eines im Kopf, sie möchten bei Frauen liegen, weil es ihnen viel Vergnügen bereitet. Gott hat allerdings für
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